Berlin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die deutsche Auto-Industrie erneuern. Für E-Autos hat er dabei einen speziellen Plan.
Die deutsche Autoindustrie steckt in der Krise. Volkswagen, Mercedes & Co. hangeln sich von einer Gewinnwarnung zur nächsten, bei Deutschlands größtem Autobauer VW stehen Zehntausende Stellen auf dem Spiel. Ein Grund: Im vor allem in China rasant wachsenden Markt für E-Autos spielen die Deutschen nur eine untergeordnete Rolle. Das soll sich ändern, geht es nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der nun ein umfangreiches Paket zur Erneuerung der deutschen Automobilindustrie erarbeitet hat.
In dem Papier, das dieser Redaktion exklusiv vorliegt, regt Habecks Haus unter anderem an, Elektroautobesitzer künftig beim Laden ihrer Fahrzeuge – zumindest für einen gewissen Zeitraum – finanziell zu unterstützen. „Wir wollen als Anreiz zum Kauf von E-Autos (Neuwagen und Gebrauchte) ein Ladestromguthaben von 1000 Euro (für das Laden an öffentlich zugänglichen Ladesäulen) staatlich finanzieren“, heißt es in dem dreiseitigen Konzept aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Habeck will Kaufprämie und Hilfe bei Leasing-Kosten für kleine Einkommen
Darüber hinaus plädiert das Ministerium in dem Papier auch für die Wieder-Einführung einer Kaufprämie. „Für Käufer eines Elektrofahrzeugs mit niedrigen und mittleren Einkommen wollen wir eine steuerliche Förderung einführen“, so das BMWK. Ein bestimmter Anteil der Anschaffungskosten solle so wie bei der Förderung der energetischen Gebäudesanierung von der Steuer abgesetzt werden können. Wegen der Haushaltskrise war der Umweltbonus für E-Pkw Ende 2023 vorzeitig eingestellt worden.
Für Menschen mit niedrigen Einkommen hält das Habeck-Ministerium mit Blick auf E-Autos auch „alternative Modelle wie ein Social Leasing-Modell“ für denkbar. Ein Angebot, das es zum Beispiel in Frankreich schon gibt. Dort unterstützt der Staat Haushalte bei den Leasingraten für E-Autos mit bis zu 13.000 Euro pro geleastem Elektrofahrzeug. Die Bedingungen: Das Einkommen muss unter 15.400 Euro pro Jahr liegen und Berechtigte müssen mindestens 15 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt leben oder 8000 Kilometer im Jahr fahren.
E-Autos vom Gebrauchtmarkt: Batteriechecks sollen mit 100 Euro gefördert werden
Neben dem Neukauf von E-Autos nimmt das Papier auch den Gebrauchtwagenmarkt in den Blick: „Um den Gebrauchtwagenmarkt anzukurbeln, wollen wir professionelle Batteriechecks mit 100 Euro bezuschussen“, formuliert das Ministerium. Insbesondere für „preissensitive Kunden“ würden gebrauchte Fahrzeuge den Einstieg in die Elektromobilität erleichtern. Der potenzielle Käufer wiederum erhielte erhält durch einen professionellen Batteriecheck „Gewissheit über den Zustand der gebrauchten Fahrzeugbatterie und damit über den Restwert des Fahrzeugs“.
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In Deutschland haben Elektrofahrzeuge schon seit einiger Zeit mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen. Im vergangenen Monat ging der Absatz von Stromern in der Bundesrepublik erneut deutlich zurück. Knapp 35.200 Batterie-Pkw kamen im November laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) neu auf die Straße und damit fast 22 Prozent weniger als noch im November des Vorjahres. Ihr Anteil an allen Neuzulassungen betrug etwa 14 Prozent. Branchenbeobachter rechnen allerdings mit einer Trendwende bei E-Fahrzeugen im kommenden Jahr. Der Unternehmensberatung EY zufolge stünden Hersteller unter Druck, weil die neuen Emissionsvorgaben nur mit einem hohen Anteil an Elektroautos in der Neuwagenflotte zu erreichen seien. Eine Folge sei, dass Preise bereits sinken.
Habeck zu Hochlauf der E-Mobilität: Ladeinfrastruktur ausbauen, Stromkosten senken
In dem Papier schlägt das BMWK auch vor, Strafzahlungen aus Verstößen gegen die Flottengrenzwerte zu flexibilisieren und „die Möglichkeit zu schaffen, Strafzahlungen aus dem Jahr 2025 durch eine Übererfüllung der Vorgaben für 2026 und 2027 zu vermeiden“. Um die Standortschwäche in Deutschland auch mit Blick auf die Unternehmen überwinden zu können, nennt das Ministerium als wesentliche Elemente „eine Investitionsprämie, die Absenkung der Stromsteuer, sowie die Halbierung der Netzentgelte, sowie weitere Anstrengungen zum Bürokratieabbau“. Entsprechendes hatte Habeck bereits vorgeschlagen, unter anderem warb er für einen sogenannten „Deutschlandfonds“.
Für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland müsse zudem der Ausbau des Ladenetzes beschleunigt werden. Nötig sei aber „mehr Wettbewerb durch ein erhöhtes Angebot und bessere Preistransparenz“, so das BMWK. Dynamische Stromtarife würden ab dem kommenden Jahr das Laden von E-Autos dann ermöglichen, wenn der Strom günstig sei. Der nächste Schritt sei dann das sogenannte bidirektionale Laden. Autos sollen, wenn sie den Strom gerade nicht benötigen, ihn auch gewinnbringend ins Netz einspeisen können. Habeck will sich laut Papier darüber hinaus dafür einsetzen, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestniveau zu senken und die Netzentgelte durch öffentliche Teilfinanzierung zu halbieren.
Ob und wann die Ideen umgesetzt werden, ist unklar. Die Ampel-Koalition hat sei dem Platzen des Bündnisses keine Mehrheit mehr. Die aktuelle Bundesregierung bleibt bis zur Bildung einer neuen Koalition nur noch geschäftsführend im Amt.