Essen/Duisburg. Bei Thyssenkrupp erhöht die IG Metall den Druck auf Bundeswirtschaftsminister Habeck: „Zögerlichkeit der Bundesregierung ist existenzgefährdend.“

Angesichts von Unsicherheiten bei einer erhofften finanziellen Förderung des Bundes für den Aufbau einer klimafreundlichen Stahlproduktion von Thyssenkrupp in Duisburg erhöht die IG Metall den Druck auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Die Zögerlichkeit der Bundesregierung ist existenzgefährdend“, warnt IG Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, „und zwar nicht nur für Thyssenkrupp Steel“.

Kerner ist auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp. „Die Stimmung dort ist brenzlig“, erklärt Kerner in einem Flugblatt, das die Gewerkschaft bei den Beschäftigten verteilt. Auf der Thyssenkrupp-Arbeitgeberseite seien nicht alle Aufsichtsratsmitglieder von der Investition überzeugt, so Kerner. Eine Kürzung der Staatshilfe gefährde den Bau der Direktreduktionsanlage, mit deren Hilfe bei Thyssenkrupp grüner Stahl hergestellt werden soll. „Das müssen wir verhindern“, mahnt Kerner. Denn wenn der Branchenprimus Thyssenkrupp jetzt den Einstieg in die klimafreundliche Stahlproduktion nicht schaffe, werde es auch für die anderen Unternehmen der Branche schwer.

Großdemonstration in Duisburg für 14. Juni geplant

Zu einem Aktionstag und einer Großdemonstration am 14. Juni vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp Steel in Duisburg erwartet die IG Metall eigenen Angaben zufolge Tausende Teilnehmer. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sei eingeladen. „Wir werden zeigen: So kann man mit uns nicht umgehen“, sagt Tekin Nasikkol, der Gesamtbetriebsratschef von Thyssenkrupp Steel. Die Bundesregierung stehe „kurz davor, einen großen Fehler zu begehen – einen, der uns die Existenz kosten könnte“, so Nasikkol in dem Flugblatt, das unserer Redaktion vorliegt. „Wirtschaftsminister Robert Habeck hat uns Hilfen für den Umbau hin zu grünem Stahl zugesagt. Diese Zusagen bröckeln jetzt.“

Der NRW-Landesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke, fordert, die Bundesregierung müsse „bei Förderung von grünem Stahl endlich liefern“. Das Großprojekt in Duisburg dürfe nicht an der Nichteinhaltung der Förderzusagen des Bundes scheitern, warnt der CDU-Politiker, der auch Mitglied des Europaparlaments ist. Ähnlich hatten sich auch SPD-Politiker geäußert, unter ihnen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Neuer Thyssenkrupp-Chef dringt auf Förderzusage

Kaum hatte der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat Mitte Mai die Berufung von Miguel López an die Konzernspitze beschlossen, da machte auch schon ein offener Brief von führenden Thyssenkrupp-Arbeitnehmervertretern die Runde. In dem Schreiben an Wirtschaftsminister Habeck, das mit einem Briefkopf von IG Metall und Thyssenkrupp versehen ist, schlagen die Gewerkschafter Alarm. Wenn nicht bald Geld des Bundes für den Stahlstandort Duisburg freigegeben werde, drohe dem gesamten Vorhaben das Aus. „Nur mit Mühe ist es gelungen, die Entscheidung um einen Monat auf den 23. Juni zu schieben“, heißt es in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt. Es geht um Milliardensummen, auf die Thyssenkrupp hofft.

„Wir brauchen rasch die angekündigte Förderzusage“, sagte der neue Thyssenkrupp-Chef López unserer Redaktion. „Es gibt keine Zeit zu verlieren.“ Die Arbeitnehmervertreter, die bei Bundeswirtschaftsminister Habeck Druck machen, bekommen damit auch vom neuen Vorstandschef öffentlich Rückendeckung.