Essen. Ein Jahr nach Ausbildungsende ist Joel Knörig selbst Ausbilder bei Iqony. Warum er und sein Mentor Benjamin Kompa auf das Duale Studium schwören.

Studium oder Ausbildung? Die Frage treibt nicht nur Schulabgänger und deren Eltern um. Das Handwerk wirbt offensiv um Lehrlinge und fährt dafür eine Kampagne. Für den Essener Joel Knörig stellte sich die Frage erst gar nicht. Er absolvierte bei der Steag ein Duales Studium. Ein Jahr nach Abschluss seiner Ausbildung bildet der 25-Jährige jetzt selbst Azubis aus.

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„Ich wollte unbedingt ein Duales Studium, auch wenn die Belastung doppelt so groß ist. Dass es keine Studenten-Partys gab, habe ich in Kauf genommen“, sagt Knörig. Er wusste, was auf ihn zukommt: Tagsüber im Betrieb arbeiten, abends und am Wochenende studieren. Der gebürtige Hammer und Wahl-Essener hatte aber schon als Schüler klare Vorstellungen: „Ein reines Studium finde ich zu theoretisch. Ich wollte mich auch von meinen Eltern unabhängig machen und schon während des Studiums Geld verdienen“, erzählt Knörig.

Morgens arbeiten, abends studieren

Nach dem Abitur machte er sich auf die Suche und wurde in Essen fündig. „Für die Steag habe ich mich unter anderem entschieden, weil sie die Kosten für das Studium und ein Auslandspraktikum voll übernimmt. Das ist nicht bei allen Unternehmen so. Die Steag war für mich deshalb ein Glückstreffer“, sagt der 25-Jährige und wählte den Studiengang Internationales Management an der Essener Hochschule FOM. Mit mehr als 50.000 Studierenden und über 2000 Lehrenden gehört sie zu den größten privaten Einrichtungen ihrer Art in Europa, die mit großen Revierkonzernen wie Thyssenkrupp, Siemens, Hochtief, RWE, Brenntag, BP, Duisburger Hafen AG, Signal Iduna, Remondis, Brabus, Funke Medien NRW oder Aldi zusammenarbeitet.

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Die Studiengebühren betragen im Schnitt 350 Euro pro Monat. Mit der Verleihung des Bachelors sind dann am Ende rund 14.000 Euro angefallen, die Arbeitgeber zum Teil oder wie im Fall der Steag voll übernehmen. Bei dem Essener Versorger absolvierte Knörig parallel eine Ausbildung zum Industriekaufmann und musste obendrein auch noch die Berufsschule besuchen. Ein gewaltiges Pensum. „Man wächst von der Persönlichkeit her. Studium und Ausbildung zur gleichen Zeit kann man einfach nicht auf die leichte Schulter nehmen“, meint Knörig.

Unternehmen tragen Studiengebühren ganz oder teilweise

Die jahrelange Doppelbelastung hat er aber nicht bereut, weil sie von Erfolg gekrönt wurde. Mit dem Berufsabschluss und dem Bachelor in der Tasche übernahm ihn der Energieversorger. „Bis vor einem Jahr war ich selbst noch Azubi. Jetzt bin ich der kaufmännische Ausbilder bei Iqony und verantwortlich für 17 Azubis“, berichtet Knörig stolz. In dem neuen Unternehmen Iqony hat die Steag ihre Aktivitäten rund um erneuerbare Energien ausgegliedert.

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Dass er vor einem Jahr selbst noch Auszubildender war, sieht er durchaus als Vorteil an. „Bei der Bewerbung auf die Stelle als Ausbilder konnte ich mit der Einstellung überzeugen, dass ich Bock auf die Tätigkeit habe. Ich spreche die Sprache der Azubis und kann ihre Bedürfnisse verstehen“, sagt Knörig selbstbewusst, räumt aber auch ein, dass ihm der rasante Karrieresprung Respekt abverlange.

Mentoren des Inititiativkreis Ruhr helfen bei der Berufswahl

Auch deshalb hat sich der Essener beim Mentorenprogramm des Initiativkreis Ruhr beworben und prompt den Zuschlag erhalten. Für die nächste Runde im kommenden Jahr können sich Interessierte bereits jetzt unter www.junger-ir.de/mentoring melden. Seit einigen Wochen hat ihm das Wirtschaftsbündnis einen Mentor zur Seite gestellt, der aus eigener Anschauung weiß, was seinen Mentee bewegt. Auch Benjamin Kompa hat den Weg des Dualen Studiums gewählt: Seine Ausbildung beim Essener Chemiekonzern Evonik lief parallel zum Studium bei der FOM. „Das Duale Studium bietet die Chance, gleich Einblicke ins Unternehmen zu haben und mitarbeiten zu können“, sagt Kompa. Für ihn hat sich die Strategie ausgezahlt. Der 35-Jährige treibt inzwischen die digitale Transformation im Geschäftsfeld Coating voran, das chemische Bestandteile für die Farb- und Lackindustrie herstellt.

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Kompa ist internationale Erfahrung wichtig, die das Unternehmen ihm ermögliche. „Für Evonik war ich in Shanghai und in den USA, bin aber jeweils immer wieder nach Essen zurückgekehrt“, erzählt der junge Manager. „Im Ruhrgebiet fühlt man sich danach alles andere als gelangweilt. Dieses Gefühl wollen wir auch unseren Mentees mitgeben und die Talente an die Region binden.“

Auslandserfahrung spielt eine große Rolle

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Auslandserfahrung spielt auch für Joel Knörig eine große Rolle. Für die Steag hatte er eine Weile in Kolumbien gearbeitet, wo der Konzern seinerzeit einen Kraftwerksstandort hatte. „Wenn man plötzlich Verantwortung für Mitarbeitende hat, ist es sehr wertvoll, auf den Rat eines Mentors zurückgreifen zu können“, berichtet Knörig. Im Initiativkreis Ruhr wird man mit Erleichterung zur Kenntnis nehmen, dass der Ausbilder mit Karriereaussichten nicht die Absicht hat, das Ruhrgebiet zu verlassen. Die Talente an die Region zu binden, ist ein zentrales Anliegen des Wirtschaftsbündnisses. Diesen Satz von Joel Knörig hört man im Revier folglich gern: „Die erste große Liebe vergisst man nicht. Mit dem ersten Unternehmen fühlst du dich besonders verbunden.“