Hagen. In Branche wird um Löhne gestritten. Diese Woche rollten nur wenige Geldtransporter. EC-Automaten liefen leer. Wie es nun weitergeht.

In der Geld- und Werttransportbranche wird um Löhne und Gehälter gestritten. Seit mehreren Wochen finden Tarifverhandlungen statt. Bisher ergebnislos in der Sache, aber in dieser Woche mit Folgen für Bank- und Sparkassenkunden. Und die nächste Verhandlungsrunde Mitte Oktober naht bereits.

Mehr als 10.000 Menschen arbeiten in Deutschland in der Geld- und Werttransportbranche. Sie verteilen Tag und Nacht das Bargeld in der Republik und sammeln es auch wieder ein. Von ihnen allein hängt beispielsweise ab, ob Deutschlands EC-Automaten der Banken und Sparkassen gefüllt sind. Weil von Montag bis einschließlich Mittwoch viele Beschäftigte gestreikt haben, meldeten erste Banken und Sparkassen bereits Engpässe. Bis sich die Bargeldversorgung wieder normalisiert hat, kann es noch ein paar Tage dauern.

Der Streik ist eine Reaktion auf die stockenden Tarifverhandlungen, die in der Branche seit einigen Wochen laufen. Letzter Verhandlungstag war der 20. September. Mit unbefriedigendem Ergebnis aus Sicht von Verdi und vieler Beschäftigter, die in der Gewerkschaft organisiert sind.

Teilnehmer eines Streiks stehen vor einer Niederlassung des Unternehmens Prosegur in Hamburg an einem Geldtransporter. Verdi hatte zum Streik aufgerufen.
Teilnehmer eines Streiks stehen vor einer Niederlassung des Unternehmens Prosegur in Hamburg an einem Geldtransporter. Verdi hatte zum Streik aufgerufen. © dpa | Bodo Marks

„In Hagen fanden beispielsweise nur drei von eigentlich 26 Touren statt“, sagt Gewerkschaftssekretär Karsten Braun nach dem Besuch der Hagener Filiale von Prosegur, einer der großen Firmen in der Branche, die in den verschiedenen Bundesländern uneinheitlich bezahlt und auch in Sachen Weihnachtsgeld sowie Urlaubsgeld und Urlaubstage unterschiedlich verfährt. „Wir sind seit Jahren um eine Angleichung bemüht“, nennt Braun einen Punkt, um den es in den Verhandlungen geht.

Sie fahren täglich Millionen, verdienen aber keine Reichtümer

Die Geldtransportfahrer bewegen zwar tagtäglich Millionen Euro über die Straßen. Die Fahrer verdienen allerdings trotz des körperlich schweren (Münzgeld hat Gewicht) und gefährlichen Jobs nur überschaubare Summen. Dabei ist mit 21,18 Euro der Stundenlohn in Nordrhein-Westfalen sogar bundesweit am höchsten, gefolgt von Niedersachsen mit 20,57. In den ostdeutschen Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin müssen sich die Beschäftigten mit 18,47 Euro begnügen.

Arbeitgeber bezeichnen Forderungen als unrealistisch

Eine Angleichung müsse Schritt für Schritt erfolgen, sagt Verdi-Sekretär Braun. Für die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) sitzt Hans-Jörg Hisam, Chef der Ziemann Gruppe aus Süddeutschland, als Verhandlungsführer am Tisch. Hisam bezeichnet die Forderungen der Beschäftigten als unrealistisch hoch und warnte: „Am Ende sägen die Gewerkschaft Verdi und die Streikenden selbst an ihren Stühlen.“ Die Kunden, also Banken, Sparkassen, vor allem aber auch der Handel, schwenkten durch solche Streikaktionen relativ schnell auf die Nutzung bargeldloser elektronischer Zahlungsmittel durch die Verbraucher um, behauptet der Unternehmer.

Bereits seit Jahren geht die Nutzung von Bargeld auch in Deutschland zurück, bürgert sich das Zahlen mit Giro-, Debit- oder Kreditkarte immer mehr ein. Allerdings ist Deutschland nach wie vor eine Hochburg der Bargeldnutzung in Europa, weil die Deutschen, die bei den von Verhandlungsführer Hisam gemeinten Kunden einkaufen, nach wie vor gerne ein paar Euros in der Tasche haben.

Die Arbeitgeber bieten einen Abschluss mit einer langen Laufzeit von drei Jahren an, den Stundenlohn um bis zu 1,52 Euro zu erhöhen und eine einheitliche Urlaubsregelung zu vereinbaren. Zudem fordern sie eine veränderte Überstundenregelung, nach der erst nach drei Monaten abgerechnet wird.

„Dass wir eine so hohe Streikbereitschaft sehen, liegt auch daran, dass sich die Beschäftigten durch das Angebot der Arbeitgeber nicht wertgeschätzt fühlen.“

Karsten Braun
Verdi-Gewerkschaftssekretär

Aus Sicht von Verdi bedeute das Angebot der Arbeitgeber unter dem Strich Entgeltverzicht statt Lohnerhöhung. Für NRW laute die Forderung beispielsweise eine Erhöhung des Stundenlohns auf 23 Euro. „Dass wir eine so hohe Streikbereitschaft sehen, liegt auch daran, dass sich die Beschäftigten durch das Angebot der Arbeitgeber nicht wertgeschätzt fühlen“, sagt Karsten Braun. Sprich: Sie sind wütend und weiter streikbereit.

An vielen Geldautomaten von Sparkassen und Banken wird Geld knapp.
An vielen Geldautomaten von Sparkassen und Banken wird Geld knapp. © imago | imago/Petra Schneider

Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 17./18. Oktober in München angesetzt. Aktuell sieht es nicht nach einer Einigung aus. „Wenn wir einmal noch länger als drei Tage streiken, könnte irgendwann sogar einmal das Münzgeld knapp werden“, sagt Verdi-Sekretär Braun. Wenn deshalb dann der Handel auf reine Kartenzahlung umstelle, was Braun für eine mögliche Konsequenz hält, dann greift auch die Empfehlung der Banken und Sparkassen nicht mehr, in Supermärkten oder an der Tankstelle Geld abzuheben. So hat es beispielsweise die Sparkasse an Volme und Ruhr mit Sitz in Hagen ihren Kunden geraten.

Es trifft Banken und Sparkassen gleichermaßen - und irgendwann auch den Handel

Auch die Commerzbank merkt, dass die Versorgung mit Bargeld dieser Tage schwierig ist. „Der Großteil der Automaten in NRW steht aber zur Verfügung“, sagte eine Commerzbank-Sprecherin am Mittwochnachmittag. Keine Garantie, dass an den Bank-Automaten auch am Feiertag noch etwas zu holen ist. Die Empfehlung, dass Commerzbank-Kunden von der Cash-Group profitieren und auch an Automaten der Deutschen Bank, der Postbank oder der Hypovereinsbank Bargeld abheben könnten, dürfte nur bedingt helfen - schließlich sind alle Banken und Sparkassen kaum beliefert worden.

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