Essen/Düsseldorf. Deutschlands führende Branchenkonzerne Eon und RWE sorgen sich um ihre bislang traumhaften Renditen – und reagieren darauf mit milliardenschweren Sparpaketen. Das trifft auch die Mitarbeiter. Verdi befürchtet den Abbau von weltweit insgesamt 9000 Arbeitsplätzen bei Eon.

Zum Ärger der Verbraucher, zur Freude der Aktionäre: Aus der Stromproduktion haben die deutschen Energieriesen stets Milliardengewinne schöpfen können. Doch Wettbewerbshüter machen gegen die hohen Energiepreise Front, und der Ausstoß von Kohlendioxid durch die Kraftwerke kommt teuer. Deshalb sehen sich die Versorger unter Druck, sie fürchten um ihre bislang traumhaften Renditen. Die beiden führenden deutschen Energiekonzerne Eon und RWE reagieren mit Sparprogrammen: Um 1,5 Milliarden Euro will Eon die Kosten bis zum Jahr 2011 drücken, RWE peilt Einsparungen von 1,2 Milliarden Euro bis 2012 an. Die Belegschaften bekommen den Zwang zu mehr Effizienz und neuen Strukturen mit teils massiven Umwälzungen zu spüren.

Doppelfunktionen im Visier

In der Essener RWE-Zentrale heißt es, man wolle das laufende Effizienzprogramm ohne Stellenabbau über die Bühne bekommen, ein Beschäftigungspakt schließe betriebsbedingte Kündigungen bis 2012 aus. Dagegen könnten die Auswirkungen beim Düsseldorfer Eon-Konzern deutlich drastischer ausfallen: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi befürchtet den Abbau von weltweit insgesamt 9000 Arbeitsplätzen. Durch das Sparprogramm „Perform to win” könnten in Deutschland und Europa demnach bis zu 6000 Stellen wegfallen, weitere 3000 seien durch Ausgliederungen und Unternehmensverkäufe bedroht.

Die Stromriesen drücken gleich mehrere Sorgen, wie Energie-Analysten deutlich machen: So hätten sie es mit schärferen Eingriffen der Wettbewerbshüter auf Europa- und Bundesebene zu tun, erläutert Sascha Bluhm von der Düsseldorfer WGZ Bank. Zum Beispiel wurden die Entgelte gekürzt, die Versorger für die Durchleitung von Energie der Konkurrenten durch ihre Netze verlangen können. Hinzu kämen höhere Belastungen für sogenannte CO2-Zertifikate. RWE etwa beziffert für 2008 den Mehraufwand durch den Emmissionshandel auf eine Milliarde Euro, mit einer weiteren Milliarde hätten die Netzentgelt-Kürzungen durch die Bundesnetzagentur und die höheren Kosten für Brennstoffe zu Buche geschlagen.

Laut Ulrich Huwald von M.M. Warburg trifft aktuell die Rezession auch die Stromproduzenten, weil die Nachfrage aus der Industrie sinkt. Zudem stünden Milliardeninvestitionen in Kraftwerke und Netze an. Außerdem, so Bluhm, hätten die Konzerne ihre Aktionäre an hohe Dividenden gewöhnt.

Um Bürokratie abzubauen und die Produktivität zu steigern, haben Eon und RWE Doppel- und Mehrfachfunktionen im Firmengeflecht ins Visier genommen. Bei der RWE AG, die im vergangenen Jahr mit einem betrieblichen Ergebnis von 6,8 Milliarden Euro einen Rekord einfuhr, läuft zudem ein grundlegender Konzernumbau. RWE-Chef Jürgen Großmann schafft im Kern die Zwischenholding RWE Energy komplett ab und legt die Vertriebs- und die Netzgeschäfte der Regionalversorger RWE Rhein-Ruhr und RWE Westfalen-Weser-Ems zusammen. „Wir verkaufen ein relativ simples Produkt mit einer komplizierten Struktur”, hatte Großmann schon bei seinem Amtsantritt erklärt.

Zwar sorgte der Umbau auch bei RWE für Unruhe. Doch der Widerstand, mit dem Großmann es zu tun hatte, war vergleichsweise gering gegenüber dem, was Eon-Chef Wulf Bernotat erwartet: Zur heutigen Protestkundgebung vor der Düsseldorfer Konzernzentrale will Verdi mehr als 4000 Beschäftigte mobil machen. Angesichts eines jüngsten Konzernergebnisses (Ebit) von 9,9 Milliarden Euro und einer Dividendenerhöhung für Aktionäre von fast zehn Prozent sei die Sparpolitik völlig unverständlich, kritisiert Verdi. „Perform to win” sei ein Arbeitsplatz-Abbauprogramm zur Sicherung der Renditen für die Anteilseigner.

Einschnitte in Zentralen

Das Versprechen des Konzerns, Entlassungen möglichst vermeiden zu wollen, genügt der Gewerkschaft nicht. Sven Bergelin, Verdi-Bundesvorstand und Eon-Aufsichtsrat, fordert einen vorbehaltlosen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.

Die Streichung von Mehrfachfunktionen könnte die Zentralen in Düsseldorf (Eon AG), Essen (Eon Ruhrgas) und München (Eon Energie) mit ihren klassischen Verwaltungstätigkeiten hart treffen. „Aus politischen Gründen” hätten diese Standorte bislang nicht zur Disposition gestanden, so Bergelin. „Die Zentralen müssen möglicherweise mit deutlichen Einschnitten rechnen.” Pikant dabei: In Essen baut Eon Ruhrgas derzeit für 200 Millionen Euro einen neuen Komplex für rund 2000 Mitarbeiter.