Berlin. Die Dominanz der US-Wirtschaft reicht weit über Amazon oder Google hinaus. Deutschland darf den Anschluss nicht verlieren – selbst beim Auto.
Der künftige US-Präsident Donald Trump will die Wirtschaft seines Landes ankurbeln. Eine Option dafür: Zölle auf Importe, was wiederum deutsche Unternehmen empfindlich treffen würde. Dabei sind die USA im Wettbewerb der Volkswirtschaften ohnehin längst einteilt. Weltumspannende Konzerne wie Amazon oder Apple eilen von einer Gewinnsteigerung zur nächsten. Das dürfte sich auch unter erneuter Führung durch Trump kaum ändern. Doch nicht nur bei den Tech-Giganten ist Amerika der Bundesrepublik voraus.
US-Wirtschaft hängt Deutschland ab: Technologiesektor
Spricht man von den „Magnificient 7“, also den großartigen Sieben, sind Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft gemeint. Wer heute in oder mit dem Internet Geld verdient, kann das kaum ohne die Services und Produkte amerikanischer Tech-Riesen tun. Warum Amazon & Co. gerade in Amerika so groß geworden sind? „In den USA konnten Tech-Giganten entstehen, weil dort ein einzigartiges Ökosystem aus Risikobereitschaft, Kapitalzugang und einer Kultur des Experimentierens besteht“, sagt Verena Pausder, die Vorsitzende des Bundesverbands deutscher Start-ups unserer Redaktion.
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Experte Max Steinhardt vom John F. Kennedy Institut der Freien Universität Berlin, sieht noch weitere Gründe. Er verweist auch auf weniger Regulierungen zum Beispiel mit Blick auf den Datenschutz – und den vergleichsweise großen Binnenmarkt. „Für Akteure, die in den USA wirtschaftlich aktiv werden möchten, eröffnet sich ein Markt mit über 300 Millionen potenziellen Konsumenten. Diese Marktgröße ermöglicht Wachstumsperspektiven und Skaleneffekte, die in den fragmentierten Märkten der einzelnen europäischen Staaten kaum realisierbar sind“, erklärt Steinhardt.
Amerikas Tech-Herz schlägt mittlerweile im kalifornischen Silicon Valley, wo die Big Player hoffnungsvolle Start-ups anziehen. Das beflügelt beide Seiten auch mit Blick auf Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Computing, in denen die USA ebenfalls als führend gelten.
Biotechnologie
Eli Lilly, AbbVie, Merck & Co., Johnson & Johnson oder Pfizer – auch der US-Biotech-Sektor gilt als weltweit führend. Amerika-Kenner Steinhardt sieht Gründe dafür in der starken US-Hochschullandschaft und, dass an den Universitäten viel Wert auf Ausgründungen gelegt wird. Die vielversprechendsten Forschungsergebnisse werden also zeitnah in die Praxis überführt. Privatwirtschaftliche Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind in den USA – nicht nur in Bezug auf Biotechnologie – hoch. „Die Top-500 Unternehmen in den Vereinigten Staaten investieren mehr als das Vierfache in neue Innovationen als die führenden Unternehmen in Deutschland“, sagt der US-Experte Florian Dorn vom Münchner ifo-Institut unserer Redaktion.
Finanzwirtschaft
Die Wall Street in New York gilt als bekanntester Finanzplatz der Welt. JPMorgan Chase ist die größte Bank in den Vereinigten Staaten und die größte Bank der Welt nach Marktkapitalisierung. Das hat Gründe in dem US-Markt an sich, der im Vergleich zu einzelnen Ländern Europa sehr viel größer ist. Hinzu kommt, dass die amerikanischen Geldhäuser sich früher als europäische Banken erfolgreich internationalisiert haben, wozu auch Englisch als Weltsprache beigetragen habe, sagt Experte Steinhardt.
Und auch beim großen Thema Digitalisierung ist die US-Finanzwirtschaft ganz vorne mit dabei und profitiert von dem Vorsprung der eigenen Digitalszene. Tech-Konzerne wie Apple oder Google haben längst eigene Zahlungsdienstleister entwickelt. Auch der in Deutschland am häufigsten genutzte Bezahldienst PayPal ist eine Erfindung des Silicon Valley. Anders als in den USA setzt man hierzulande beim Bezahlen aber ohnehin noch stärker auf das Bargeld.
Entertainment
Hollywood dominiert die internationale Filmindustrie. Amerika-Kenner Steinhardt erklärt den deutschen Rückstand auch mit dem Bruch während der Nazi-Zeit, in der ein großer Teil der kulturellen und intellektuellen Elite Deutschland gezwungen wurde, Deutschland zu verlassen – sie zog es zum Teil in die USA. Im Filmbereich waren die USA aber auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg führend. Dass US-Filme ist Ausland nicht synchronisiert werden müssen, sei bei der weltweiten Verbreitung ein Vorteil, so der Experte.
Die Big Five der klassischen Hollywood-Ära, Paramount, Metro-Goldwyn-Mayer, Warner Brothers, RKO und 20th Century Fox, ist es zum Teil auch gelungen, ihr Geschäft zu digitalisieren. Streamingdienste wie Netflix, Disney Plus oder Amazon Prime Video produzieren mittlerweile eigene Filme und Serien. Historisch gewachsen – und stark in Technologie und Digitalisierung. Das ist auch im Entertainmentbereich das US-amerikanische Erfolgsrezept.
Lebensmittel und Gastronomie
Konzepte wie McDonald‘s, Burger King oder Subway, Getränkemarken wie Coca-Cola oder Pepsi – US-amerikanische Unternehmen und Marken gibt es auf der ganzen Welt. Enteilt seien die Konzerne zwar nicht, aber sehr dominant, sagt Experte Steinhardt. Eine Erklärung für die Dominanz liefert auch Christoph Schemionek, Chef der Auslandshandelskammer (AHK) in Washington, der auch auf die Konsumfreude der Amerikaner verweist. Private Ausgaben machen etwa 68 Prozent der US-Wirtschaftsleistung aus. US-amerikanischen Haushalten steht dafür durchschnittlich mehr Geld zur Verfügung als deutschen.
Raumfahrt
Der erste Mann auf dem Mond war ein Amerikaner. Mittlerweile setzt selbst die US-Raumfahrtbehörde Nasa auf die Privatwirtschaft. Elon Musks Firma SpaceX könnte die Raumfahrt nachhaltig verändern. Erste Flüge mit wiederverwendbaren Raketenkomponenten verliefen jedenfalls vielversprechend. Auch Weltraumtouristen werden von SpaceX seit 2021 ins All geschossen.
Und wo nicht?
Historisch zwar stark, aber bei neuen Technologien nicht ganz vorbei mit dabei: So könnte man den derzeitigen Status der deutschen Autoindustrie zusammenfassen. Der Rückstand bei Volkswagen, Mercedes & Co. bei der Elektromobilität, aber auch der Software im Auto und in Teilen auch beim autonomen Fahren ist offensichtlich.
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„Deutschlands Wirtschaft war bisher in der Automobilwirtschaft, im Maschinenbau und weiteren klassischen Industriebereichen stark aufgestellt, insbesondere auch dank zahlreicher Hidden Champions im Mittelstand“, sagt ifo-Ökonom Florian Dorn. Nun aber schwinde die Führungspostion im Auto – auch wegen der zunehmenden Bedeutung von Software- und Kommunikationstechnologien. Insgesamt habe Deutschland Dorn zufolge zuletzt im Gegensatz zu den USA als Wirtschaftsstandort weltweit an Attraktivität für Investitionen verloren. Hinzu kommen jetzt auch neue Unsicherheiten durch Trump, der angekündigt hat, als Präsident hohe Zölle auf Importe einführen zu wollen. Für exportorientierte deutsche Unternehmen sind das schlechte Aussichten.
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