Essen. Laut Verivox berechnen erste Anbieter in NRW weniger fürs Gas. Kunden achten weniger auf ihren Verbrauch - das hat einen Grund.

Mit der Sparsamkeit ist es offenbar vorbei: Anders als im Krisenwinter vor zwei Jahren drehen die Menschen ihre Heizungen wieder stärker auf. Das geht aus Daten des Essener Unternehmens Ista hervor, das in mehr als 14 Millionen Wohnungen und Gewerbeimmobilien in 21 Ländern den Gasverbrauch misst. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage, die dieser Redaktion vorab vorlag, nimmt sich nur noch etwa ein Drittel der Menschen in NRW vor, sparsamer zu heizen als im letzten Winter. Bundesweit sind es sogar etwas weniger. Zum Vergleich: Vor einem Jahr hatten zwei Drittel der Menschen die Absicht, das Thermostat herunterzudrehen.

Ista-Chef Hagen Lessing erinnert daran, dass die Energiepreisbremsen nicht mehr wirkten, und rät zur Vorsicht: „In der Regel liegen die Preise weiterhin deutlich über dem Niveau vor der Energiepreiskrise“, so Lessing. „Umso wichtiger ist es, weiter den eigenen Verbrauch im Blick zu behalten.“ Bislang hat Ista nach eigenen Angaben rund 800.000 Heizkostenabrechnungen für 2023 abgewickelt. Schon jetzt lägen die Heizkosten auf hohem Niveau. 2024 könnte es noch einmal teurer werden, mahnen die Fachleute des Immobiliendienstleisters.

Zum Jahreswechsel wird Prognosen zufolge mit einem Preisanstieg wegen höher Gasnetzgebühren gerechnet. Die Entgelte werden von Fernleitungs- und Verteilernetzbetreibern erhoben und machen derzeit gut zehn Prozent des Gaspreises aus.

Wer seinen Gasverbrauch kennt, will eher sparen

Dabei wissen längst noch nicht alle Menschen in NRW, wie viel sie tatsächlich fürs Heizen in der letzten Heizperiode zu zahlen haben. Bislang haben weniger als die Hälfte ihre Nebenkostenabrechnung gesehen - mit Auswirkungen aufs aktuelle Heizverhalten, wie die Ista-Befragung zeigt. Wer seinen Verbrauch und mögliche Nachzahlungen bereits schwarz auf weiß gesehen hat, ist demnach eher bereit, sparsamer zu heizen.

Der Essener Dienstleister sieht hier einen Dreh- und Angelpunkt: „Wir brauchen mehr Transparenz, damit die Verbraucher ihr Verhalten rechtzeitig anpassen können“, sagt Ista-Chef Lessing. Ista selbst veröffentlicht im sogenannten Heiz-O-Meter witterungsbereinigte Verbrauchsdaten für die Bundesländer und Metropolen. In NRW ist der durchschnittliche Gasverbrauch in der letzten Heizperiode um acht Prozent gestiegen - in Duisburg sind es sogar zwölf.

Hagen Lessing, Chef des Essener Dienstleisters Ista.

„In der Regel liegen die Preise weiterhin deutlich über dem Niveau vor der Energiepreiskrise. Umso wichtiger ist es, weiter den eigenen Verbrauch im Blick zu behalten.“

Hagen Lessing
CEO Ista

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine haben sich die Gaspreise zwischenzeitlich vervielfacht. Private Neukunden haben nach Kriegsbeginn bis zu 40 Cent pro Kilowattstunde gezahlt. Inzwischen haben sich die Preise wieder eingependelt. Aktuell liegen sie an der Börse etwas unter dem Vorjahresmonat.

Erste Anbieter senken Gaspreise für Neukunden

In NRW und dem Ruhrgebiet haben erste Gasanbieter zum Start der Heizperiode ihre Preise gesenkt. Wie das Vergleichsportal Verivox mitteilt, haben bislang sieben regionale Grundversorger in NRW angekündigt, ihre Preise um durchschnittlich acht Prozent zurückschrauben zu wollen. Bei fünf Energieunternehmen stehen Preiserhöhungen von durchschnittlich 2,5 Prozent an. Verivox hat sich jeweils den Grundversorgungstarif und den günstigsten Tarif für Neukunden bei den lokalen Stadtwerken angeschaut.

Eine Musterfamilie im Einfamilienhaus mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahle aktuell durchschnittlich 2293 Euro pro Jahr für die Gasheizung. Das sind 7,8 Prozent oder rund 180 Euro weniger als im Vorjahr. Die niedrigeren Kosten kämen aber nicht automatisch bei den Haushalten an, heißt es von Verivox. Bestandskunden sollten daher prüfen, ob sie mit zu teuren Tarifen in den kommenden Winter gehen.

Medl senkt Grundversorgungstarif, Essener Stadtwerke legen beim Fixtarif zu

Für das Ruhrgebiet ist der Mülheimer Energieversorger Medl als Beispiel aufgeführt: Für November 2024 hat das Unternehmen demnach angekündigt, seinen Verbrauchspreis im Grundversorgungstarif von 13,09 auf 11,09 Cent pro Kilowattstunde zu senken. Damit spare ein Musterhaushalt rund 238 Euro im Jahr.

Ein Sprecher von Medl betont, dass Sondertarifverträge in der Regel günstiger seien als der Grundversorgungstarif. Die neuen Preise für diese Sondertarife würden zwar erst im Januar mitgeteilt, schon jetzt sei abzusehen, dass sie aller Voraussicht nach sinken werden. Bei den Hertener Stadtwerken müssen Neukunden im Grundversorgungstarif laut Verivox sogar 310 Euro weniger ausgeben als zuvor.

Hoch gehen Kosten für Neukunden bei den Stadtwerken Essen. Der Verbrauchspreis im „EssenGas zum Fixtarif“ kletterte im September von 8,96 auf 9,47 Cent/kWh - das bedeutet für einen Musterhaushalt zwar eine Mehrausgabe von 102 Euro. Im Vergleich zu anderen Anbietern, die ihre Arbeitspreise gesenkt haben, ist dieser Tarif aber immer noch günstiger.