Duisburg. Der Stahlriese Arcelor-Mittal will den Standort Duisburg mit 1000 Arbeitsplätzen umbauen, fordert dafür aber staatliche Unterstützung.

Arcelor-Mittal, einer der weltweit größten Stahlkonzerne, will seinen Duisburger Standort mit rund 1000 Beschäftigten umbauen und damit eine klimafreundliche Produktion in dem ehemaligen Thyssen-Werk ermöglichen. Die Voraussetzung für millionenschwere Investitionen des globalen Stahlriesen ist allerdings finanzielle Unterstützung des deutschen Staates in beträchtlichem Umfang. „Wir sind schon sehr weit bei unseren Vorbereitungen, um eine klimaneutrale Stahlproduktion aufzubauen. Aber bislang haben wir noch keine Zusage der Bundesregierung für die Fördergelder, die wir dringend benötigen“, sagt Cem Kurutas, der Standortchef von Arcelor-Mittal in Duisburg, im Gespräch mit unserer Redaktion. Er hoffe, dass es bald Klarheit gebe. „Die Zeit drängt“, betont Kurutas.

Bislang bekommt Arcelor-Mittal das Roheisen, das in den Stahlwerken in Duisburg-Ruhrort verarbeitet wird, aus den benachbarten Hochöfen von Thyssenkrupp. Diese Verbindung wird aufgelöst. Ende 2027 läuft der Vertrag aus.

Das Ziel ist, das Roheisen aus den Duisburger Hochöfen zu ersetzen, indem Arcelor-Mittal in dem Ruhrgebietswerk künftig Eisenschwamm vom konzerneigenen Standort in Hamburg einsetzt. Das Material soll in Hamburg in einer Direktreduktionsanlage hergestellt werden – in Zukunft mit Wasserstoff und grünem Strom aus Windkraftanlagen. Der Eisenschwamm soll per Bahn mit Spezialzügen von Hamburg nach Duisburg transportiert werden.

Das einstige Thyssen-Werk in Duisburg-Ruhrort gehört seit 1997 zu Arcelor-Mittal.
Das einstige Thyssen-Werk in Duisburg-Ruhrort gehört seit 1997 zu Arcelor-Mittal. © FUNKE Foto Services | kk

Bei dem Direktreduktionsverfahren wird dem natürlich vorkommenden Eisenerz mit Hilfe von Wasserstoff der Sauerstoff entzogen. Dabei entstehen Wasser und Eisen. Eisen bildet das wichtigste Element bei der Stahlherstellung. Die Kohle spielt – anders als bei der konventionellen Herstellung – bei der Grünstahl-Produktion keine Rolle mehr. Emissionen des Klimagases Kohlendioxid (CO2) werden vermieden.

In Duisburg will Arcelor-Mittal im Stadtteil Ruhrort einen neuen Elektrolichtbogenofen bauen, um das Material aus Hamburg einzuschmelzen und zu verarbeiten. „Uns läuft die Zeit davon. Die Bauzeit für einen Elektroofen liegt bei etwa drei Jahren. Daher ist es wichtig, dass wir mit unserem Projekt möglichst schnell starten können“, sagt der Duisburger Standortchef Kurutas.

Thyssenkrupp-Chef: Vertrag von Arcelor-Mittal noch nicht gekündigt

Bei der Hauptversammlung von Thyssenkrupp (2. Februar) erklärt Konzernchef Miguel López auf Nachfrage, es gebe derzeit einen Roheisen-Liefervertrag mit Arcelor-Mittal in Duisburg. Dieser Vertrag sei von Arcelor-Mittal bislang nicht gekündigt worden, so López. „Sollten sich diese Gegebenheiten ändern, wird sich Thyssenkrupp Steel Europe auf eben diese flexibel anpassen.“

„In dem Umbau, den wir vorhaben, steckt eine große Chance für Duisburg“, betont der Manager. Arcelor-Mittal sei in der Lage, das Werk innerhalb weniger Jahre umzubauen, um dort rund eine Million Tonnen CO2-armen und später auch nahezu CO2-freien Stahl produzieren zu können. „Wenn wir das Klima schützen wollen, kann es nicht das Ziel sein, die Hochöfen noch ewig weiterlaufen zu lassen“, gibt Kurutas zu bedenken.

Arcelor-Mittal rechnet mit einem Investitionsvolumen von knapp 300 Millionen Euro für das Vorhaben in Duisburg. „Als Unternehmen allein können wir den Bau der neuen Anlagen nicht finanzieren“, sagt Kurutas. „Ohne staatliche Fördermittel wäre der Standort auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Die NRW-Landesregierung unterstütze die Pläne. Landeswirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) wirke daran mit, dass der „Förderantrag für unser Projekt nun vorankommt“, so Kurutas.

Cem Kurutas (44) ist seit wenigen Monaten neuer Standortchef bei Arcelor-Mittal in Duisburg. 
Cem Kurutas (44) ist seit wenigen Monaten neuer Standortchef bei Arcelor-Mittal in Duisburg.  © FUNKE Foto Services | kk

„Wir müssen unsere Produktion verändern. Wenn wir das nicht tun, verlieren wir perspektivisch unsere Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland“, sagt der Manager von Arcelor-Mittal. „Der Preis für den Ausstoß von CO2 geht weiter in die Höhe. Damit hat die Produktion von klimaschädlichem Stahl keine Zukunft mehr in Deutschland.“ Mit dem Werk in Duisburg stehe Arcelor-Mittal am Anfang einer langen Wertschöpfungskette. „Die heimische Stahlproduktion hat damit eine wichtige Funktion – und Steuergeld, das fließt, ist hier gut angelegt.“ Er sei in Duisburg aufgewachsen und wisse, „wie wichtig die Stahlindustrie für die Stadt ist“.

Arcelor-Mittal hofft auf Förderung von Bund und Land

Als denkbar gilt, dass die finanzielle Unterstützung des Staates etwa die Hälfte der Investitionskosten von Arcelor-Mittal abdecken wird. Die Aufteilung der Förderung könnte zu 70 Prozent beim Bund und zu 30 Prozent beim Land liegen.

Die Fördergelder, die sich Arcelor-Mittal erhofft, sollen dem Bau eines Elektrolichtbogenofens dienen, außerdem dem Bau logistischer Anlagen und einer Verladestation auf dem Werksgelände. Eine bestehende Stranggießanlage und Walzwerke in Duisburg könnte Arcelor-Mittal nach eigener Darstellung bei diesem Konzept ohne größere Anpassung auch in Zukunft betreiben.

Im vorvergangenen Jahr erzielte Arcelor-Mittal eigenen Angaben zufolge mit dem Duisburger Werk rund eine Milliarde Euro Umsatz.
Im vorvergangenen Jahr erzielte Arcelor-Mittal eigenen Angaben zufolge mit dem Duisburger Werk rund eine Milliarde Euro Umsatz. © FUNKE Foto Services | kk

Das Unternehmen hofft nicht nur auf Unterstützung bei den Baukosten, sondern auch auf eine längerfristige Förderung bei den Produktionskosten. Das Argument: CO2-neutraler Stahl wird deutlich teurer sein als herkömmlich produzierter Stahl. Arcelor-Mittal liefert den Stahl aus Duisburg – Draht und Schmiedestücke – vor allem an Kunden aus der Autoindustrie und steht hier im internationalen Wettbewerb.

Cem Kurutas seit wenigen Monaten Standortchef von Arcelor-Mittal in Duisburg

Global hat sich Arcelor-Mittal als Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 in Europa 35 Prozent und weltweit 25 Prozent der CO2-Mengen zu reduzieren. Bis 2050 will Arcelor-Mittal in Europa komplett CO2-neutral produzieren.

Cem Kurutas ist seit wenigen Monaten neuer Standortchef in Duisburg. Er hat Paul Tetteroo abgelöst, der nach neun Jahren an der Spitze des Duisburger Werks eine neue Aufgabe bei Arcelor-Mittal in Luxemburg übernommen hat. Vor seinem Wechsel nach Duisburg war Kurutas war in führender Position beim Stahlkonzern Outokumpu in Krefeld tätig.

Standortchef Cem Kurutas in Duisburg: Vor seinem Wechsel zu Arcelor-Mittal war Kurutas war in führender Position beim Stahlkonzern Outokumpu in Krefeld tätig.
Standortchef Cem Kurutas in Duisburg: Vor seinem Wechsel zu Arcelor-Mittal war Kurutas war in führender Position beim Stahlkonzern Outokumpu in Krefeld tätig. © FUNKE Foto Services | kk

Mit einem Produktionsvolumen von rund acht Millionen Tonnen Rohstahl ist Arcelor-Mittal eigenen Angaben zufolge einer der größten Stahlhersteller Deutschlands. Das Unternehmen betreibt vier große Produktionsstandorte in Deutschland. Dazu gehören zwei Flachstahlwerke in Bremen und Eisenhüttenstadt sowie zwei Langstahlwerke in Hamburg und Duisburg. Insgesamt beschäftigt Arcelor-Mittal in Deutschland rund 9100 Angestellte, davon etwa 1000 am Standort Duisburg. Im vorvergangenen Jahr erzielte Arcelor-Mittal eigenen Angaben zufolge mit dem Duisburger Werk rund eine Milliarde Euro Umsatz.