Berlin. Die eigenen vier Wände können ein Baustein bei der Altersvorsorge sein, Aktien aber auch. Eine Expertin sagt, was sich wirklich rechnet.

Ist die Rente noch sicher? Was können Versicherte privat tun, um im Alter auch finanziell sorgenfrei leben zu können? Sandra Klug ist Altersvorsorge- und Rentenexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. An dieser Stelle beantwortet sie regelmäßig Fragen zu den Themen private Vorsorge und Rente. Heute: Was sich mehr rechnet – der Kauf einer eigenen Immobilie oder jeden Monat einen ETF zu besparen.

Frau Klug, über welchen Weg hat man nach 40 Jahren mehr Vermögen aufgebaut: mit selbstgenutztem Eigentum oder mit einem regelmäßigen Investment in Aktien?

Sandra Klug: Das ist nicht pauschal zu beantworten. Es beginnt schon mit der Frage, was für eine Immobilie will ich mir kaufen und wie teuer ist diese. Es ist ja ein großer Unterschied, mit Blick auf den Preis und die zu erwartende Wertentwicklung, ob man in der Lage ist, eine Wohnung in einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg zu kaufen oder ob es nur für eine Immobilie in einem kleinen Örtchen reicht.

Das ist richtig.

Klug: Wir haben mal beispielhaft berechnet und unterstellt, eine Immobilie würde 500.000 Euro zuzüglich Nebenkosten kosten. Ein wenig Eigenkapital ist vorhanden. Bei einem Darlehensbetrag von 455.000 Euro, 4,19 Prozent Effektivzinsen und einem Prozent Tilgung läge die monatliche Belastung bei über 1900 Euro. Das ist nicht wenig. Und dabei bleibt es nicht: Die Nebenkosten sind auch zu tragen und für Instandhaltung müssen Rücklagen gebildet werden. Nach 15 Jahren hätte man lediglich 93.000 Euro getilgt, die anderen 253.000 Euro, die bezahlt wurden, sind Zinsen an die Bank. Da ist also viel Geld futsch. Zahlt man stattdessen 500 Euro 15 Jahre in einen ETF ein, läge das Ersparte bei einer durchschnittlichen Rendite von sieben Prozent pro Jahr bei 156.000 Euro minus Steuer auf die Erträge.

Was ist mit der Wertentwicklung der Immobilie?

Klug: Klar, das ist ein Faktor. Allerdings ist die Wertentwicklung nicht planbar und ungewiss. Es kommt auch auf den Standort an. Während der Niedrigzinsphase gab es selbst in vielen Kleinstädten eine gute Wertentwicklung bei Eigentum. In letzter Zeit ist allerdings ein Abwärtstrend zu beobachten. Bei Immobilien gibt es allerdings ganz viele weiche Faktoren, die auch eine Rolle spielen könnten bei der Entscheidung.

Sie meinen die emotionale Rendite?

Klug: Die ist nicht zu unterschätzen. Schaut man sich die nüchternen Zahlen an, rechnet sich eine Immobilie nicht in jedem Fall. Letztlich sollten sich Interessierte beraten und durchrechnen lassen, wann man bei einem Kauf auch wirklich die Schulden los ist. Mit einer eigenen Immobilie geht auch einher, Flexibilität aufzugeben. Zudem kommen noch Folgekosten auf die Besitzerinnen und Besitzer zu. Wenn das Eigenheim nach 40 Jahren abbezahlt ist, muss vielleicht das Dach erneuert werden oder schon vorher auch mal die Heizung. So etwas sollte mit einkalkuliert sein.

Ansonsten investiert man in ETFs und wohnt zur Miete. Wie schafft man es da genauso diszipliniert zu sein, wie bei der Abbezahlung eines Immobilienkredits?

Klug: Ich empfehle, einfach einen Dauerauftrag laufen zu lassen und sich das dann schlichtweg nicht mehr oder selten anzuschauen. Aus meiner Sicht ist es aber auch nicht verwerflich, die private Altersvorsorge in persönlichen Krisenzeiten mal anzupassen und vorübergehend weniger Geld monatlich zu investieren. Die Einzahlungen lassen sich jederzeit erhöhen oder auch Einmalbeiträge investieren. Nicht sinnvoll wäre hingegen, für den Sommerurlaub das ETF-Besparen aufzugeben. Wäre das so, sollte man die eigene Altersvorsorge generell anders planen.

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