Bochum. Vonovia-Chef Buch sieht eine Eskalation der Wohnungsnot. Sein Konzern werde von Mietanfragen überrannt. Warum Subventionen jetzt nicht reichen.

Die Spannungen auf dem Immobilienmarkt werden immer größer. „Die Wohnungsnot eskaliert. Die Nachfrage war nie größer“, schlägt Vonovia-Chef Rolf Buch Alarm. Der Vorstandsvorsitzende des größten Wohnungskonzerns in Europa fordert von seiner Branche, aber auch von der Politik: „Wir können nicht einfach zuschauen.“

Vonovia mit 490.000 Wohnungen in Deutschland wird von suchenden Menschen offenbar regelrecht überrollt. „Wir müssen vergebene Wohnungen sehr schnell wieder aus dem Angebot herausnehmen, weil wir der Flut von Anfragen kaum Herr werden“, sagt Konzernchef Buch. Vor allem in den Großstädten werde es immer schwieriger, eine Wohnung zu finden. Dort meldeten sich jeweils mehrere Hundert Interessenten für eine freie Wohnung. Aber auch in kleineren Städten wie Gelsenkirchen und in Randbezirken ziehe die Nachfrage spürbar an. Dabei, berichtet der Vonovia-Chef, gebe es unter seinen Mieterinnen und Mietern kaum noch Fluktuation. Die Leerstandsquote von 2,1 Prozent bildeten gerade einmal die Wohnungen ab, die aktuell modernisiert werden.

Vonovia hat 1800 Wohnungen fertiggestellt - 700.000 fehlen in Deutschland

Wie andere Konzerne auch hat Vonovia aufgrund der stark gestiegenen Kreditzinsen und Baukosten das Neubauprogramm stark zusammengestrichen. In den ersten neun Monaten des Jahres hat das Bochumer Unternehmen nach eigenen Angaben immerhin 1800 Wohnungen fertiggestellt. Bei einem akuten Bedarf von 700.000 Wohnungen in Deutschland ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ifo-Institut erwartet, dass im laufenden Jahr rund 245.000 Wohnungen, im nächsten 210.000 Wohnungen und 2025 sogar nur noch rund 175.000 Wohnungen fertiggestellt werden.

Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr wird also verfehlt. Vonovia-Chef Buch meldet Zweifel an der Finanzierung unter den aktuellen Bedingungen an. „400.000 Wohnungen kosten 100 Milliarden Euro pro Jahr“, rechnet er vor. Für die energetische Sanierung kämen noch einmal jährlich 100 bis 120 Milliarden Euro hinzu. Um diese gewaltigen Kosten zu stemmen, müsste der Bund pro Jahr mindestens 60 Milliarden Euro Fördervolumen aufbringen. „Das ist eine Illusion“, erklärt Buch und mahnt: „Der Ruf nach Subventionen reicht nicht.“

Vonovia verkauft Wohnungen: Schulden abbauen und gesunkene Immobilienwerte ausgleichen

Der Vonovia-Chef fordert stattdessen eine Absenkung der sogenannten Staatskosten, die im Wohnungsbau anfallen. Nach Berechnungen des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft sind fast 40 Prozent des Kaufpreises von Wohnhäusern auf direkte staatliche Abgaben und Anforderungen zurückzuführen: Grunderwerbssteuer, Umsatzsteuer, Gebühren und Bauvorschriften. Auch darin sieht Buch Ursachen für die Kostenexplosion. Kostete ein Quadratmeter neue Wohnfläche vor der Krise 3000 Euro, seien es inzwischen 5000 Euro.

Um Schulden abzubauen und die gesunkenen Immobilienwerte in der Bilanz auszugleichen, verkauft Vonovia im großen Stil Wohnungen. Insgesamt erzielte der Marktführer nach eigenen Angaben in diesem Jahr durch Wohnungsverkäufe und den Verkauf von Minderheitsanteilen Erlöse von rund 3,7 Milliarden Euro. Ursprünglich wollte der Dax-Konzern mit den Verkäufen im laufenden Jahr rund zwei Milliarden Euro einnehmen. Vonovia will sich nach jahrelangem Expansionskurs von etwa 66.000 Wohnungen im Gesamtwert von rund 13 Milliarden Euro trennen.

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