Duisburg. Hotels und Fluglinien bekommen die Inflation zu spüren. Duisburger Unternehmen Schauinsland wächst trotzdem und verändert sein Programm.
Der drittgrößte deutsche Reiseveranstalter Schauinsland verzeichnet trotz der gestiegenen Preise für Hotels und Flüge ein ungebremstes Wachstum. „Nach Jahren des Verzichts haben die Menschen einen großen Nachholbedarf zu reisen“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter Gerald Kassner im Hinblick auf die Corona-Pandemie. Darüber hinaus sei Urlaub „seit eh und je eines der höchsten Güter der Deutschen. Sie sparen eher bei der Bekleidung oder der Anschaffung von Möbeln, aber nicht beim Reisen“, so der Schauinsland-Chef im Gespräch mit unserer Redaktion.
Gleichwohl bekommt das Duisburger Familienunternehmen, das im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,15 Milliarden Euro erzielt hatte, den Kostendruck in vielen Haushalten zu spüren. „Wir beobachten, dass die Aufenthalte kürzer werden, im Schnitt sind es inzwischen 10,9 Tage“, erklärt Kassner. Zudem ändere sich das Buchungsverhalten. Schon jetzt würden Reisen für Sommer 2025 reserviert, obwohl die Kataloge noch gar nicht erschienen seien.
Schauinsland-Reisen mit zuletzt 1,88 Millionen Gästen reagiert aber auch mit Anpassungen im Programm auf die Preissteigerungswelle. „In der Türkei haben wir eine deutlich zweistellige Inflation gesehen. In der Folge sind auch die Preise für Reisen gestiegen“, sagt Steffen Kassner, der vor einigen Wochen als Vertreter der vierten Familiengeneration Mitglied der Geschäftsführung geworden ist.
Schauinsland habe gezielt für preisbewusste Familien das Angebot an Drei- und Vier-Sternehotels ausgeweitet. Die Duisburger wollen zudem ein neues Urlaubsland ins Programm aufnehmen, das aktuell angesagt ist: Albanien. „Mit seiner Küste entlang der Adria und am ionischen Meer ist Albanien vor allem für preisbewusste Kunden ein weiteres attraktives Reiseziel mit sehr gutem Preis-/Leistungsverhältnis“, so Steffen Kassner.
Von Protesten gegen Massentourismus wie in Mallorca, Barcelona oder Venedig will sich der Schauinsland-Chef zunächst nicht beirren lassen. „Die Leute wollen das, deshalb kann man es nicht ignorieren“, sagt Gerald Kassner. Gleichwohl spricht er sich für Regulierung aus. „Wir müssen darauf achten, dass Tourismus nicht aus dem Ruder läuft“, fordert er. Allerdings sorge nicht der klassische Hoteltourismus für Schwierigkeiten, sondern vor allem Ferienhäuser und -wohnungen, die vielfach illegal vermietet werden. Kassner: „Das muss stärker kontrolliert werden, denn man darf die Bedürfnisse von Einwohnern und Beschäftigten an den Urlaubsorten nicht vergessen.“
Ein ausführliches Interview mit Gerald und Steffen Kassner veröffentlichen wir am Dienstag, 13. August.
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