Essen. Bericht: Verdacht der Untreue im zweiten Insolvenzverfahren vor einem Jahr. Im aktuellen läuft die Frist für Kaufangebote kommende Woche ab.

Mitten in der entscheidenden Phase des aktuellen Insolvenzverfahrens sorgen Ermittlungen gegen Galeria-Manager für neue Unruhe im Warenhauskonzern. Die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Bochum ermittle „seit Ende Februar gegen Verantwortliche des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof und zwei weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue und weiterer Delikte“, berichtet der WDR. Laut Staatsanwaltschaft stünden die Ermittlungen im Zusammenhang mit der zweiten Insolvenz des Warenhauskonzerns Ende 2022/Anfang 2023.

Die Staatsanwaltschaft Bochum war am Samstag zunächst nicht erreichbar. Auch vom Unternehmen gibt es bisher keine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft wolle keine näheren Angaben machen, berichtet der WDR, die Ermittlungen stünden erst am Anfang. Im zweiten Insolvenzverfahren von Galeria, das der Konzern im Mai 2023 hinter sich lassen konnte, war der Staat der größte Gläubiger der Essener Warenhauskette, insgesamt 680 Millionen Euro hatte er Galeria geliehen und nur einen Bruchteil zurückerhalten.

Suche nach neuem Eigentümer geht in die entscheidende Phase

Das Anfang Januar angemeldete neuerliche Insolvenzverfahren befindet sich noch in seiner vorläufigen Phase, geht gleichwohl bereits auf die Zielgerade. Denn beim beabsichtigten Verkauf von Galeria Karstadt Kaufhof an einen neuen Eigentümer könnte sehr bald die Entscheidung fallen. Die letzte Woche, in der Interessenten verbindliche Kaufangebote abgeben können, läuft: Stichtag ist der 22. März. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) will wissen, dass nur noch vier potenzielle Investoren im Rennen sind. „Es handelt sich um Spekulationen“, sagte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus unserer Redaktion dazu.

Dass laut SZ keiner der verbliebenen Bieter alle noch bestehenden 92 Filialen übernehmen wolle und somit erneut Schließungen und Stellenabbau zu erwarten seien, dürfte freilich keinen der noch rund 15.000 Beschäftigten wundern. Denn das hatten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Galeria-Chef Olivier van den Bossche in den vergangenen Wochen bereits klar erkennen lassen.

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Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus (rechts) und Galeria-Chef Olivier Van den Bossche im Doppel-Interview mit unserer Redaktion in der Essener Galeria-Zentrale.

Foto: Andreas Buck / FUNKE Foto Services
Von Hanna-Lotte Mikuteit, Ulf Meinke und Stefan Schulte

Wegen zu hoher Mieten seien aktuell 16 Häuser unrentabel, hatte van den Bossche im Interview mit unserer Redaktion gesagt. Operativ seien alle 92 Filialen im Plus, mehr als 60 auch unterm Strich. Bleiben rund 15 Häuser, die sich am Rande einer schwarzen Null bewegen. Die Zahl von 60 nannte der belgische Galeria-Chef auch als Mindestgröße für den Erhalt der Kaufhauskette, weil nur so die erforderliche Verhandlungsmacht im Einkauf und die Größe für die Produktion der Eigenmarken erhalten bleibe.

Galeria-Brief an Mitarbeiter: Müssen mit Filialschließungen rechnen

Den Beschäftigten hatten Denkhaus und van den Bossche auch in einem Mitarbeiterbrief unmissverständlich mitgeteilt, dass dieses dritte Insolvenzverfahren binnen vier Jahren erneut Einschnitte mit sich bringen werde. Sämtliche Mietverträge stünden auf dem Prüfstand. Und: „Abhängig von den Verhandlungen mit den Vermietern müssen wir auch in diesem Insolvenzverfahren mit Filialschließungen rechnen“, heißt es in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt. Auch die angekündigten Stellenstreichungen in der Essener Unternehmenszentrale werden darin genannt.

Galeria sieht in diesem Insolvenzverfahren die Chance auf einen echten Neustart, nachdem die vergangenen beiden Insolvenzverfahren nichts an den strukturellen Problemen geändert haben. Insbesondere die hohen Mieten in den knapp 20 Häusern, die dem insolventen Mutterkonzern Signa gehören, waren nach wie vor nicht zu erwirtschaften. Und die von Signa zugesagte Gegenleistung von 200 Millionen Euro an Investitionen blieb schlicht aus.

Insolvenzverwalter will Galeria Karstadt Kaufhof als Ganzes verkaufen

Für einen neuen Eigentümer versuchen Denkhaus und van den Bossche seit Januar, das Unternehmen hübsch zu machen. Dafür sprechen sie insbesondere mit allen Vermietern, um die Kosten zu senken. Gleichzeitig verhandeln sie parallel mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Der Plan ist, Galeria „als Ganzes und profitables Unternehmen“ verkaufen zu können.

Die Zeit drängt auch deshalb, weil im April das reguläre Insolvenzverfahren starten würde und so oder so auch die Gehälter wieder gezahlt werden müssen, die in den ersten drei Monaten nach Insolvenzanmeldung die Arbeitsagenturen übernehmen. „Das bedeutet, dass wir aktuell bis Ende März 2024 sowohl einen neuen Investor finden als auch die Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen abschließen müssen“, heißt es in dem Mitarbeiterbrief.

Laut SZ gilt Droege als Favorit für Galeria-Übernahme

Die Beschäftigten warten sehr gespannt darauf, wem sie nach dem Desaster unter Signa und deren Eigentümer René Benko künftig gehören werden. Die SZ handelt den Düsseldorfer Finanzinvestor Droege als aktuellen Favoriten. Eine Unternehmenssprecherin erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, „dass wir Marktgerüchte und Spekulationen grundsätzlich nicht kommentieren“.

Ebenfalls noch im Rennen seien der US-amerikanische Parfüm- und Kosmetik-Konzern Coty und der französische Kaufhauskonzerns Galeries Lafayette. „Da sich der Bieterprozess auf der Zielgeraden befindet – verbindliche Angebote sind zum 22. März erbeten – können wir in dieser Phase keine Angaben zum Bieterprozess machen“, erklärt dazu der Sprecher des Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus.

Arbeitnehmerseite beäugt Finanzinvestor Droege mit Skepsis

Der erfahrene Sanierer und Insolvenzexperte mit Büros in Hamburg und Essen hat aber bisher stets betont, Galeria nur als Ganzes verkaufen zu wollen. Das ist von nicht geringer Bedeutung, wenn etwa über Droege diskutiert wird. Denn die Düsseldorfer haben in Arbeitnehmerkreisen keinen guten Ruf, weil sie Droeges Übernahme des Weltbild-Verlags vor zehn Jahren samt anschließendem Kahlschlag in schlechter Erinnerung haben.