Berlin. Kritik am Quasi-Monopol des Konzerns gibt es seit Jahren, geändert hat sich nichts. Nun löst ein radikaler Vorschlag neuen Streit aus.

Viele Familien, die in den Sommerferien mit dem eigenen Auto unterwegs waren, werden sich mal wieder geärgert haben: Die Pause an deutschen Autobahnen kann angesichts deutlich höherer Preise für Sprit, eine Portion Pommes oder die Packung Gummibärchen ins Geld gehen. Aber: Wer es eilig hat, kommt an den Raststätten nicht vorbei.

Seit jeher ist die teure Auszeit vom Fahren unweit der Straße ein Dauerärgernis. Im vergangenen Jahr hatte der ADAC erneut erhoben, dass pro Tankfüllung ein Preisunterschied von mehr als 20 Euro möglich ist. Abfahren lohne sich daher. Auch beim Kauf anderer Produkte und dem Essen in den Raststätten stellten Erhebungen teils massive Preisunterschiede zu Anbietern abseits der Autobahnen fest. Und selbst den Klogang lassen sich die Raststätten über das Bonsystem Sanifair bezahlen.

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Der Automobilclub nannte die Preisaufschläge schon mal „einfach nur dreist“. Im Fokus der Kritik steht das deutsche Raststättenunternehmen Tank & Rast. Eigenen Angaben zufolge umfasst das Raststättennetz des Unternehmens gut 400 Standorte entlang deutscher Autobahnen. Tank & Rast selbst ist nicht immer Betreiber der Raststätten – größtenteils sind sie an private Betreiber verpachtet.

Autobahn: Tank & Rast nutzt seine Marktposition laut Kritikern aus

Gut 95 Prozent der Rastmöglichkeiten entlang der Fernstraßen zählen zu Tank & Rast – ein Quasi-Monopol, sagen Kritiker. Der Konzern würde seine Marktposition ausnutzen. In der Politik wird nun nicht zum ersten Mal der Ruf nach Konsequenzen laut. „Die Abzocke an deutschen Autobahnen ist nicht nur in den Sommerferien ein teures Ärgernis“, sagte BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht dieser Redaktion. „Dass sich Tank & Rast seit vielen Jahren auf Kosten von Autofahrern ungeniert die Taschen füllen kann, muss politisch beendet werden.“

Preisunterschiede von fast 40 Cent für einen Liter Sprit und überteuerte Essens- und Toilettenpreise seien laut Wagenknecht nicht zu rechtfertigen. Hier bereicherten sich vielmehr ein Monopolist und seine ausländischen Anteilseigner. „Dass weder die Kartellbehörden noch die Bundesregierung diesem Treiben Einhalt gebieten, ist inakzeptabel“, so die BSW-Chefin. Autofahrer dürften nicht länger auf Autobahnraststätten abkassiert werden, während sie gleichzeitig über die Kfz-Steuer auch noch für die Infrastruktur an Raststätten aufkämen.

Tank & Rast war bis 1998 staatlich, wurde dann privatisiert. Heute sind Anteilseigner von Tank & Rast Investoren aus Abu Dhabi und Kanada sowie eine Allianz-Tochter und Munich Re. Als sogenannter Konzessionär hat der Konzern vom Bund das Recht erhalten, die Raststätten zu bewirtschaften. Dafür zahlt das Unternehmen eine sogenannte Konzessionsabgabe, die zuletzt zwischen 11,9 und 16,5 Millionen Euro pro Jahr gelegen hat. Die Konzessionrechte hat Tank & Rast für 30 Jahre, sie können durch das Unternehmen selbst zweimal für die Dauer von jeweils fünf weiteren Jahren verlängert werden.

Tank & Rast rechtfertigt sich mit Konkurrenz neben Autobahnen

Das Unternehmen selbst weist eine angebliche Monopolstellung auf Anfrage zurück. Im Kerngeschäft stehe Tank & Rast „im intensiven Wettbewerb mit einer Vielzahl von Systemanbietern neben der Autobahn“, hieß es. Mit Blick auf die Preise müssten die unternehmerisch selbstständigen Franchisepartner „ganz anders kalkulieren als andere Dienstleistungskonzepte neben der Autobahn“. So seien die Raststätten in den meisten Fällen ausschließlich auf Kunden angewiesen, die die Autobahn in eine Fahrtrichtung befahren.

Nicht nur das Tanken, sondern auch Produkte in den Shops sind an den Raststätten meist deutlich teurer. Das Unternehmen selbst hat dafür eine Begründung.
Nicht nur das Tanken, sondern auch Produkte in den Shops sind an den Raststätten meist deutlich teurer. Das Unternehmen selbst hat dafür eine Begründung. © Tank&Rast | Tank&Rast

Mit Blick auf Preise für bestimmte Produkte sei der Vergleich mit Discountern zudem „hochgradig verzerrend“. „Sie verfügen über die günstigsten Kostenstrukturen im Einzelhandel. Zudem ist ihr Sortiment vielfach durch besonders preisgünstige Eigenmarken geprägt“, sagte ein Tank-&-Rast-Sprecher dieser Redaktion.

Auch bei den in der Kritik stehenden höheren Spritpreisen schiebt der Konzern die Verantwortung von sich. Die Kraftstoffpreise an Autobahntankstellen würden allein von den jeweiligen Mineralölanbietern festgelegt. „Diese entscheiden nach eigenem Ermessen darüber, welche Margen sie erzielen wollen und inwieweit sie Kosten auf Verbraucher umlegen“, erklärte er weiter. Anders stellt das der Mineralölverband en2x dar.

Autobahn: Automobilclubs rufen Tank & Rast zum Maß halten auf

„Ursache der Preisunterschiede an Autobahntankstellen sind die Versteigerungen der Betriebsrechte an Tankstellengesellschaften durch Tank & Rast zu Höchstpreisen“, sagte ein en2x-Sprecher unserer Redaktion. „Das hat zu einer deutlich höheren finanziellen Grundlast für die Tankstellengesellschaften geführt.“ Letztlich liege die Verantwortung für die höheren Preise deshalb bei Tank & Rast. „Die Tankstellenbranche bedauert diese Umstände.“

Autofahrervertreter kritisieren das scharf. „Das Preisniveau an den Tankstellen ist total überzogen“, so der ADAC. Abfahren lohne sich daher in jedem Fall. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) rief Tank & Rast dazu auf, seine exponierte Stellung nicht auszunutzen und künftig Maß zu halten.

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„Wer rund um die Uhr an allen Tagen im Jahr geöffnet hat, muss zwar wegen der erhöhten Kostenstrukturen gewiss höhere Entgelte fordern. Die generelle Preisgestaltung ist aber nicht nachvollziehbar“, sagte AvD-Präsident Lutz Leif Linden dieser Redaktion. Linden verwies zudem darauf, dass Steuerzahler bereits indirekt schon für Instandhaltung der Pkw- und Lkw-Standplätze an den Raststätten zahlten.

Verbraucherschutzministerin nimmt Beschwerden „sehr ernst“

Nicht nur das BSW sieht Reformbedarf, sondern auch die Grünen. „Zur Dauerkritik bezüglich überhöhter Preise, Zwangsbons und Monopolstellung gibt es bislang keine Abhilfe – auch nicht mehr Transparenz und Vergleichbarkeit“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar. Er sieht auch das Verkehrsministerium in der Pflicht, „auf die Geschäftsführung von Tank & Rast zuzugehen“.

Sieht keinen Handlungsbedarf: Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, fordert die Autofahrer zum Vergleichen auf.
Sieht keinen Handlungsbedarf: Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, fordert die Autofahrer zum Vergleichen auf. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Von CDU/CSU hieß es, inwieweit durch die höheren Preise eine Wettbewerbsstörung oder ein Kartellrechtsverstoß vorliege, müsse vom Bundeskartellamt bewertet werden. Das Bundesverbraucherschutzministerium jedenfalls zeigte sich alarmiert. Ein Sprecher der zuständigen Ministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte dieser Redaktion: „Gerade in der Urlaubszeit ärgern sich viele Menschen über hohe Sprit- und Lebensmittelpreise an den Autobahnraststätten. Wir nehmen die Beschwerden über die hohen Preise an Autobahnraststätten sehr ernst.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht hingegen keinen Grund für Kritik an Tank & Rast. „Die Verkehrsteilnehmer können zwischen einer Vielfalt von Angeboten und Anbietern wählen, unter anderem zwischen den verschiedenen Tank- und Rastanlagen auf den Autobahnen sowie Autohöfen, Systemgastronomen, Landgasthöfen und Tankstellen neben der Autobahn“, teilte eine Sprecherin mit. Auch führe die zunehmende Digitalisierung zu mehr Transparenz. Autofahrer könnten die jeweils verfügbaren Angebote leicht lokalisieren – und vergleichen.