Berlin. Welcher Präsident wäre besser für die deutschen Exportunternehmen? Experten haben eine Tendenz. „America first“ bleibt trotzdem.
Egal, ob Kamala Harris oder Donald Trump bald im Oval Office Platz nehmen – Deutschlands Interesse an guten wirtschaftlichen Beziehungen könnte kaum größer sein. Im vergangenen Jahr wurden Güter im Wert von 157,9 Milliarden Euro aus Deutschland in die USA exportiert. Das waren 9,9 Prozent aller deutschen Exporte. Nie zuvor innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte waren die USA wichtiger für hiesige Unternehmen.
Ob das so weiter gehen kann, ist fraglich. Denn sowohl Harris als auch Trump stehen für eine „auf das Inland gerichtete Wirtschaftspolitik“, sagt der Leiter der Auslandshandelskammer (AHK) in Washington D.C., Christoph Schemionek, dieser Redaktion. „Das Thema ‚America first‘ wird erstmal bleiben, egal, wer ins Weiße Haus einzieht.“
Schlechter Deal für die USA? Welche Zahl der deutschen Wirtschaft Sorgen macht
Problematisch könnte dabei aus deutscher Sicht vor allem die Handelsbilanz sein. 2023 stieg der sogenannte Exportüberschuss auf den Rekordwert von 63,3 Milliarden Euro an. Donald Trump sieht darin einen schlechten Deal für die USA. In der Vergangenheit hatte er mehrfach stets betont, dass sich die Bundesrepublik aus seiner Sicht auf Kosten seines Landes bereichere.
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Trump hat schon angekündigt, Zölle auf viele Importwaren einführen zu wollen. Er hofft, dass dann Unternehmen notgedrungen damit anfangen, Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten aufzubauen. Ökonomen bezweifeln aber, dass diese Rechnung aufgeht, befürchten stattdessen höhere Kosten für US-Endverbraucher. Aber auch die Demokraten unter Joe Biden haben mit Steuererleichterungen und Anforderungen an lokale Wertschöpfungsketten (Local-Content) versucht, die heimische Wirtschaft zu stärken.
US-Wahl: Mit Harris hätte die deutsche Wirtschaft wohl weniger Probleme
In Deutschland jedenfalls rechnet man damit, dass es mit Blick auf die protektionistische Handelspolitik weniger schlimm wird unter einer möglichen Präsidentin Harris. „Die Demokratin Harris würde für Kontinuität im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Außenpolitik stehen. Das wäre in der aktuellen Zeit, in der Deutschland mit vielen unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen hat, die einfachere Lösung“, sagt Max Steinhardt, Wirtschaftsprofessor vom John F. Kennedy Institut der Freien Universität Berlin.
Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kam zu dem Schluss, dass Harris vorteilhafter wäre für das deutsche Wirtschaftswachstum. Ein womöglicher noch stärker protektionistisch agierender Präsident Trump hingegen und ein vielleicht dann teurerer US-Dollar könnten die Handelsbeziehungen zu Deutschland hingegen belasten, antworteten die befragten Finanzmarktexperten. Auch innerhalb der deutschen Industrie würden die Sorgenfalten bei einer erneuten Amtszeit für den Republikaner wohl zunehmen.
Ein neuer Präsident Trump bedroht auch wirtschaftliche Stabilität Deutschlands
Befürchtet wird vor allem eine mögliche „Spirale der Eskalation an handelspolitischen Gegenmaßnahmen“. Sprich: Auf US-Zölle folgen europäische Antworten in ähnlichem Rahmen. Am Ende produziere so ein Weg „nur Verlierer“, heißt es aus Industriekreisen.
Auch sicherheitspolitisch wird Trump als Risiko angesehen. Nicht nur die Verteidigungsfähigkeit der Nato stünde auf dem Spiel, sondern auch die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland. Wackelt beides, dürfte auch die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands wanken.
„Beide US-Präsidentschaftskandidaten gelten nicht als Freunde eines für unsere Wirtschaft so wichtigen Freihandels.“
Harris oder Trump? In der Frage, wer besser wäre für die deutsche Wirtschaft, klingt die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) jedenfalls mit Blick auf beide Optionen nicht sonderlich euphorisch. „Beide US-Präsidentschaftskandidaten gelten nicht als Freunde eines für unsere Wirtschaft so wichtigen Freihandels und der Welthandelsorganisation“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier dieser Redaktion. Mit Harris aber ließe sich wohl noch ein „vorab gestellter Diskurs zwischen den betroffenen Partnerländern vermuten“.
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