Duisburg. Der Traditionskonzern Haniel aus Duisburg bekommt einen neuen Chef. Von der Haniel-Familie erhält er einen klaren Auftrag.

Es war ein abrupter Abgang: Im September vergangenen Jahres teilte der Duisburger Familienkonzern Haniel mit, Unternehmenschef Thomas Schmidt werde die Firma vorzeitig verlassen. Als Grund gab Haniel „unterschiedliche Auffassungen über die Umsetzung der Strategie“ des Revierkonzerns an. Dabei war ein Nachfolger noch nicht gefunden. Bis zur Nachbesetzung der Chef-Position sollte Henk Derksen, der erst ab Oktober 2023 als Finanzchef zu Haniel kommen sollte, „interimistisch die geschäftsführenden Aufgaben übernehmen“, so das Unternehmen – eine ungewöhnliche Aufstellung für einen der größten Konzerne des Landes. Wohlgemerkt: 2023 beschäftigte die Haniel-Gruppe fast 22.000 Menschen und erwirtschaftete eigenen Angaben zufolge einen Umsatz von 4,4 Milliarden Euro.

Gut ein Jahr nach dem Weggang von Thomas Schmidt soll jetzt ein neuer Haniel-Chef antreten. Der Aufsichtsrat habe sich für den ehemaligen Chef des Volkswagen-Tochterkonzerns MAN, Joachim Drees, entschieden, teilte Haniel am Donnerstag (1. August) mit. Der 59-Jährige verfüge über umfangreiche internationale Erfahrungen in Großunternehmen, im Mittelstand und im Finanzinvestoren-Geschäft. Zuletzt habe sich Drees als Investor in Start-ups und als Aufsichtsrat betätigt. Drees werde am 1. Oktober bei Haniel seine Arbeit beginnen. Wie lang die Laufzeit seines Vertrages ist, veröffentlicht der Konzern nicht.

Joachim Drees, der neue Chef des Duisburger Konzerns Haniel: Er wolle Haniel „in Abstimmung mit der Eigentümerfamilie neu ausrichten“, sagt Drees.
Joachim Drees, der neue Chef des Duisburger Konzerns Haniel: Er wolle Haniel „in Abstimmung mit der Eigentümerfamilie neu ausrichten“, sagt Drees. © haniel | haniel

Der im Jahr 1756 gegründete Haniel-Konzern mit Sitz im Duisburger Hafenstadtteil Ruhrort gehört zu den traditionsreichsten Familienunternehmen Deutschlands. Unter dem Dach von Haniel-Konzern befinden sich zahlreiche Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen: Die Haniel-Firma CWS beispielsweise bietet Produkte für die Waschraumhygiene an. Vor einiger Zeit hat Haniel auch einen Anbieter von Sicherheitssystemen (BauWatch) sowie einen Bildungsanbieter für frühkindliche Erziehung erworben. Hinzu kommt eine Finanzbeteiligung am Handelsriesen Ceconomy mit den Marken Media Markt und Saturn. Kurzum: Haniel ist ein komplexes Konstrukt.

Aufsichtsratschef Schwaiger: „Joachim Drees ist die Person, die Haniel jetzt braucht“

„Joachim Drees ist die Person, die Haniel jetzt braucht“, urteilt Maximilian Schwaiger, der Vorsitzende des Aufsichtsrats. „Unser Portfolio umfasst viele Geschäftsbereiche und Unternehmen diverser Größe. Um Haniel erfolgreich weiterzuentwickeln, braucht es breite Erfahrung mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen.“

Der 43-jährige Schwaiger, der zur Haniel-Eigentümerfamilie gehört und viele Jahre lang für den Automobilzulieferer Continental gearbeitet hat, ruft als ein zentrales Ziel für Drees aus, „die Performance zu verbessern“. Im vergangenen Geschäftsjahr schrieb Haniel rote Zahlen. Zwar hat der Konzern eine Dividende an die Familienmitglieder überwiesen, dennoch sehen die Haniel-Eigner Handlungsbedarf angesichts der Geschäftsentwicklung. Mehr als 1200 Familienmitglieder gibt es, davon sind 750 dem Unternehmen als Miteigentümer verbunden. Aufsichtsratschef Maximilian Schwaiger gehört zur siebten Haniel-Generation. Traditionell übernehmen bei Haniel Familienangehörige nicht das operative Geschäft, sondern wachen in den Kontrollgremien über die Geschicke ihrer angestellten Manager.

Thomas Schmidt, der Vorgänger von Joachim Drees bei Haniel: Im September vergangenen Jahres teilte der Duisburger Familienkonzern mit, Unternehmenschef Thomas Schmidt werde die Firma vorzeitig verlassen.
Thomas Schmidt, der Vorgänger von Joachim Drees bei Haniel: Im September vergangenen Jahres teilte der Duisburger Familienkonzern mit, Unternehmenschef Thomas Schmidt werde die Firma vorzeitig verlassen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bislang ist Haniel noch stark auf Geschäfte in Westeuropa ausgerichtet. Eine Aufgabe für den neuen Konzernchef Drees dürfte sein, das Unternehmen stärker zu internationalisieren. An der in den vergangenen Jahren propagierten „Enkelfähig-Strategie“ soll nicht gerüttelt werden. „Enkelfähig“ heißt: Das bisherige Haniel-Management wollte den Beweis antreten, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit nicht gegenseitig ausschließen.

Neuer Haniel-Chef will Konzern „neu ausrichten“

Der künftige Haniel-Chef Joachim Drees hat als MAN-Chef erfahren können, was es heißt, sich innerhalb eines vielschichtigen Großkonzerns zu bewegen. Etwa fünf Jahre lang, von 2015 bis 2020, war Drees als Chef der VW-Tochter tätig. Seine Karriere startete der Diplom-Kaufmann bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC. Haniel-Aufsichtsratschef Schwaiger lobt Drees unter anderem für seine „klare Kommunikation“.

Drees wiederum lässt in einem kurzen, vom Konzern verschickten Statement durchblicken, dass er mit einem gehörigen Veränderungswillen antritt. Er wolle Haniel „in Abstimmung mit der Eigentümerfamilie neu ausrichten“, erklärt Drees, ohne Details zu nennen. Das Traditionsunternehmen aus Duisburg habe sich im Laufe der Jahre „immer wieder neu erfunden“.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: