Essen. Neue Label auf Fleischverpackungen sollen Verbraucher aufklären, wie die Tiere gehalten wurden. Was sie aussagen und warum es Kritik gibt.

  • Bis zum Sommer 2025 erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mehr Informationen über die Tierhaltung, wenn sie Fleisch oder Milch kaufen.
  • Auf den Verpackungen wird eine neue fünfte Stufe der Haltungsform zu sehen sein. Das allein garantiert jedoch nicht, dass es den Tieren im Stall wirklich gut gegangen sei, kritisieren Verbraucherschützer.
  • In diesem Artikel erklären wir, welche Siegel es gibt und worauf Verbraucher achten sollten, wenn sei beim Fleischkauf auf das Tierwohl achten wollen.

Schweine, die auf engstem Raum gemästet werden, Tiere, denen Antibiotika oder Wachstumshormone verabreicht werden, Rinder, die stundenlange Transporte zu den Schlachthöfen ertragen müssen: Vielen Verbrauchern ist diese Vorstellung zuwider. Mehr Tierwohl im Stall und mehr Transparenz bei der Kennzeichnung der Tierhaltung, das wünschen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher. Im jüngsten Ernährungsreport 2023 der Bundesregierung gaben 80 Prozent der Befragten an, dass es für sie ein entscheidendes Kaufkriterium sei, wie die Tiere gehalten wurden. 

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Doch wie sieht eine tierfreundlichere Haltung aus? Und wie können Verbraucher, die sich bei der Kennzeichnung der Haltungsformen auf der Verpackung mehr Klarheit und Transparenz wünschen, in Supermärkten und Discountern bei dem Durcheinander an Siegeln und Logos durchblicken? Bislang war die Kennzeichnung freiwillig, nun kommt ein staatliches Logo hinzu. Was wichtig ist.

Das neue staatliche Siegel: Tierhaltung. Durch den QR-Code (rechts) können Verbraucher per Smartphone an weitere Informationen über die Tierhaltung gelangen. Das fünfstufige System gilt zunächst nur für die Mast von Schweinen und ist ab September 2025 Pflicht.
Das neue staatliche Siegel: Tierhaltung. Durch den QR-Code (rechts) können Verbraucher per Smartphone an weitere Informationen über die Tierhaltung gelangen. Das fünfstufige System gilt zunächst nur für die Mast von Schweinen und ist ab September 2025 Pflicht. © DPA

Das neue staatliche Tierhaltungs-Siegel mit fünf Stufen: „Tierhaltung“:

Seit vielen Jahren wurde erbittert um eine verpflichtende, staatliche Kennzeichnung der Tierhaltungsform gerungen. Ab August 2025 wird nun ein staatliches Tierhaltungslabel zunächst für Schweinefleisch zur Pflicht. Es gibt fünf Haltungsformen vor:

  • „Stall“: Diese Haltungsform entspricht den gesetzlichen Mindestanforderungen.
  • „Stall + Platz“: Die Tiere haben mindestens 12,5 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgegeben. Dazu gibt es Vorgaben zum Futter und zum Aufbau der Ställe.
  • „Frischluftstall“: In der letzten Phase der Mast erhalten die Tiere mindestens 45 Prozent mehr Platz, als es das Gesetz vorschreibt. Die Ställe haben Kontakt zum Außenklima, etwa durch offene Stallseiten.
  • „Auslauf/Weide“: Den Schweinen soll ganztägig ein Auslauf zur Verfügung stehen, sie werden im Freien ohne festes Stallgebäude gehalten.
  • „Bio“: Die Tierhaltung entspricht den Anforderungen der EU-Ökoverordnung. Das bedeutet, die Schweine haben eine noch größere Auslauffläche und noch mehr Platz im Stall.

Das staatliche Siegel gilt zunächst nur für inländische Erzeugnisse und nur für Schweinefleisch – verpackt oder unverpackt. Bei losem Fleisch sollen Schilder auf die Haltungsform hinweisen. Bei gemischten Produkten, etwa Hackfleisch oder Großpackungen mit Fleisch aus unterschiedlichen Haltungsformen, können Prozentangaben aufgedruckt werden. Beispiel: „70 Prozent Stall, 30 Prozent Stall + Weide“. Auf dem Siegel ist ein QR-Code platziert. Per Smartphone können Verbraucher an weitere Informationen zur Haltungsform gelangen.

So wird das staatliche Siegel eingeführt

Das staatliche Siegel gilt zunächst nur für inländische Erzeugnisse und nur für Schweinefleisch – verpackt oder unverpackt, gekühlt oder gefroren, im Lebensmittelhandel, in Metzgereien, im Online-Handel und anderen Verkaufsstellen.

Bei losem Fleisch sollen Schilder auf die Haltungsform hinweisen. Bei gemischten Produkten, etwa Hackfleisch oder Großpackungen mit Fleisch aus unterschiedlichen Haltungsformen, können Prozentangaben aufgedruckt werden. Beispiel: „70 Prozent Stall, 30 Prozent Stall + Weide“. Auf dem Siegel ist ein QR-Code platziert. Per Smartphone können Verbraucher an weitere Informationen zur Haltungsform gelangen.

Das staatliche Siegel wird in Schritten eingeführt. Das Gesetz ist im Herbst 2023 in Kraft getreten. Tierhalter hatten bis Ende August 2024 Zeit, ihre Haltungseinrichtungen den zuständigen Behörden mitzuteilen. Nun endet im August 2025 die zweijährige Übergangsfrist.

Online-Optik-Haltungsformen
Das private Siegel des Handels: Haltungsform. Es soll nun an die fünf Stufen und Bezeichnungen des staatlichen Labels angeglichen werden. Für Hersteller ist dieses Siegel nach wie vor freiwillig. © Handout | Montage

Das bald fünfstufige Siegel des Handels: „Haltungsform“

Neben dem staatlichen Tierhaltungslabel sollen die bereits eingeführten freiwilligen Siegel des Handels weiterhin aufgedruckt werden. Weit verbreitet ist das Kennzeichnungssystem „Haltungsform“. Anders als das staatliche Siegel gilt es nicht nur für Schweinefleisch, sondern auch für Fleisch und verarbeitete Produkte von Rind und Geflügel. Auch auf Milchverpackungen ist es zu finden. Die Kennzeichnung wurde 2019 von den Lebensmittelhändlern eingeführt. Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny oder Rewe verwenden es für das Fleisch ihrer Eigenmarken und das von der Theke.

Das „Haltungsform“-Siegel des Handels hat bislang vier Stufen mit wachsenden Anforderungen an die Betriebe. Erkennbar sind die Stufen an den Farben Rot, Hellblau, Orange und Grün. Das sind die bisher gekennzeichneten vier Stufen:

  • Stufe 1: Stallhaltung
  • Stufe 2: StallhaltungPlus
  • Stufe 3: Außenklima
  • Stufe 4: Premium

Mit der Einführung des staatlichen Siegels wird das private Label angeglichen, um ein Nebeneinander beider Kennzeichnungen zu ermöglichen und Verwirrung unter Verbrauchern zu vermeiden. Seit Sommer 2024 ist nun auch das „Haltungsform“-Siegel des Handels fünfstufig. Die bisherige Stufe 4 heißt jetzt „Auslauf/Weide“. Bioprodukte erhalten eine eigene Stufe 5. So sieht die angeglichene Kennzeichnung künftig aus:

  • Stufe 1: Stallhaltung
  • Stufe 2: StallhaltungPlus
  • Stufe 3: Außenklima
  • Stufe 4: Auslauf/Weide
  • Stufe 5: Bio

Aldi hat die zusätzliche fünfte Stufe im Juli 2024 eingeführt. Zuvor hatte das Unternehmen wie auch Edeka, Netto, Rewe und Penny in Aussicht gestellt, ab 2030 nur noch Frischfleisch der Haltungsformen 3 und 4 zu verkaufen.

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Was Tier- und Verbraucherschützer zur Kennzeichnung sagen

Das vor Jahren eingeführte private Siegel des Handels bewirkt mit Blick auf Tierwohl bislang wenig, kritisieren die Verbraucherzentralen. Das Angebot stamme überwiegend aus den Haltungsformen 1 und 2. Fleisch der höheren Stufen gebe es nach wie vor kaum zu kaufen. Auch am neuen staatlichen Label gibt es massive Kritik.

„Grundsätzlich sind die Tierhaltungs-Siegel ein gutes Hilfsmittel für Verbraucher, die mehr Transparenz beim Fleischkauf erhalten“, sagt Christiane Kunzel, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Aus den Informationen über Art und Aussehen der Ställe aber lasse sich nicht ableiten, welche Behandlung die Tiere erfahren haben: „Mehr Platz im Stall bedeutet nicht automatisch mehr Tierwohl“, so Kunzel. „Die Siegel garantieren nicht, dass es den Tieren wirklich gut gegangen ist.“

Die Bundesregierung müsse daher den Tierschutz verbessern, indem sie die gesetzlichen Standards für Tierhaltung anhebt, fordert Kunzel. Zudem müsse die staatliche Kennzeichnung zügig auf die weiteren Tierarten sowie Gastronomie und verarbeitete Fleischprodukte erweitert werden.

Auch der Deutsche Tierschutzbund hält die Kennzeichnung für unzureichend: Mit den unteren Stufen erhielten „eindeutig tierschutzwidrige Haltungssysteme“ ein staatliches Siegel, kritisiert die Dachorganisation der Tierschutzvereine. Der Tierschutzbund hat das eigene Label „Für mehr Tierschutz“ entworfen. Dessen Anforderungen gehen über die Tierhaltung hinaus und betreffen auch die Bereiche Tiertransport und Schlachtung. Auch bei lebenden Tieren werden gesundheitliche Aspekte geprüft. Zur Bewertung des körperlichen Zustands etwa werden bei Schweinen und Rindern die Schwänze kontrolliert, bei Legehennen der Gefiederzustand.

Herkunft: Das gilt seit Februar an den Theken der Supermärkte

Verbraucher wünschen sich auch Angaben darüber, wo die Tiere aufgezogen oder geschlachtet wurden. Seit dem 1. Februar 2024 muss in Supermärkte, Metzgereien, Hofläden und auf Wochenmärkten bei unverpacktem Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel das Herkunftsland angegeben werden. Angezeigt werden müssen Aufzucht- und Schlachtland. Beispiel: „Aufgezogen in: Frankreich. Geschlachtet in: Deutschland“. Fanden Geburt, Aufzucht und Schlachtung in einem einzigen Staat, kann es heißen: „Ursprung: Deutschland“.

Bei unverpacktem und unverarbeitetem Rindfleisch ist es bereits ab dem Jahr 2000 Pflicht, die Herkunft anzugeben. Die Kennzeichnung war damals wegen der Tierseuche BSE eingeführt worden.

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