Essen. Am Dienstag entscheiden die Gläubiger über die Zukunft der Warenhauskette. Davor gibt es Störsignale, Appelle und Dunkles aus der Vergangenheit.

In der Messe Essen entscheidet sich am Dienstag, 28. Mai, einmal mehr das Schicksal des einzig verbliebenen deutschen Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof. Die Gläubiger sollen über den Sanierungsplan von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus abstimmen. Er sieht den Verkauf des Unternehmens vor, den Abbau von 1400 Stellen, die Schließung von 16 Filialen und die Verlagerung der Unternehmenszentrale von Essen nach Düsseldorf.

„Ich empfehle den Gläubigern, den Plan anzunehmen“, sagte Denkhaus unserer Redaktion, und warnt vor den Folgen einer Ablehnung: „Die Alternative wäre die Zerschlagung des Unternehmens.“ Der Insolvenzplan sorge für die höhere Insolvenzquote, versichert er. Was bedeutet: Die Gläubiger sollen sich mit einem sehr kleinen Teil ihrer Forderungen zufriedengeben, weil bei einer Zerschlagung noch weniger für sie übrig bliebe. Denkhaus appelliert auch daran, an die Zukunft der Innenstädte zu denken, für die das Warenhaus nach wie vor eine „Anker-Funktion“ habe.

Gläubiger sollen zum dritten Mal auf ihr Großteil ihres Geldes verzichten

Zum dritten Mal in nur vier Jahren müssen die Gläubiger auf viel Geld verzichten, um Galeria zu retten. Das aktuell laufende Insolvenzverfahren war nötig geworden, weil Gesellschaften der bisherigen Eigentümerin, der Signa-Gruppe des österreichischen Geschäftsmanns René Benko, selbst Insolvenz anmelden mussten.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa haben Gläubiger, darunter Beschäftigte, Vermieter, Lieferanten und die Bundesrepublik Deutschland Forderungen in Höhe von 887,1 Millionen Euro angemeldet. Zum Vergleich: Am Ende des zweiten Insolvenzverfahrens im Sommer 2023 blieben Gläubiger auf rund 1,3 Milliarden Euro sitzen, im ersten waren es noch mehr als zwei Milliarden Euro.

Während das dritte Insolvenzverfahren bereits in seine Endphase geht, drohen noch die Schatten aus dem zweiten Verfahren 2022/2023 das Unternehmen einzuholen. Die Bochumer Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption geht nach wie vor anonymen Untreue-Vorwürfen „gegen Verantwortliche einer Warenhauskette“ nach, wie die Behörde mitteilt. Namen nennt sie nicht und beantwortet auch nicht unsere Frage, ob gegen ehemalige oder aktuelle Manager ermittelt wird.

Welche Rolle spielten Galeria-Manager bei hohen Signa-Mieten?

Über die Vorermittlungen hat unsere Redaktion bereits im März berichtet. Einen neuen Sachverhalt gebe es aktuell nicht, erklärte die Staatsanwaltschaft. Weitere Details nannte und nennt sie nach wie vor nicht. Derweil berichtet das Branchenmagazin „Lebensmittelzeitung“ (LZ) unter Berufung auf einschlägige Dokumente, bei den Vorermittlungen gehe es um fragwürdige Mietverträge für Immobilien, die dem bisherigen Galeria-Eigner Signa gehören. Es werde untersucht, ob die für Galeria verantwortlichen Manager während des Insolvenzverfahrens 2023 gegen ihre Pflichten als Geschäftsführer verstoßen haben, „indem sie für den Warenhauskonzern nachteilige Konditionen abgenickt haben“, so die LZ. Die Höhe der Mieten in Signa-Gebäuden hätten bis zu 30 Prozent des jeweiligen Warenhaus-Umsatzes betragen. Marktüblich seien sieben bis zwölf Prozent.

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Arndt Geiwitz, der Galeria als Generalbevollmächtigter durch das erste und zweite Insolvenzverfahren geführt und Mietverhandlungen verantwortet hatte, erklärt dazu auf Anfrage unserer Redaktion: Sämtliche Vorgänge seien „mehrfach rechtlich geprüft und abgesichert“ worden. Es sei zudem „nicht unüblich“, dass bei Insolvenzen anonyme Anzeigen eingingen und die Staatsanwaltschaft daraufhin aktiv werden müsse. Jurist Geiwitz verweist zudem darauf, dass in den meisten Fällen die Verfahren eingestellt würden.

Insolvenzverwalter: Mieten machen Filialen in Signa-Immobilien unrentabel

Dennoch gelten die nach wie vor marktunüblich hohen Mieten für jene Häuser, die Signa gehören, als entscheidender Grund für die dritte Insolvenz. Der amtierende Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus wurde in den vergangenen Monaten nicht müde zu betonen, dass die unrentablen Galeria-Filialen vor allem wegen der jeweils zu hohen Mieten kein Geld verdienten. Und dass es sich dabei überwiegend um Filialen in den verbliebenen 18 Signa-Immobilien handelt.

Unabhängig von den staatsanwaltschaftlichen Vorermittlungen zum Thema Mieten soll es laut „Lebensmittelzeitung“ weitere Hinweise darauf geben, dass Galeria-Manager das Wohl des Eigentümers Signa über das des eigenen Unternehmens gestellt haben. So soll Galeria Ende 2021 die Ausgaben im Rahmen von Dienstleistungsverträgen mit der Signa-Tochter Laya im Vergleich zum bisherigen Anbieter verdoppelt haben - während das Unternehmen schon wieder den Staat um Hilfe bat. Zudem sei Laya die Mitinhaberschaft an Kundendaten überschrieben worden, für deren Nutzung Galeria fortan Gebühren an Laya habe zahlen müssen, schreibt die LZ. Galeria wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Die Loslösung von Signa und Benko war dem Insolvenzverwalter das Wichtigste

Sich von Signa zu lösen, war von Anfang an das erklärte Ziel dieses dritten Insolvenzverfahrens. Wenn Denkhaus am Dienstag grünes Licht bekommt, will er Galeria bis Ende Juni an die neuen Eigentümer übergeben. Die Namen Karstadt und Kaufhof sollen dann gestrichen werden. In einem Bieterverfahren hatte sich im April ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC des früheren Kaufhof-Eigners Richard Baker und der Beteiligungsfirma BB Kapital SA des Mannheimer Unternehmers Bernd Beetz durchgesetzt. Beide wollen bis zu 100 Millionen Euro in die Warenhauskette investieren.

Die Krise von Galeria trifft vor allem die traditionsreiche Karstadt-Stadt Essen. Sie verliert nicht nur das Warenlager, sondern auch das Warenhaus im innerstädtischen Einkaufszentrum Limbecker Platz und die Hauptverwaltung mit zuletzt rund 1000 Arbeitsplätzen. Der Insolvenzplan sieht vor, dass in der Zentrale 400 Beschäftigte die Kündigung erhalten sollen. Mit 570 Mitarbeitenden will das Unternehmen Anfang kommenden Jahres nach Düsseldorf umziehen.

Verdi fordert mehr Investitionen in Personal und Galeria-Filialen

„Mit dem heftigen Einschnitt in der Essener Firmenzentrale stellt sich die Frage, ob und wie die verbliebene Mannschaft die erforderlichen Aufgaben noch leisten kann“, sagte Verdi-Galeria-Experte Marcel Schäuble unserer Redaktion. Und forderte: „Der Neustart von Galeria kann nur gelingen, wenn es Investitionen ins Personal, in die Filialen und ins IT-System gibt. Es ist notwendig, dass die neuen Galeria-Eigentümer Geld ins Unternehmen stecken. Noch ist aber zu wenig zu erkennen, dass dies auch der Fall sein wird.“

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