Essen. Chinesischer Konzern baut auch Kriegsschiffe für Pekings Marine. Habeck lässt den Deal vertieft prüfen. Was ein Nein für die Jobs bedeuten würde.

Landet Gasturbinentechnik von MAN aus Oberhausen dereinst in chinesischen Kriegsschiffen? Diese Sorge treibt offenkundig Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) um. Sein Haus nimmt den Verkauf des Gasturbinengeschäfts von MAN Energy Solutions (ES) an die China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC) seit Bekanntwerden des Deals im Juni unter die Lupe. Nun ist das Wirtschaftsministerium nach einer Vorprüfung in die vertiefte Prüfung eingestiegen, wie die Augsburger Unternehmenszentrale unserer Redaktion bestätigte.

Eine vertiefte Prüfung verhieß aus Sicht deutscher Verkäufer zuletzt meist nichts Gutes, wenn der Käufer ein chinesischer sein sollte: Am Ende stand etwa beim Dortmunder Chiphersteller Elmos ein Verbot des Deals. Habeck will den Zugriff chinesischer Investoren auf deutsches Wissen ohnehin erschweren. Darum geht es in seinem geplanten „Investitionsprüfgesetz“, dessen Eckpunkte er unlängst vorstellte.

Habeck muss über Verkauf an Chinesen entscheiden

Das Wirtschafts- und Klimaministerium (BMWK) betonte auf Anfrage unserer Redaktion mit Verweis auf schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nur das betroffene Unternehmen könne Details offenlegen. Die VW-Tochter MAN ES bestätigte auf unsere Anfrage: „Die Prüfung der Investition läuft bereits seit mehreren Monaten, das Verfahren befindet sich inzwischen in der regulären Prüfphase II, die mit einer Entscheidung des BMWK endet.“

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Der grüne Außenwirtschaftsexperte Maik Außendorf sagte unserer Redaktion: „Es ist richtig, dass der Verkauf vertieft geprüft wird. Ob er die nationale Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigen könnte.“ Bedenken äußert der Parlamentarier wegen des möglichen Wissensabflusses aus dem Turbinenbau und auch darüber, dass dieser letztlich „eine Stärkung der chinesischen Rüstungsindustrie“ mit sich bringen könnte. Denn der chinesische Konzern, zu dem CSIC gehört, baut auch Kriegsschiffe für Pekings Marine.

Im Umfeld des MAN-Werks in Oberhausen wäre man nicht überrascht über ein Veto von Habeck. Der Verkauf des Gasturbinengeschäfts von MAN an das vom chinesischen Staat kontrollierte Unternehmen CSIC gilt in der Ruhr-Stadt eher als letzter Versuch, diesen seit langem defizitären Bereich und seine rund 80 Arbeitsplätze doch noch zu retten. Mit seinen geringen Stückzahlen beim Bau kleinerer Gasturbinen-Typen sind die Oberhausener auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig – zu groß sind die Kostennachteile gegenüber den internationalen Wettbewerbern.

MAN ES: Bei Nein wird der Bereich stillgelegt

Dass ein Verbot des Verkaufs zugleich das Ende des Gasturbinenbaus in Oberhausen bedeuten würde, daran lässt auch MAN keinen Zweifel: „Die Alternative im Falle eines Verbots der Transaktion wäre die Stilllegung des Bereichs bei MAN ES und der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen in Oberhausen“, sagte ein Unternehmenssprecher unserer Redaktion.

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Zugleich betonte er, wie gut die Aussichten mit dem Käufer GHGT wären, der Gasturbinen-Tochter von CSIC. Die Chinesen brächten die Mittel und den Willen mit, die für eine Stabilisierung notwendigen hohen Investitionen zu tätigen. „Der Verkauf ist der richtige und beste Schritt für den Standort Oberhausen“, betont der Sprecher von MAN ES. Die Chinesen haben eine fünfjährige Garantie für die beiden Standorte in Oberhausen und Zürich gegeben.

Dass der mehrheitlich dem chinesischen Staat gehörende Konzern Habecks Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, musste die MAN ES wissen. Er hatte Ende 2022 sogar den Verkauf der Halbleiterproduktion von Elmos an einen chinesischen Investor untersagt, obwohl die von den Dortmundern gebauten Chips längst nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Die MAN-Gasturbinen aus Oberhausen dagegen sind hoch entwickelt, was allein das technische Knowhow des Unternehmensteils und seiner Ingenieure interessant für Konkurrenten macht.

Chinesischer Käufer gehört zum weltgrößten Schiffbaukonzern

Und CSIC bestimmt mit seiner Mutter CSSC den chinesischen Schiffsbau, auch der staatlichen Marine. Durch die Megafusion der beiden Marktführer in China entstand 2019 der größte Schiffbaukonzern der Welt. Er baut neben Tankern und Containerfrachtern auch Kriegsschiffe für die chinesischen Streitkräfte. Angesichts des schwelenden China-Taiwan-Konflikts, in dem die deutsche Regierung eine Annexion des Inselstaats durch die Volksrepublik befürchtet, gewinnt der Deal von MAN ES mit CSIC an Brisanz. Denn viele moderne Kriegsschiffe werden von Gasturbinen angetrieben.

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Die Vorstellung, dass der Wissenstransfer einer Tochter des teilstaatlichen Volkswagen-Konzerns am Ende der chinesischen Flotte nützen könnte, die seit Monaten Manöver vor Taiwan abhält, dürfte Teil der Erwägungen in Habecks Prüfung sein. Laut Handelsblatt hat auch das Verteidigungsministerium von Boris Pistorius (SPD) Bedenken gegen den Deal angemeldet.

Bundesamt für Ausfuhrkontrolle sieht keine Gefahr militärischer Nutzung

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Die Sorge gilt wohl dem Wissensabfluss, nicht den Turbinen selbst. Denn die in Oberhausen gebauten Gasturbinen könnten so nicht in Kriegsschiffe eingebaut werden – davon geht zumindest das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle aus. Es stuft sie nicht als so genannte Dual-Use-Güter ein, die sowohl zu zivilen als auch militärischen Zwecken genutzt werden können. „Durch den Verkauf bekommen Kunden in China keinen Zugang zu einer Technologie, zu der sie vorher keinen Zugang hatten. Bereits heute werden Gasturbinen von MAN Energy Solutions in China eingesetzt“, betont der Unternehmenssprecher.