Essen. Verkehrsbetriebe von Duisburg bis Dortmund begrüßen, dass es bei 49 Euro bleibt, befürchten aber Verluste. Verband sieht Riesen-Lücke.
Das Deutschlandticket bleibt ein 49-Euro-Ticket - diesen Beschluss der Landesverkehrsminister vom Montag finden auch die örtlichen Verkehrsbetriebe im Ruhrgebiet gut. Nur: Sie fordern umso mehr eine Gegenfinanzierung ihrer Mehrkosten durch Bund und Land. Dass die bisherigen Zuschüsse von bundesweit drei Milliarden Euro 2024 nicht reichen, mahnen sie seit Monaten an, weil die Kosten, etwa für die Bus- und Bahnfahrer, weiter steigen. Was die Verkehrsbetriebe und ihre Stadtwerke nicht wollen: Auf den Kosten sitzen bleiben und immer größere Löcher in die städtischen Haushalte reißen.
So unterstützen auch die Duisburger Verkehrsbetriebe (DVG) „alle Maßnahmen, die mehr Menschen in Bus und Bahn bringen und damit die Nutzung des ÖPNV stärken“, heißt es auf Anfrage, „das Deutschlandticket ist bei ausreichender Finanzierung eine große Chance, den Menschen eine günstige Alternative zum Auto aufzuzeigen“. Jedoch nicht ohne dieses Aber: „Klar ist aber auch, dass derart stark vergünstigte Tickets keine auskömmliche Refinanzierung des Verkehrsangebotes sicherstellen können“, betont die DVG. „Bei jeder Form von vergünstigten Tickets muss also die Frage der Finanzierung des Gesamtsystems ÖPNV besonders bedacht werden.“
Und genau das fehlt den ÖPNV-Betrieben vor Ort bisher: Der Verband der Verkehrsunternehmen (VdV) sieht bundesweit eine „mögliche Finanzierungslücke von bis zu einer Milliarde Euro“ in diesem Jahr. Es gebe bisher keine Zusage, dass Einnahmeverluste, auch wenn sie über die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Mittel hinausgehen, vollständig ausgeglichen werden. Die Länder haben den Bund zwar aufgefordert, die Restmittel aus dem vergangenen Jahr ins neue zu übertragen. Das sei aber keine Garantie, betont der Verband.
Dass die Länder ihre Zusage nun untermauern müssten, fordert auch Ulrich Jaeger, Verkehrsvorstand der Dortmunder Stadtwerke (DSW21): „Denn die Verkehrsunternehmen können dieses Risiko definitiv nicht tragen“, sagte er unserer Redaktion. Trotzdem betont er, wie wichtig der stabile Preis sei: „Keine zwölf Monate nach der Einführung wieder an der Preisschraube zu drehen, wäre ein falsches Signal gewesen“, so Jaeger.
„Wer das Deutschland-Ticket dauerhaft will, muss wirtschaftliche Planungssicherheit und ein Ende der Unsicherheiten über die Zukunft des Tickets sicherstellen“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Viele Verkehrsbetriebe, vor allem in finanzschwächeren Kommunen wie denen im Ruhrgebiet, gerieten schließlich schon mit dem von der EU geforderten Umstieg von Diesel- auf Elektroantriebe finanziell an ihre Grenzen, ergänzt ein VDV-Sprecher.
Außerdem werde derzeit nur über das Ticket gesprochen und nicht darüber, wie die Ausweitung des Angebots finanziert werden solle. „Je erfolgreicher das Deutschlandticket ist, desto mehr neue Busse und Bahnen müssten die Verkehrsunternehmen anschaffen. Wer das und das dafür benötigte zusätzliche Personal bezahlt, ist ebenfalls völlig unklar“, sagte der Verbandssprecher.
In exakt diese Kerbe hatte auch Dortmunds Stadtwerke-Chefin Heike Heim unlängst in unserem Podcast „Die Wirtschaftsreporter“geschlagen. Und Zahlen genannt: „Ein Elektrobus kostet 750.000 Euro. Und da haben Sie noch nicht die Ladeinfrastruktur dabei“, sagte sie. Aufgrund der begrenzten Reichweite der Akkus seien zudem mehr Busse erforderlich. „Größere Anzahl von Fahrzeugen heißt auch wieder mehr Fahrerinnen und Fahrer“, rechnet Heim vor.
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) wertet den Beschluss der Verkehrsministerinnen und -minister der Länder ebenfalls positiv für die rund 1,3 Millionen Deutschlandticket-Bestandskunden im VRR. Doch seine Mitgliedsunternehmen dürften nicht auf den Einnahmeverlusten sitzen bleiben. „Neben den allgemein steigenden Kosten für Personal sind es die Kosten für Energie und die Kosten der Antriebswende, die es zu finanzieren gilt“, so der VRR auf Anfrage. Deshalb bräuchten sie „jetzt schnellstmöglich Klarheit über die Finanzierung und rechtliche Rahmenbedingungen, damit das Ticket auch in das Jahr 2024 fortgeführt werden kann“.