Essen. Ambartec will kleine und mittlere Firmen mit Wasserstoff in Eisen-Pellets beliefern. Statt-Pipeline-Anschluss reicht Container auf dem Hof.

Um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid zu drosseln, soll Gas und Kohle durch Wasserstoff ersetzt werden. Doch viele kleine und mittlere Unternehmen werden keinen Anschluss an Pipelines haben. Das Start-up Ambartec hat nun eine Lösung gefunden, wie Mittelständler dennoch mit dem gefragten Wasserstoff versorgt werden können.

„Wasserstoff wird die Welt verändern. Es ist das Erdöl der Zukunft“, sagt Matthias Rudloff. Der gelernte Kraftwerksplaner und sein Partner Uwe Pahl haben ein Verfahren entwickelt, das Wasserstoff unabhängig von großen Infrastrukturen bis auf den Hof der Unternehmen bringt. „Die entscheidende Frage ist nicht, wie Wasserstoff produziert wird, sondern wie er an jeden beliebigen Ort transportiert werden kann“, meint der Ingenieur. „Pipelines und Ammoniak-Schiffe sind mit extrem hohen Investitionen verbunden und sie sind auch nicht ganz ungefährlich“, gibt Rudloff zu bedenken.

Ambartec liefert Pellets in Containern aus

Das Start-up Ambartec hat nach langen Forschungen Eisen-Nuggets als ideales Speichermedium von Wasserstoff identifiziert. Zu Tausenden werden sie in handelsüblichen 20-Fuß-Container per Lkw zu den Firmen gebracht. Der Clou beruht auf chemischen und physikalischen Gesetzen: Bei der „Speicherbeladung“ der kleinen Steine reduziert der zugesetzte Wasserstoff das Eisenoxid zu Eisen. „Einfach gesagt übertragen wir Energie an Eisen“, erklärt Rudloff das Prinzip.

Um den Wasserstoff vor Ort auf dem Gelände der Mittelständler zu nutzen, führt man den Eisen-Nuggets Wasserdampf zu, der dann mit dem Eisen reagiert. Dadurch entstehen immer wieder Eisenoxid und Wasserstoff. Der Vorgang lässt sich Angaben des Ambartec-Chefs „mindestens 5000 Mal“ wiederholen. „Das reicht bei täglicher Nutzung für etwa 15 Jahre“, meint Rudloff. „Und Eisen-Pellets sind in unendlicher Zahl vorhanden“, sagt er. Es gebe keine Beschränkungen.

Die Ambartec-Testanlage steht am Deutschen Brennstoffinstitut im sächsischen Freiberg. 
Die Ambartec-Testanlage steht am Deutschen Brennstoffinstitut im sächsischen Freiberg. 


Während sich in Industrie und Politik inzwischen Ernüchterung breit macht, weil niemand so genau weiß, wie die erforderlichen gewaltigen Mengen nachhaltig erzeugten grünen Wasserstoffs und zu welchem Preis nach Deutschland kommen sollen, verbreitet der Ambartec-Chef Aufbruchstimmung: „Unsere Eisen-Nuggets können deshalb ein Booster für die Wasserstoffwirtschaft sein.“ Zumal Rudloff auch deutliche Kostenvorteile sieht. „Die Speicherung von Wasserstoff in Eisen-Nuggets ist mindestens 35 Prozent günstiger als der regionale Transport in Druckgassystemen und 25 Prozent günstiger als interkontinentale Transporte mit Ammoniak“, rechnet er vor.

Der Transport von Wasserstoff in Form von Ammoniak, der vor Ort wieder in Wasserstoff umgewandelt wird, gilt als Alternative zu Pipelines, die noch in der Planung sind und womöglich lange auf sich warten lassen. Wasserstoff lässt sich zudem dezentral in Elektrolyseuren produzieren. Aber auch hier stockt der Bau entsprechender Anlagen.

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Aktuell befindet sich Ambartec mit seiner Eisen-Pellet-Technologie noch im Stadium der Erprobung. Anfang des kommenden Jahres soll das reguläre Geschäft starten – auch mit Kunden in NRW. „Wir arbeiten bereits mit einigen Branchen zusammen – die Palette ist breit und der Bedarf überall hoch“, erklärt Rudloff. Das Start-up kooperiere etwa mit einer Waffelbäckerei oder einer Papierfabrik, die ihre Prozesswärme auf Wasserstoff umstellen wollen. „Die ersten Container wollen wir im kommenden Jahr – also sehr schnell – ausliefern. Für 2027 sieht unsere Planung bereits mehrere Hundert Container vor“, kündigt der Mitgründer an. Die Nachfrage im Mittelstand sei groß.

Eisen-Pellet-Technologie gab es schon in der DDR

Die Wasserstoff-Speicherung in Eisen-Medien, die die Energiewende beschleunigen soll, ist übrigens eine gar nicht so neue Technologie. „Die Grundidee für unsere Eisen-Nuggets hat im Prinzip schon vor Jahrzehnten das Deutsche Brennstoffinstitut im sächsischen Freiberg entwickelt“, klärt Rudloff auf. „Weil das Erdgas der DDR nicht richtig brannte, hat man es in Wasserstoff umgewandelt. Dieses Know-how war lange verschüttet.“

Embartec hat das Wissen wieder hervorgekramt und für die Neuzeit aufbereitet. Am Institut in Freiberg steht auch die Versuchsanlage für die Eisen-Nuggets. Bei der Erprobung soll es nach dem festen Willen der Gründer nicht bleiben.

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