NRW. 800 Zöllner kontrollieren bei einer Razzia in der Baubranche in NRW. Es geht um Schwarzarbeit und Sozialbetrug mittels fingierter Rechnungen.
Bei einer großangelegten bundesweiten Razzia in der Baubranche sind Zöllner zu mehr als 100 Durchsuchungen in neun Bundesländern ausgerückt – auch in NRW. Betroffen waren am Dienstag Firmen in den Regionen der Hauptzollämter Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Krefeld, Aachen und Bielefeld.
Razzia in NRW: Schwerpunkt in Düsseldorf/Duisburg
Darum geht es: Sieben Beschuldigten aus dem Raum Hannover wird vorgeworfen, an einem Konstrukt von Servicefirmen beteiligt gewesen zu sein und mit fingierten Rechnungen dabei geholfen zu haben, dass mehrere Millionen Euro an Sozialversicherungsabgaben nicht abgeführt wurden. Sie sind festgenommen worden, teilte die federführende Staatsanwaltschaft Hannover mit. Diese sieben Personen haben also Firmen geholfen, Rechnungen zu fälschen. Insgesamt wird gegen 25 Beschuldigte ermittelt, die diese Rechnungen genutzt haben sollen, so die Staatsanwaltschaft.
Der Schwerpunkt der heutigen Razzia läge in den Großräumen Düsseldorf/Duisburg und Hamburg. In NRW wurden insgesamt 76 Objekte durchsucht: 27 davon in Duisburg und 15 in Düsseldorf.
Rund 800 Zöllner seien den Angaben zufolge an den Durchsuchungen beteiligt. Neben der Sicherung von Beweismitteln liege der Fokus auch auf der Vollstreckung von Vermögensarresten in einer Gesamthöhe von über fünf Millionen Euro. Wie die Staatsanwaltschaft Hannover mitteilte, werden aber auch Arbeitnehmerbefragungen auf Baustellen durchgeführt.
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Razzia in der Baubranche: Rechnungen gefälscht, Löhne schwarz gezahlt
Doch warum wurden überhaupt gefälschte Rechnungen von den einen Beschuldigten angeboten und von den anderen genutzt? Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover erklärt, es gehe um sogenannte Abdeckrechnungen. „Servicefirmen“ würden damit Leistungen in Rechnung stellen, die nie erbracht wurden. Mit diesen Scheinrechnungen soll dann eine andere Zahlung abgedeckt werden, „damit man schwarz bezahlen kann“.
Das System der Abzocker an einem Beispiel erklärt, lesen Sie hier:
Was sind „Abdeckrechnungen“ und „Servicefirmen“?
Eine Erklärung: Firma A bekommt einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen auf einer Baustelle. Laut Rechnungen wurden Teile der Leistung weiter vergeben an Baufirma B.
Diese führt jedoch gar keine Leistungen aus. Der einzige Zweck der Baufirma B besteht darin, das überwiesene Geld nach Abzug einer Provision und Erstellung einer fiktiven Rechnung in bar zur Firma A zurückzubringen. Firma B ist eine sogenannte Servicefirma.
In Wirklichkeit haben die Mitarbeitenden der Firma A alle Bauleistungen selbst durchgeführt und bekommen im Anschluss einen Großteil ihres Lohnes bar und ohne Abführung der vollständigen Sozialversicherungsbeiträge ausgezahlt. Firma A will durch das Vorlegen der Scheinrechnungen die Behörden bei einer Prüfung täuschen.
(Quelle: Staatsanwaltschaft Hannover)
Betrug mit „Servicefirmen“: Es geht um Geldströme in Millionenhöhe
Ermittelt werde laut der Staatsanwaltschaft Hannover gegen drei solcher Servicefirmen. „Insgesamt sind uns zum jetzigen Zeitpunkt seit September 2021 Geldströme in Millionenhöhe über die Servicefirmen bekannt“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover. Nach bisheriger Auswertungen ergebe sich der Verdacht, dass eine größere Anzahl von Unternehmen bei den Servicefirmen Abdeckrechnungen eingekauft habe. (red/dpa)
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