Mülheim. Discounter stärken ihr Bio-Sortiment – zu Lasten des Fachhandels. Lidl, Penny und Netto verkaufen bereits Premiumartikel. Aldi Süd zieht nach.

Der Mülheimer Discounter Aldi Süd will seine führende Stellung als größter deutscher Biohändler ausbauen und nun auch in das Geschäft mit Premiumprodukten vorstoßen. Im Gespräch mit unserer Redaktion kündigt Einkaufschef Erik Döbele eine Sortimentsausweitung an. Bis Ende des kommenden Jahres werde ein Viertel der Bio-Artikel in den Regalen das strengere Naturland-Zertifikat tragen.

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Mit der neuen Eigenmarke „Nur Nur Natur“ reagiert Aldi Süd nach eigenen Angaben auf den wachsenden Trend in deutschen Haushalten, die Ernährung auf ökologische erzeugte Lebensmittel umzustellen. „Die Nachfrage nach sehr guten und leistbaren Bio-Produkten ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Wir sehen das als ein gutes Zeichen, denn wenn wir die Landwirtschaft in Deutschland langfristig transformieren und erhalten wollen und damit den Herausforderungen unserer Zeit begegnen, sind hohe Bio-Standards dafür ein wichtiger Meilenstein“, sagt Döbele.

Bio-Supermärkte verlieren Umsatz

Die hohe Inflation mit Preissteigerungsraten um bis zu 20 Prozent bei Lebensmitteln treibt die Verbraucherinnen und Verbraucher zusehends in die Arme der Discounter. Das bekam zuletzt auch der Bio-Einzelhandel zu spüren, dessen Umsatz nach Branchenangaben im vergangenen Jahr um zwölf Prozent eingebrochen war. Ein Angriff auf die Bio-Supermärkte sei die Öko-Offensive von Aldi Süd allerdings nicht, unterstreicht der Einkaufschef. „Wir entwickeln uns mit unseren Kundinnen und Kunden weiter und bleiben dabei immer unserem Discount-Prinzip treu. Unsere Mission ist es, dass eine gute Ernährung für alle leistbar ist“, sagt Döbele. Naturland sei dabei ein unverzichtbarer Partner für den Mülheimer Handelsriesen.

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Mit dieser Kooperation bedient Aldi Süd nun auch das Premium-Segment, das Wettbewerber schon länger für sich entdeckt haben. Der Erzrivale Lidl etwa kooperiert bereits seit dem Jahr 2018 mit dem Verband Bioland, der nach eigenen Angaben für eine „verantwortungsvolle und nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung“ steht und über die Bio-Richtlinien der EU hinausgehe. So haben etwa Nutztiere bei Bioland-Landwirten mehr Platz und Auslauf. Bei der Lebensmittelverarbeitung werden weniger Zusatzstoffe eingesetzt. Im Frühjahr hatte Lidl angekündigt, dass bis zum Jahr 2025 Bio- und Bioland-Artikel zehn Prozent seines Gesamtsortiments ausmachen sollen. Aktuell seien in allen rund 3200 Lidl-Filialen mehr als 100 Bioland-Produkte erhältlich.

Neue Bio-Premiummarke nicht bei Aldi Nord

Auch der Discounter Penny will sein Sortiment mit Bio-Lebensmitteln ausbauen. Die Tochter der Kölner Rewe-Gruppe erklärte im Februar, neben der Eigenmarke Naturgut mit rund 300 Bio-Artikeln im Laufe des Jahres bis zu drei Dutzend Naturland-Artikel ins Programm zu nehmen. Die Edeka-Tochter Netto hat seit Jahren ihre Bio-Exklusivmarke Naturkind. Insgesamt komme der Discounter auf rund 400 Bio-Produkte. Bei Aldi Nord sind Naturland-Produkte zu kaufen, die Premiummarke „Nur Nur Natur“ führt das Schwesterunternehmen aus Essen aber nicht ein.

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Wie so oft zieht nun Aldi nach, hat sich dafür aber emsige Ziele gesetzt. „Wir wollen bis Ende nächsten Jahres 25 Prozent unseres Bio-Sortiments auf Naturland-zertifizierte Produkte umstellen“, sagt Einkaufschef Döbele. „Über das Jahr verteilt“ habe der Discounter schon jetzt mehr als 550 Bio-Produkte im Programm. Unter der Eigenmarke „Nur Nur Bio“ sollen es noch mehr und zudem mit höherer Qualität werden.

Aldi Süd: 25 Prozent des Bio-Sortiments mit Naturland

Der Aldi-Manager stellt heraus, dass die Vereinigung Naturland die Bio-Standards der EU übertreffe. „Darüber hinaus fördern wir mit Naturland auch die Artenvielfalt, denn jedes verkaufte Naturland-zertifizierte Bio-Produkt zahlt in einen Fördertopf ein“, betont Döbele. Alle Naturland-Landwirte, die mehr für die Artenvielfalt tun, bekämen aus diesem Topf eine finanzielle Unterstützung.

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In allen 2000 Filialen von Aldi Süd soll es seit Montag nun zunächst 15 Produkte aus den Bereichen Käse, Brot, Nudeln, Wurst und Joghurt geben, die das Naturland-Logo tragen. Ein „Novum im deutschen Discount“ sei die Milch von „Nur Nur Natur“, die nach Döbeles Angaben „so naturbelassen wie nur möglich“ sei und einen Fettgehalt von mindestens 3,8 Prozent aufweise. „Wir setzen bewusst darauf, dass sie nicht mit Druck behandelt, also homogenisiert wird. Dafür ist sie traditionell pasteurisiert“, so der Einkaufschef.

Naturbelassene Milch mit viel Fett

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In Supermärkten ist die Milch, die vor dem Trinken geschüttelt werden muss, bereits erhältlich. Bei Aldi Süd soll sie 1,49 Euro pro Liter kosten. Döbele versichert, dass auch die Naturland-Qualität für eine breite Käuferschaft erschwinglich sei: „Aufgrund der Menge sowie unserer effizienten und schlanken Prozesse und Strukturen bekommen wir günstigere Einkaufspreise und diese geben wir an unsere Kundinnen und Kunden weiter.“