Essen. Marktführer kooperiert mit Supermarkt-Riesen und verspricht Lieferung in 45 Minuten in 40 Städten. Was das kostet und welche Städte dabei sind.

Eine Elefantenhochzeit mischt die Branche der Lebensmittel-Lieferdienste auf: Der größte eigenständige Lieferdienst und die zweitgrößte Supermarktkette haben sich verbündet. Lieferando bringt nach eigenen Angaben „ab sofort“ Einkäufe aus Rewe-Filialen in mehr als 40 Großstädten nach Hause. Auch im Ruhrgebiet wird der neue Lebensmittel-Bringdienst in einigen Kommunen angeboten. Es ist die erste Partnerschaft dieser Größe zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Marktführer der Lieferdienste für Außer-Haus-Essen.

Lieferando bringt bisher Pizzen, Sushi oder Burger vom Restaurant nach Hause. Mit knapp 80 Prozent Marktanteil bei den Bestellungen über externe Lieferdienste liegt Lieferando mit Abstand vorn. Nun verspricht der Platzhirsch die Lieferung von Rewe-Einkäufen „binnen 45 Minuten“. Das ist verglichen mit den bisherigen, eigenen Lieferzeiten von Rewe eine enorme Beschleunigung. Geliefert wird von Montag bis Samstag je nach Standort von 7.30 bis 23.30 Uhr. Der Mindestbestellwert beträgt Lieferando zufolge 20 Euro, die Liefergebühr startet je nach Fahrtweg bei 1,99 Euro. Ab einem Bestellwert von 69 Euro entfällt die Liefergebühr.

Rewe-Lieferung von Lieferando in Essen, Duisburg, Bochum und Dortmund

Verfügbar ist der Service laut Lieferando ab sofort über die App und die Website des Bringdienstes in gut 40 Städten. Im Ruhrgebiet und seiner Umgebung sind dabei: Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Krefeld und Wuppertal.

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Allerdings schwanken die Preise von Ort zu Ort und auch von Stadtteil zu Stadtteil recht stark: In Bochum etwa zeigt die Lieferando-App für eine Adresse südlich der Innenstadt einen Mindestbestellwert von 35 Euro an sowie eine pauschale Gebühr von 6,49 Euro für Bestellungen unter 69 Euro. Ein paar Straßenzüge weiter liegt der Mindestwert nur bei 20 Euro und der Lieferpreis bei 4,99 Euro. In zentrumsnahen Vierteln in Essen und Dortmund kostet die Lieferung 4,49 Euro. Wie Lieferando auf Nachfrage bestätigte, variiert auch der Mindestbestellwert je nach Adresse.

Es sind aber nicht die klassischen Lieferando-Fahrer in ihren orangen Outfits, sondern Partner in Pink, die an der Haustür klingeln werden: „Die Bestellungen werden von Flink gepackt und ausgeliefert“, erklärte ein Lieferando-Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Werden die schweren Einkäufe wirklich im XXL-Rucksack mit dem Fahrrad gebracht? „Auch größere Einkäufe, wie ein typischer Wocheneinkauf, sind möglich“, betont der Lieferando-Sprecher und erläutert: „Bei Bedarf werden umfangreiche Bestellungen auf mehrere Lieferungen aufgeteilt.“

Flink: Einkäufe bis zu 30 Kilogramm auf einem Fahrrad

Flink fährt nach eigenen Angaben ausschließlich mit E-Bikes. Die Räder dürfen mit maximal 30 Kilogramm bepackt werden, sagte ein Flink-Sprecher unserer Redaktion. Auch trügen die Fahrer die Waren nicht auf dem Rücken, sondern verstauten sie in Seitentaschen oder Boxen. Bei sehr großen Bestellungen würden mehrere Fahrer für eine Lieferung eingesetzt.

Nicht Lieferando selbst liefert die über seine App eingegangenen Rewe-Bestellungen aus, sondern der pinke Partner Flink.
Nicht Lieferando selbst liefert die über seine App eingegangenen Rewe-Bestellungen aus, sondern der pinke Partner Flink. © Flink | Flink

„Wir begrüßen als branchenweit erste Essensbestellplattform eine der größten Lebensmittelhändler Deutschlands auf unserem Marktplatz“, erklärte Lieferando-Geschäftsführer Lennard Neubauer. „Die Kooperation mit der führenden Essensbestellplattform Lieferando ermöglicht uns einen weiteren Ausbau unseres Angebotes im Expresssegment des E-Food-Marktes. Damit unterstreichen wir unsere Position als Vorreiter im Bereich der schnellen Belieferung von Lebensmitteln“, meinte Clemens Uwe Bauer, E-Commerce-Chef von Rewe.

Partnerdienst Flink bringt die Rewe-Einkäufe für Lieferando

Rewe beliefert bisher bereits 15 Städte des Ruhrgebiets, auch die kleineren und mittelgroßen, aus seinem neuen Zentrallager in Bochum selbst. Hier können Zeitspannen von zwei Stunden für die Lieferung angegeben werden. Der neue Bringdienst funktioniert nach einem anderen Prinzip: Die Bestellungen erledigt Flink aus seinen eigenen Sammellagern, die bereits vorher von Rewe bestückt wurden. In jeder Stadt, deren Haushalte Flink nun für Rewe beliefert, steht dem Unternehmen zufolge mindestens eines dieser Lager, die wie Supermärkten aufgebaut sind. Die Strecke vom Lager zur Bestelladresse erklärt auch die unterschiedlichen Lieferpreise.

Pionier unter den Lebensmittel-Lieferdiensten im Ruhrgebiet war das Start-up Picnic. 2018 in Neuss gestartet, sind inzwischen mehr als drei Millionen Haushalte an Rhein und Ruhr Kunden des Online-Supermarkts. Aldi Süd testet seit rund einem Jahr einen eigenen Lieferdienst in Duisburg, Mülheim und Oberhausen, das Zwischenfazit fiel allerdings ernüchternd aus, der Service sei nicht rentabel und werde zunächst auch nicht ausgeweitet, hieß es. In anderen Ketten gibt es viele kleine Kooperationen einzelner Märkte mit Anbietern wie dem finnischen Wolt.

Der Markt ist hart umkämpft, die Margen sind gering, weshalb auch bereits größere Anbieter wie Gorillas, Getir und Oda sich zuletzt zurückgezogen oder aufgegeben haben. Andere sind neu ins Geschäft mit der Lieferung von Lebensmitteln eingestiegen, allen voran die im Ruhrgebiet sehr präsente Flaschenpost. Relativ jung, aber ambitioniert ist der Einstieg des tschechischen Online-Supermarktes Knuspr in Deutschland, der sich bereits nach kurzer Zeit mit dem Zukauf der Edeka-Tochter Bringmeister verstärkt hat, aber noch nicht im Ruhrgebiet vertreten ist. Der Start in Essen war längst geplant, wurde aber verschoben.