Berlin. Das Bauministerium will Neubauten für Familien fördern – und verspricht ihnen einen sehr günstigen Bauzins. Was wirklich drin steckt.
Nach dem Auslaufen des Baukindergeldes gibt es für Familien mit niedrigeren Einkommen ab Donnerstag wieder Hilfe vom Staat für den Hausbau. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) stellte am Mittwoch ihr neues Förderprogramm vor. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Bauen: Wer profitiert von der neuen Eigentumsförderung?
Neben einem bereits bestehenden Förderprogramm, das sich gleichermaßen an Unternehmen wie auch an Privatverbraucher richtet, startet das Bundesbauministerium zum 1. Juni ein neues Programm für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen. Familien mit mindestens einem Kind, bei denen das jährlich zu versteuernde Haushaltseinkommen bei maximal 60.000 Euro liegt, können sich günstige Zinssätze sichern. Für jedes weitere Kind erhöht sich die Einkommensgrenze um 10.000 Euro.
Wie sieht das Programm konkret aus?
Anspruchsberechtigte können sich sowohl für den Neubau als auch den Erwerb von besonders klimafreundlichen Gebäuden einen günstigen Kredit über die staatliche Förderbank KfW sichern. Zum Start soll der Zinssatz für eine 35-jährige Kreditlaufzeit bei einer zehnjährigen Zinsbindung bei 1,25 Prozent liegen, teilte das Bauministerium mit. Regulär liegen die Bauzinsen derzeit bei rund vier Prozent. Die Kondition gilt auch, wenn eine Wohnung in einem Neubau erworben wird - die Bauabnahme des Gebäudes kann bis zu einem Jahr zurückliegen, also frühestens beim 1. Juni 2022 beginnen.
Für mehrere Häuser sind die Konditionen nicht nutzbar – es soll zielgerichtet Familien für ihre erste Immobilie unterstützen. Wer bereits eine Immobilie besitzt, kann keine Förderung erhalten. Voraussetzung für die Antragsstellung ist, dass mindestens ein Kind unter 18 Jahren im Haushalt lebt.
Was bedeutet klimafreundliches Gebäude?
Gefördert werden Häuser, die den Energieeffizienzhausstandard 40 (EH40) erfüllen. Dieser Standard gilt als besonders streng – er verbraucht nur 40 Prozent Primärenergie im Vergleich zu einem definierten herkömmlichen Gebäude mit gewissen Referenzwerten. Bis zum Vorjahr wurde noch der etwas laschere Standard, EH55, gefördert. Nachdem die Fördertöpfe im vergangenen Jahr leerliefen, steuerte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), bei dem damals noch die Zuständigkeit für die Neubauförderung lag, um und verschärfte die Standards.
Neben EH40-Häusern werden auch Gebäude gefördert, die den Ansprüchen des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude Plus (QNG-Plus) genügen. Dieses Qualitätssiegel wird von Zertifizierungsstellen vergeben und muss strengen Nachhaltigkeitsbewertungen standhalten. Im Gegensatz zu EH40 wird beim QNG der gesamte Lebenszyklus des Gebäude betrachtet – angefangen beim Betrieb bis hin zum Energieverbrauch. Die Vorgaben sind strenger, das Bauvorhaben wird in der Regel teurer.
Gibt es Höchstbeträge bei der Förderung?
Ja. Laut Bundesbauministerium gilt der günstige Zinssatz bei Familien mit einem oder zwei Kindern und dem Bau oder Erwerb eines EH-40-Hauses nur für Kredite mit bis zu 140.000 Euro. Wer ein Haus mit QNG-Siegel bauen oder erwerben möchte, kann bis sich die günstigen Konditionen für einen Kredit bis zu 190.000 Euro sichern. Bei drei oder vier Kindern erhöht sich der Kredithöchstbetrag auf 165.000 Euro für ein Haus mit EH40-Standard und auf 215.000 Euro für ein Haus, das zusätzlich das Qualitätssiegel erhält. Bei fünf oder mehr Kindern liegen die Kredithöchstbeträge bei 190.000 Euro beziehungsweise 240.000 Euro.
Was ist, wenn mehr Geld benötigt wird?
Grundsätzlich gilt bei Förderkrediten der staatlichen Förderbank KfW: Sie arbeitet im Hausbankprinzip. Bedeutet: Antragssteller erhalten den günstigen Zins nicht direkt bei der KfW, sondern schließen einen Kreditvertrag beispielsweise bei ihrer Hausbank oder einer anderen mit der KfW kooperierenden Bank ab. Reicht das benötigte Kreditvolumen nicht aus, weil für die Baufinanzierung beispielsweise ein Kredit über 300.000 Euro aufgenommen werden muss, müssten Familien einen zweiten Kredit bei ihrer Bank abschließen. Hierfür gelten dann allerdings die üblichen Konditionen von derzeit rund vier Prozent bei den Bauzinsen.
Wie hoch ist die Ersparnis für Familien?
„Durch die äußerst attraktiven Zinssätze, die zum Start des Programms bei 1,25 Prozent für einen Kredit mit 35 Jahren Laufzeit und damit rund 3 Prozentpunkte unter dem aktuellen Marktniveau liegen, sind für eine Familie mit zwei Kindern insgesamt Ersparnisse von über 40.000 Euro möglich“, rechnet Bundesbauministerin Klara Geywitz vor.
Lässt sich die Förderung mit dem Baukindergeld kombinieren?
Das von der CDU/CSU und SPD-Regierung ins Leben gerufene Baukindergeld war politisch umstritten. Befürwortet verweisen auf den großen Andrang: 9,9 Milliarden Euro wurden bis 2023 für den Bau und Erwerb von Wohnungen abgerufen. Die Große Koalition setzte damals auf Zuschüsse. Bis zu 12.000 Euro erhielten Baukindergeldempfänger mit einem Haushaltsjahreseinkommen von maximal 90.000 Euro. Das nun startende Förderprogramm ist nicht mit dem Baukindergeld kombinierbar.
Wie viel Geld steht bereit?
Das Bundesbauministerium stellt für das Programm 350 Millionen Euro bereit – und damit nur einen Bruchteil des Baukindergeldes. Allerdings: Unternehmen und Privatpersonen mit höheren Einkommen können seit März auch über das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau“ zinsverbilligte Kredite über die KfW erhalten. Hierfür wurden zunächst 750 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Aufgrund des großen Andrangs wurde das Programm jüngst um 888 Millionen Euro aufgestockt.
Wie wird das neue Förderprogramm bewertet?
Mit großer Skepsis. „Wer diese Förderung in Anspruch nehmen will, braucht ein niedriges Einkommen und muss gleichzeitig vermögend sein“, sagte Wohnungsmarktforscher Matthias Günther, Vorstand des Hannoveraner Pestel-Instituts, unserer Redaktion. Es gebe diese Sonderfälle, führt Günther aus. „Wenn beispielsweise ein Lehramtsreferendar die Aussicht auf eine gute Besoldung hat, kann eine solche Förderung interessant sein. Auch Menschen, die große Erbschaften erwarten, können sich für eine solche Förderung interessieren.“ Aber: „Will man aber wirklich finanziell schwächeren Menschen dabei helfen, Wohneigentum aufzubauen, dann muss man so deutlich sagen: Dieses Modell ist Schwachsinn“, so der Wohnungsmarktforscher.
Auch die Bau- und Immobilienverbände reagieren mit Kritik. Grundsätzlich sei es gut, dass Haushalte mit kleineren Einkommen unterstützt würden, sagte IG-BAU-Chef Robert Feiger unserer Redaktion: „Ein Facharbeiter muss sich die Wohnungen, die er baut, selbst auch leisten können.“ Allerdings würden die Konditionen für eine neue „Wohneigentumswelle“ nicht reichen, warnte Feiger.
Ähnlich argumentiert Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund. Eine Zinsvergünstigung sei im Umfeld steigender Zinsen richtig, sagte er. Das Problem sei aber, dass viele Haushalte nicht genug Eigenkapital hätten, um überhaupt einen Kredit aufzunehmen. Das Förderprogramm lenke den Neubau lediglich in nachfrageschwache Regionen, wo das Bauland günstiger sei. Häuslebauer in urbanen Regionen gingen leer aus.