Berlin. MediaMarktSaturn-Chef Karsten Wildberger über klimaschädliche Elektronik, den Umbau des eigenen Geschäfts und die Lage der Innenstädte.
Die Insolvenz der Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof ist ein Schlag für die Innenstädte. Im Interview erklärt der Geschäftsführer der Elektronikfachmärkte MediaMarktSaturn, Karsten Wildberger, Auswirkungen auf das eigene Geschäft und sagt, was ihn an der Politik derzeit stört.
Herr Wildberger, mit Galeria Karstadt Kaufhof wankt eine Handelsikone. MediaMarktSaturn ist in vielen Städten Nachbar der Warenhäuser. Was würde ein Verschwinden bedeuten?
Karsten Wildberger: Eine Handelskette zieht grundsätzlich viele Menschen an. Sollte eine Institution wie Galeria Karstadt Kaufhof weniger präsent oder irgendwann vielleicht sogar gar nicht mehr präsent sein, wäre das nicht gut für die deutschen Innenstädte. Für unsere Strategie ist das stationäre Geschäft nach wie vor extrem wichtig. Deswegen müssen wir gemeinsam mit den Kommunen und vielen anderen Akteuren darauf achten, dass Innenstädte attraktiv bleiben. Wir werden weiter investieren.
Was muss dafür geschehen?
Der stationäre Handel bleibt der zentrale Anker für die Zentren. Gleichzeitig stellen sich jedoch Fragen zur Erreichbarkeit und zum weiteren Angebot, also etwa der gastronomischen Vielfalt. Die Angebote müssen so attraktiv sein, dass Menschen gerne kommen und so die Innenstädte beleben. Wir tragen unseren Teil dazu bei.
- Verkehr: Wallbox fürs E-Auto kaufen? Experten warnen vor böser Falle
- Geld: Abfindung im Job kassieren? Diese Tipps sind bares Geld wert
- Altersvorsorge: Rente & Elternzeit – Ab welchem Einkommen Sie Verlierer sind
Glauben Sie als Manager im Einzelhandel an die Zukunft einer so altehrwürdigen Institution wie dem Warenhaus?
Es ist ja nicht so, dass bei Warenhäusern alles schlecht läuft. Es gibt hervorragend aufgestellte, große Anbieter. Man muss sich fragen, was läuft bei denen gut und wie ist das anderswo reproduzierbar. Generell halte ich viele Geschäftsmodelle für erneuerungsfähig. Die Frage ist eben, wie es gelingen kann, sich auf veränderte Kundenbedürfnisse einzustellen.
Hat die Politik bislang genug getan, um die Innenstädte attraktiv zu halten?
Mir kommt der Reflex, zu sagen, der Handel sei ein Opfer der Rahmenbedingungen, zu schnell. In erster Linie ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich, die richtigen Dinge zu tun. Dieses Verständnis zu haben, ist für Leute, die Verantwortung tragen, absolut wichtig.
Hätten Sie sich von der Bundesregierung konkrete Maßnahmen gewünscht, um die Kauflaune der Verbraucher wieder anzukurbeln?
Wirtschaft lebt von Zuversicht und Stabilität. Die Politik trägt erheblich dazu bei, diese positive Grundstimmung herzustellen. Schaut man sich das aktuelle Agieren der Bundesregierung an, kann man sicher zu dem Schluss kommen, dass das fehlt.
Mit Blick auf die Rahmenbedingungen wird auch immer wieder über die Sonntagsöffnungszeiten diskutiert. Würden Sie gerne jeden Sonntag Ihre Filialen öffnen dürfen?
Dort, wo das Kunden annehmen, würde ich das sehr gerne machen. Das heißt aber nicht, dass flächendeckend sonntags die Geschäfte aufmachen müssen. Es gibt aber Kunden, die würden sehr gerne an einem Sonntag einkaufen gehen. Ich würde mir in dieser Hinsicht mehr Freiheiten wünschen. Aber wir sollten das einfach mal ausprobieren und den Vorschlag nicht direkt wieder zerreden.
MediaMarktSaturn steckt selbst mitten in der Transformation des Geschäfts. Wie wollen Sie sich neu erfinden?
Technische Produkte und komplexe neue digitale Produkte unseren Kunden näherzubringen und erlebbar zu machen, wird uns als Unternehmen noch viele Jahre antreiben. Um das zu verwirklichen, setzen wir auf Omnichannel, also eine Vielkanalstrategie. Das heißt, egal, ob uns der Kunde im Internet oder im Markt besucht, wollen wir es ihm so einfach wie möglich machen, Produkte zu kaufen und unsere Services wahrzunehmen. Grundsätzlich kommen wir aus dem stationären Geschäft, haben aber in alle Kanäle massiv investiert. Aber auch im stationären Bereich greifen wir wieder an. Unser Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren alle unsere 1000 Märkte modernisiert zu haben.
Wie werden sich die neuen Filialen von den alten unterscheiden?
Wir wollen unsere Märkte öffnen, so dass sich auch Marken auf unseren Flächen beispielsweise in kleinen Boutiquen präsentieren können. In Hamburg wollen wir unser Haus an der Mönckebergstraße zu einem sogenannten Lighthouse-Markt hochwertig umbauen, in Berlin haben wir am Alexanderplatz im Zentrum der Stadt mit dem Xperion bereits eine 2000 Quadratmeter große Computerspiel-Landschaft geschaffen, die beste Gaming-Experience bietet. Technik zum Anfassen und Ausprobieren wird auch in den neu gestalteten Märkten Teil des Konzepts bleiben. Und die Stores bleiben unser Schaufenster – auch in einer immer digitaleren Welt.
Es genügt aber nicht mehr, ausschließlich Verkäufer zu sein.
Das ist richtig. Und das sind wir auch schon lange nicht mehr. Wir generieren als Unternehmen jedes Jahr europaweit rund 2,2 Milliarden Kundenkontakte. Jeder dritte Europäer kauft bei uns ein. Für uns geht es jetzt darum, wie wir es schaffen, diese Kontakte zu nutzen, nicht nur beim Kauf eines Gerätes, sondern auch darüber hinaus. Unser Ziel ist es, Kunden über ihr ganzes Leben zu begleiten. Neben dem reinen Verkauf von Produkten investieren wir stark in weitere Dienstleistungs- und Serviceangebote. Wir bieten Services wie Finanzierungen und Garantieverlängerungen an, wir verkaufen Mobilfunk- und Grünstromverträge, sind massiv ins Reparaturgeschäft eingestiegen und haben dafür auch Ende letzten Jahres einen Aboservice eingeführt. Und wir arbeiten daran, dieses Service- und Leistungsangebot weiter auszubauen.
Wenn sich MediaMarktSaturn stärker auf das Digitalgeschäft fokussiert, leidet dann die Beratungsqualität in den Filialen?
Der Kunde entscheidet über den Kanal. Die Beratungsleistung müssen wir überall darstellen – online und in den Märkten.
Was bedeuten die Veränderungen in Ihrem Unternehmen für die Mitarbeiterzahlen?
Perspektivisch wollen wir wachsen. Ich sehe mehr Märkte als heute, die aber unterschiedlich groß sein können. Das bedeutet, dass es auch Märkte mit weniger Mitarbeitenden geben kann. Wenn ich aber auf unseren Logistikbereich schaue oder auch auf den Digitalbereich, dann sehe ich da wiederum mehr Menschen. Ich denke, wir sind ein attraktiver Arbeitgeber mit Wachstumschancen. Aber auch wir müssen als Unternehmen den Veränderungsprozess schaffen: Erneuerung, Wachstum, Optimierung.
Im Einzelhandel finden derzeit wieder Tarifgespräche statt. Ist MediaMarktSaturn bereit, seinen Mitarbeitern mehr Geld zu bezahlen?
In Deutschland herrscht Tarifautonomie, das heißt, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften vereinbaren den Tarifabschluss. MediaMarktSaturn steht als Unternehmen für zukunftssichere Arbeitsplätze. Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber und das liegt natürlich auch daran, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen entlohnen und eine attraktive Entwicklungsperspektive bieten. Es muss sichergestellt sein, dass die Mitarbeitenden in schwierigen Zeiten wie diesen einen entsprechenden Lohnausgleich erhalten. Am Ende muss aber die Balance stimmen.
Deutschland hat zuletzt gelernt, Energie zu sparen. Wie hat sich das auf Ihre Verkäufe ausgewirkt?
Das ist für unsere Kunden ein sehr wichtiges Thema. Bei energiesparenden Geräten hatten wir im letzten Jahr ein Wachstum von über 600 Prozent. Insgesamt hat das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten – vom Energieverbrauch über Strom- und Wassersparen bis hin zum Reparieren und Recyclen – an Bedeutung gewonnen.
Wie einfach ist es denn, zum Beispiel einen Kühlschrank zu reparieren?
Das hängt von der Art des Fehlers ab. Aber wir haben in ganz Europa im letzten Jahr dreieinhalb Millionen Großgeräte repariert. Und auch die Hersteller tun sehr viel dafür, um Geräte langlebiger und reparaturfähiger zu machen.
Sind die Produkte denn tatsächlich darauf ausgerichtet, lange zu leben? Denn Hersteller verdienen doch eigentlich nur bei Neukauf.
Wir könnten bei vielen Produkten eine längere Garantie geben, weil sie grundsätzlich gut gebaut sind. Aber klar: Geräte können auch einmal kaputt gehen. Das gehört zum Kreislauf dazu. Ich glaube aber, dass in der Industrie ein Umdenken stattgefunden hat: Die Geräte sollen länger halten und besser repariert werden können. Noch ein Punkt zur Lebensdauer: Wir sind ein attraktiver Partner für die Hersteller, die mit MediaMarktSaturn den Kundenkontakt über den gesamten Lebenszyklus eines Gerätes sicherstellen können. Das heißt, Hersteller haben schon deshalb ein hohes Eigeninteresse an längerlebigen Geräten.
Wie würden Sie zu einer Art Abwrackprämie für Elektrogeräte stehen?
Dem könnte ich eine Menge abgewinnen. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit und dem Vorhaben, Klimaziele zu erreichen, wäre das ein guter Schritt, Energie zu sparen – und das würde viel bringen.
- Schimmelgefahr:Hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung – Das können Sie tun
- Gegen Flecken und Gerüche:So verwenden Sie Mehl als Allzweckwaffe im Haushalt
- Giftpflanze:Wann Sie auf Petersilie beim Kochen besser verzichten sollten
- Kosten senken:Spül- und Waschmaschinen – Dieses Programm spart am meisten Energie