Essen. Essener Kaufhauskonzern stellt belgische Tochter ins Fenster. Der Bund verkauft mit. Mehr Personal auf der Fläche soll Adventsgeschäft ankurbeln.
Der Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof sieht sich im Aufwind. „Heute ist nur noch eine Handvoll Häuser nicht profitabel“, schreiben Konzernchef Olivier van den Bossche und Finanzchef Guido Mager in einem Brief an die noch rund 12.500 Beschäftigen, der unserer Redaktion vorliegt. Im kommenden Jahr sollen von den nach der letzten Insolvenz verbliebenen 92 Filialen „nahezu alle wieder schwarze Zahlen schreiben“, erklärt das Führungsduo. Voraussetzung dafür seien im Insolvenzverfahren ausgehandelte niedrigere Mieten und die Schließung unprofitabler Häuser.
Die Grundlage dafür soll das erste gute Weihnachtsgeschäft nach vier schwierigen Jahren legen. Dafür will Galeria bis zu den Adventswochen „in der Spitze bis zu 3500 neue Kolleginnen und Kollegen auf die Fläche bringen“, heißt es in dem Brief. Und: „Nach den Einschränkungen des letzten Weihnachtsgeschäfts haben Marketing, Einkauf und Vertrieb diesmal ein Programm aufgestellt, das wir in der Form sehr lange nicht hatten.“ Mit besserer Warenverfügbarkeit, stärkerem Marketing und „sehr viel stärkerer Präsenz auf der Fläche“ will die Galeria-Führung in diesem Jahresendspurt durchstarten.
Galeria Karstadt Kaufhof: Mehr Kunden im Geschäftsjahr 2022/23
Ein positives operatives Ergebnis aus dem reinen Filialgeschäft reicht allerdings nicht aus, um den letzten großen Warenhauskonzern Deutschlands nach zwei kurz aufeinander folgenden Insolvenzen wieder profitabel zu machen. Van den Bossche und Mager betonen gegenüber ihrer Belegschaft, das im September zu Ende gegangene Geschäftsjahr 2022/23 habe man „hinsichtlich Umsatz und Ertrag über dem Vorjahr abschließen“ können, zudem seien erstmals seit der Corona-Pandemie auch wieder mehr Menschen in Kaufhäuser gekommen.
Unterm Strich bleibt aber wie in den Vorjahren ein bisher nicht bezifferter Nettoverlust. Van den Bossche hatte im Interview mit unserer Redaktion unlängst das Ziel ausgegeben, in drei Jahren auch konzernweit wieder Gewinne zu machen, das wäre dann im Geschäftsjahr 2025/26.
Erstmals kündigte das Management seinen Beschäftigten an, dass Galeria seine belgische Tochter Inno und den Onlinemarktplatz Hood Media abgeben wolle und den Verkaufsprozess dafür inzwischen vorbereitet habe. Die Pläne kursierten seit langem, geboren wurden sie aus der akuten Finanznot vor der Insolvenz in diesem Frühjahr.
Staat hat Zugriff auf Erlöse aus Inno-Verkauf
Laut der FAZ sollen die 16 belgischen Inno-Standorte bereits Ende dieser Woche am Markt zum Verkauf angeboten werden. Der mögliche Verkaufserlös wird aber nicht die klammen Kassen des Essener Kaufhausriesen füllen, sondern dem Bund einen kleinen Teil seines Geldes zurückbringen, das er durch seine Staatshilfen im Zuge der Galeria-Krise verloren hat. Als größter Gläubiger musste der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in dem im Juni beendeten Insolvenzverfahren auf den allergrößten Teil seiner Kreditrückforderungen von 680 Millionen Euro verzichten. Allerdings wurde auch vereinbart, dass er mögliche Erlöse aus dem Verkauf von Inno erhält, wie unsere Redaktion seinerzeit aus Kreisen des WMF erfuhr.
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Der Versuch des Managements, vor dem so wichtigen Weihnachtsgeschäft Aufbruchstimmung zu erzeugen, wird erschwert durch die scheinbar endlose Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft Verdi über eine Rückkehr in den Flächentarif des Einzelhandels. Die Galeria-Führung hält das für nicht bezahlbar in der nach wie vor schwierigen Lage des Unternehmens, Verdi betont, die Beschäftigten hätten in den vergangenen Jahren genug Beiträge zu Sanierungen geleistet, die dann doch keine Besserung gebracht hätten.
Konflikt zwischen Verdi und Galeria-Betriebsrat
Dass sich die Gewerkschafter und die Betriebsräte in dieser bereits seit zehn Monaten laufenden Auseinandersetzung auch noch interne Konflikte leisteten, sorgte für zusätzliche Unruhe in der Belegschaft. „Der Flächentarifvertrag läuft den extremen Veränderungen im Einzelhandel hinterher“, sagte ein hochrangiger Arbeitnehmervertreter von Galeria unserer Redaktion im Sommer vor der neunten Verhandlungsrunde.
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Das Management setzt offenkundig auf die Unterstützung des Betriebsrats. Van den Bossche und Mager betonen in ihrem Brief an die Beschäftigten den Schulterschluss: Man habe bei einer Tagung des Gesamtbetriebsrats und einem Management-Team-Tag im September „eine gemeinsame Vorstellung auf dem Weg nach vorne entwickelt“. Gleichzeitig ließen die Manager bei der Aufzählung der Widrigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben, „fortgesetzte und störende Streikaktivitäten von Verdi“ nicht unerwähnt.