Berlin. Schlichtung oder unbefristet streiken? Vor die Entscheidung stellte eine Bahn-Gewerkschaft ihre Mitglieder. Das Ergebnis ist eindeutig.

Die Gefahr eines Streiks bei der Deutschen Bahn ist abgewendet. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG strebt keinen Arbeitskampf an. Sie akzeptiert das Ergebnis einer Schlichtung.

Bei der Urabstimmung der EVG sprachen sich weniger als 50 Prozent der Teilnehmer für einen Arbeitskampf aus, wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag erfuhr. Für einen unbefristeten Streik wäre eine Zustimmung von 75 Prozent nötig gewesen.

Damit dürfte der monatelange Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn beendet sein. 52,3 Prozent sprachen sich laut dpa-Informationen in der Urabstimmung für eine Schlichtungsempfehlung aus. Die Gewerkschaft hatte angekündigt, diesen Schlichterspruch bei einer Zustimmung von 25 Prozent anzunehmen.

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Deutsche Bahn: Seit Februar tobte der Arbeitskampf

Die EVG und die Deutsche Bahn stecken seit Ende Februar im Tarifkonflikt. Zweimal legte die Gewerkschaft in dieser Zeit mit Warnstreiks den Zugverkehr stundenlang nahezu komplett lahm. Ein dritter Warnstreik wurde vom Arbeitsgericht in Frankfurt am Main verhindert.

Nach dem Gerichtstermin kamen die Verhandlungen besser voran, letztlich scheiterten sie aber im Juni. Beide Seiten verständigten sich dann mit zwei Schlichtern auf den nun vorliegenden Kompromiss.

Dieser sieht eine Entgelterhöhung von 410 Euro pro Monat in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 25 Monaten vor. Die erste Stufe von 200 Euro soll ab Dezember gezahlt werden, die zweite ab August des kommenden Jahres. Zudem sollen alle Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro im Oktober ausgezahlt bekommen.

Gewerkschafts-Spitze hatte Annahme empfohlen

Für einzelne Berufsgruppen wurden zudem strukturelle Erhöhungen in den Tariftabellen vereinbart, die nach der Vertragslaufzeit angewendet werden. Die Einkommen von gut 70 000 Beschäftigten werden sich damit noch einmal deutlich erhöhen. Der EVG-Bundesvorstand hatte nach hitzigen Diskussionen den Mitgliedern empfohlen, den Schlichterspruch anzunehmen.

In den vergangenen Wochen hatten viele Mitglieder etwa mit Beiträgen in sozialen Netzwerken betont, dass sie mit dem Schlichtungsergebnis nicht einverstanden sind. Die Verhandlungsführer wurden zum Teil deutlich kritisiert. Gewerkschaftskreisen zufolge hatten sich vor und während der Urabstimmung auch einige große Landesverbände skeptisch zum Schlichtervorschlag geäußert.

Nur 65 Prozent Wahlbeteiligung

Die EVG war mit der Forderung nach 650 Euro mehr für die 180 000 Beschäftigten bei zwölf Monaten Laufzeit in die Verhandlungen gegangen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen. Der Schlichterspruch erfüllt diese sicher nicht bei allen.

Das Ergebnis mit mehr als 50 Prozent Zustimmung gibt den Verantwortlichen die Sicherheit, dass die Schlichtung mit einer Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer im Rücken unterschrieben werden kann. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,3 Prozent.

Jetzt ist Weselsky am Zug

Mit Blick auf die kommenden Monate droht aber neuer Ärger: Der große Konkurrent der EVG, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit Claus Weselsky an der Spitze, könnte bald mit einem womöglich besseren Tarifabschluss auftrumpfen. Zwischen der GDL und der DB gilt noch bis Ende Friedenspflicht.

Weselsky will für seine Leute 555 Euro mehr pro Monat erreichen sowie eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden. Auch die Inflationsausgleichsprämie gehört zu seinen Forderungen, der Tarifvertrag soll nach seiner Vorstellung zwölf Monate laufen. Weselsky steht für eine offensive Gangart bei Tarifverhandlungen - Warnstreiks sind dann wieder möglich.

Die EVG hat in den allermeisten DB-Betrieben eine Mehrheit - dementsprechend wird dort das Tarifwerk dieser Gewerkschaft angewendet. Nach EVG-Tarifvertrag werden derzeit rund 180.000 DB-Beschäftigte bezahlt, nach GDL-Tarif nur gut 8000. (fmg)