Essen. Feuerwerk in diesem Jahr deutlich teurer. Marktführer Weco erklärt, warum. Das sind die Preisstrategien der Discounter und Supermärkte.
Von Knallerbsen für 1,99 Euro bis zur Feuerwerksbatterie mit 185 Schuss für 39,99 Euro liegen ab kommenden Donnerstag (29. Dezember 2023) Böller und Raketen bei Aldi. Die in Deutschland dominierenden Weco-Produkte vom Marktführer aus Eitorf bei Bonn werden für dieses Silvester teils deutlich teurer, man habe seine Preise für die meisten Produkte um bis zu 30 Prozent anheben müssen, in Einzelfällen auch noch mehr, sagte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage unserer Redaktion. Ob und wie sehr sich das im Einzelnen in den Verbraucherpreisen widerspiegelt, ist aber Sache der Einzelhändler. Und deren Prospekte lassen unterschiedliche Strategien erkennen.
Weco beliefert mit Aldi, Lidl, Rewe und Kaufland fast den gesamten deutschen Lebensmitteleinzelhandel, über den die meisten Böller und Raketen verkauft werden. Diesmal findet dieser Sonderumsatz an nur drei Verkaufstagen statt, weil Silvester auf einen Sonntag fällt. Auf ihren Onlineseiten haben die Supermarkt- und Discountriesen ihre Prospekte bereits veröffentlicht. Wer die Preise mit denen des Vorjahres vergleicht, erhält völlig uneinheitliches Bild.
Einzelne Artikel bis zu 70 Prozent teurer
Einige Produkte kosten genauso viel wie Silvester 2022, manche sind sogar etwas günstiger geworden. Viele Artikel sind aber um 15 bis 20 Prozent teurer geworden, manche auch deutlich mehr - um bis zu 70 Prozent geht es bei mittelgroßen Batterien rauf. Bei den in den vergangenen Jahren so beliebten Batterien, die eigenständig ein anderthalb- bis zweiminütiges Feuerwerk abbrennen, gehen die Preise bis in den dreistelligen Bereich, bei Kaufland gibt es ein Verbund-Feuerwerk („Berserker“) mit 280 Schuss für 129 Euro.
Vor allem die Discounter Aldi und Lidl, aber auch Kaufland werben mit günstigen Einstiegspreisen für Raketen und kleinere Batterien, verzichten für die Lockangebote auf Gewinnmarge. Das gleichen die Handelsketten mit höheren Zuschlägen bei anderen Feuerwerks-Artikeln aus. Die Preise von Aldi, Lidl und Co. untereinander zu vergleichen, ist für die Kundinnen und Kunden dabei praktisch unmöglich, denn Weco lässt für die großen Ketten exklusive Sortimente fertigen. Selbst ähnliche Pakete und Einzelartikel tragen andere Namen und unterscheiden sich meist auch leicht. Dem Augenschein nach sind aber zum Beispiel die je sechs „Goldrush“-Raketen von Kaufland und die „Gold-Raketen“ von Lidl identisch - hier hat Kaufland mit 8,88 Euro gegenüber 9,99 Euro bei Lidl die Nase vorn.
Der Wunsch der Handelsriesen nach Feuerwerks-Sortimenten, die nicht vergleichbar mit denen der Konkurrenz sind, führt dazu, dass Weco nach eigenen Angaben mehr als 1000 verschiedene Artikel her- und zusammenstellt. Rund ein Viertel produziert Weco noch selbst in Deutschland, etwa im Stammwerk in Eitorf. Der große Rest wird aus China importiert. Die Aufschläge der dortigen Hersteller von 20 bis 30 Prozent seien in diesem Jahr hauptverantwortlich für die Preiserhöhungen, erläutert ein Weco-Sprecher.
Marktführer Weco: Chinesen setzen die Preise
Weil die weltweite Nachfrage größer sei als das Angebot, könnten die Fabriken in Fernost ihre Preise weitgehend selbst setzen, sagt er. Hinzu komme aber auch eine Verdopplung der Rohstoffpreise etwa für Schwarzpulver und Pyrochemikalien, die zum Beispiel dem Feuerwerk die Farben verleihen. Nach wie vor sehr hoch seien zudem die Transportkosten. Ein aus China verschiffter Gefahrgut-Frachtcontainer koste mit 11.000 Euro aktuell immer noch 3000 Euro mehr als vor der Pandemie.
Trotz der jüngsten Debatten über Böllerverbote kann sich Deutschland auf ein krachendes Feuerwerk zum Jahreswechsel einstellen. Die Nachfrage des Handels sei auch in diesem Jahr hoch gewesen, so Weco. Die Jahre 2020 und 2021, in denen das Böllern in Deutschland wegen der Pandemie verboten war, haben dem Unternehmen wie der gesamten Branche schwer zugesetzt. Allerdings hatten die Menschen in Deutschland 2022 offenbar Nachholbedarf, „für uns war es ein Rekordjahr“, sagt der Weco-Sprecher. Für dieses Jahr sieht er im Handel eine „ungebrochen hohe Nachfrage“.
Marktführer Weco sieht Debatten um Böllerverbote gelassen
Die Debatten um Böllerverbote sieht der Marktführer gelassen, die Leute hätten im vergangenen Jahr „mit den Füßen abgestimmt“. Auch in diesem Jahr wird es kein bundesweites Verbot geben, die meisten Städte haben zudem von den viel diskutierten Böllerverbotszonen Abstand genommen. Im Ruhrgebiet haben sich zum Beispiel die Stadtverwaltungen in Duisburg, Essen und Dortmund dagegen entschieden. Hier ging es nicht um Kontaktbeschränkungen oder Umweltaspekte, sondern darum, Krawalle an einigen Feuerwerks-Hotspots, die es an Silvester 2022 gegeben hat, zu verhindern. Dass die Probleme mit Verbotszonen nur verlagert würden, war in den Rathäusern das Hauptargument dagegen.
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In der Bevölkerung und vor allem in einigen Verbänden und Berufszweigen wächst dagegen der Widerstand gegen ungebremstes Böllern vor, an und nach Silvester. In mehreren Umfragen sprach sich eine Mehrheit für ein generelles Feuerwerksverbot aus. In einer Forsa-Umfrage waren 59 Prozent der Befragten für ein Verbot von privatem Feuerwerk an Silvester. 39 Prozent wären aber dafür, angemeldete Feuerwerke von ausgebildeten Pyrotechnikern weiter zu erlauben.
Ärzte, Polizei, Feuerwehr, Umwelt- und Tierschützer für Böllerverbot
Ein breiter werdendes Bündnis aus Umwelt-, Verbraucher- und Tierschützern fordert ein generelles, bundesweites Verbot privater Feuerwerke durch eine Änderung der Sprengstoffverordnung. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat sich dem angeschlossen, weil die Einsatzkräfte durch nicht immer friedliche Massenzusammenkünfte am Jahreswechsel enorm belastet und nicht selten auch gefährdet werden. Angriffe betrunkener Randalierer auf Polizisten und Feuerwehrkräfte begleiten jede Silvesternacht. Auch in diesem Jahr erwartet NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) viele Einsätze, die Polizei sei darauf vorbereitet, kündigte er an.
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Wegen der regelmäßig zahlreichen Verletzungen sind auch der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie mehrere Gesundheitsverbände für ein Böllerverbot. Zum Beispiel die Deutsche Tinnitus-Liga, die nach jedem Jahreswechsel sprunghaft steigende Patientenzahlen verzeichnet. Notärztinnen und -ärzte behandeln jedes Jahr Zehntausende teils schwere Verletzungen bei Kindern und Erwachsenen, die Feuerwehren fahren Extraschichten, der Deutsche Tierschutzbund beklagt Millionen in Panik versetzte Haus- und Wildtiere. Umweltverbände kritisieren Rekordwerte für die Luftschadstoffbelastung, vor allem durch die hohen Feinstaub-Emissionen.
Kaufland wirbt mit Feuerlöschern im Sonderangebot
An die möglichen negativen Folgen ausschweifender Feuerwerke hat auch der Handel gedacht. Kaufland hat zwischen den Jahren ein im Ernstfall praktisches Sonderangebot ins Sortiment aufgenommen: einen Feuerlöscher für 29,90 Euro.