Hamburg. Der Airbus Beluga ist ein Hingucker: Die Spezialfertigung ähnelt einem Wal. Warum sie für Airbus so wichtig ist. Blick hinter die Kulissen.
Der große Hangar auf dem Werksgelände von Airbus hat den Kopf des „fliegenden Wals“ verschluckt. Das macht das Beladen der Beluga bei Wind und Regen möglich. Von den Tragflächen bis zum Heck steht das Transportflugzeug im Freien.
In der Halle stehen vier Männer auf einer Arbeitsbühne. Einer von ihnen steuert das Bedienpult. Ein orangefarbenes Warnlicht blinkt. Mit einem pfeifend-schleifenden Geräusch schiebt sich die mächtige Rumpfsektion des Großraumjets A350 langsam in den Flugzeugbauch der Beluga, die für die Flugzeugproduktion so wichtig im Konzern ist.
Beluga: Warum der fliegende Wal für Airbus so wichtig ist
Stefan Karsunke beobachtet die Beladung. „Wir fertigen ungefähr vier Beluga-Flugzeuge pro Tag ab, an sechs Tagen pro Woche“, sagt der Leiter des Bereiches Linestation bei Airbus in Hamburg. Sonntags ist arbeitsfrei. Zu einer Verladung zählt dabei sowohl die Ent- als auch die Beladung. An Spitzentagen landen und starten auch mal sieben Belugas auf dem Werksgelände.
Kurz zuvor hatte die Beluga mit einem Cockpit für den Verkaufsschlager A321neo aus Saint-Nazaire auf Finkenwerder aufgesetzt. An der Elbe wird der Abschnitt zum Bau des fertigen Flugzeugs in den Endmontagelinien genutzt.
Die Flugzeugproduktion bei Airbus ist eine paneuropäische Aufgabe
Nun steht der Rückflug in die westfranzösische Stadt an. In Hamburg wurde die A350-Sektion mit Leitungen für Hydraulik und Kraftstoff sowie Kabeln ausgerüstet. „In Montoir-de-Bretagne wird das Bauteil mit einem weiteren zusammengeführt, um dann in die Endmontagelinie nach Toulouse zu gehen“, sagt Karsunke.
Die Flugzeugproduktion bei Airbus ist eine paneuropäische Aufgabe. In Hamburg gibt es vier Endmontagelinien für das A320-Programm. Der mittlere und der hintere Rumpfabschnitt kommen aus der Hansestadt, das Cockpit und das vordere Rumpfsegment aus Saint-Nazaire, die Triebwerksaufhängung aus Toulouse, die Center Wing Box aus Nantes (alle Frankreich), das Höhenleitwerk aus Getafe (Spanien), das Seitenleitwerk aus Stade und die Flügel aus Broughton (Wales), ausgerüstet werden sie in Bremen.
Airbus-Streckennetz umfasst elf Airports – aber Hamburg ist einzigartig
„Wir fliegen vorrangig Broughton, Toulouse und Montoir-de-Bretagne sowie Getafe an – das sind die Stationen, mit denen wir tagtäglich in Verbindung sind“, sagt Karsunke. Insgesamt tauchen elf Flughäfen im konzerneigenen Streckennetz auf.
„Hamburg ist einzigartig als Airbus-Standort, weil wir sowohl Großbauteile fertigen als auch Großbauteile brauchen für die Endmontagelinie, in der wir aus den Großbauteilen ein komplettes Flugzeug bauen“, sagt Karsunke. Daher bekomme man einerseits viele Bauteile für die A320-Familie aus anderen Werken, fliege andererseits aber auch viele Teile nach Toulouse, wo A350 und A330 zusammengeschraubt werden.
Airbus erneuerte die Beluga-Flotte nach und nach
Damit die Großbauteile von A nach B kommen, ist vor allem die Beluga-Flotte gefragt. Die A350-Rumpfsektion wird beim Besuch unserer Redaktion gerade in eine Beluga ST geschoben. Es ist der ältere Typ der Transportflugzeuge. 2014 fasste der Flugzeugbauer den Entschluss, neue Maschinen auf der Basis des A330 zu bauen – die Beluga XL.
Mittlerweile sind alle sechs Beluga XL in der Luft. Mit 63,10 Meter Länge misst die Beluga XL sieben Meter mehr als die ST-Version, die künftig für spezielle Frachtaufträge genutzt werden soll. Bei der Spannweite hat sie mit 60,30 Metern sogar gut 15 Meter draufgepackt.
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Die neue Beluga XL ist größer als die Beluga ST
Anders ausgedrückt: Wenn der Superfrachter auf einem Fußballfeld in einem Bundesligastadion stehen würde, dann wäre die eine Hälfte mit ihm ausgefüllt und würde mit 18,90 Metern so hoch ragen wie etwa ein sechsstöckiges Haus. Maximal 53 Tonnen können zugeladen werden, bis zu 4000 Kilometer kann die Beluga XL an einem Stück mit dem Gewicht zurücklegen.
Für den Flugzeugbauer entscheidend ist aber der Rumpfdurchmesser. Mit 8,80 Metern ist die Maschine exakt 109 Zentimeter breiter als der Vorgänger. Das Transportvolumen im Frachtraum steigt damit um rund 30 Prozent.
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Die Piloten der Beluga sitzen unterhalb des Frachtraums
„Wir müssen weniger fliegen, um mehr mitzubekommen“, sagt Karsunke. Während in die ST nur eine der in Stade gefertigten Flügeloberschalen für den A350 hineinpassen, kann in der XL-Variante ein Paar davon untergebracht werden. Die Zahl der mitnehmbaren Höhenleitwerke für die A320-Familie erhöht sich nach früheren Angaben von zwei auf sechs pro Flug.
Bei beiden Beluga-Varianten sitzen die Piloten unterhalb des Frachtraumes. Das Cockpit wurde ein Stück heruntergesetzt, damit das Flugzeug von vorn beladen werden kann. Um die Cockpitfenster sorgt eine nach hinten-oben geschwungene schwarze Linie sowie jeweils ein Auge auf jeder Rumpfseite für den Eindruck eines lächelnden Wals.
Für Airbus ist auch der eigene Hafen sehr bedeutend
Aber nicht nur der Luftweg gehört zum Aufgabenbereich des 18-köpfigen Linestation-Teams. „Viel passiert auch über den Transportweg Elbe“, sagt Karsunke. Airbus verfügt über einen eigenen Hafen. In der Regel zwei- bis dreimal pro Woche legt dort die „Kugelbake“ an, um Rumpfschalen aus Nordenham zu bringen.
Zudem wird einmal wöchentlich eine Lieferung für Asien fertig gemacht. Mitarbeiter des Hamburger Werks packen die Bausätze der A320-Flugzeuge, die in der Endmontagelinie im chinesischen Tianjin hergestellt werden. Zunächst geht es von Finkenwerder zum Containerterminal Tollerort. Im Anschluss mit einem Liniencontainerschiff nach Tianjin.
Rund 70 Minuten lang bleiben die Belugas am Boden
Die Bausätze für das US-Werk in Mobile (Alabama) werden seit rund zwei Jahren nicht mehr an der Elbe, sondern nahe der Loire gepackt und auf die Reise über den Atlantik geschickt. Dafür genutzt werden Schiffe, mit denen früher Teile für den A380 transportiert wurden. Die Teile „made in Hamburg“ werden dafür zuvor mit der Beluga nach Saint-Nazaire geflogen.
Die französische Stadt an der Atlantikküste ist an diesem Tag auch das Ziel der Beluga ST. Im Schnitt stehen die weißen, lächelnden Wale rund 70 Minuten am Boden. Dann entschwindet die ST mit der A350-Rumpfsektion an Bord am Himmel über dem Alten Land.
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