Am Niederrhein. . Weil nicht alle Tiere gefüttert werden können, gehen Rinder vorzeitig zum Schlachthof.

Gerade hat der Viehhändler die Tanja und die Emily abgeholt. Für den Schlachthof. Unter normalen Umständen wären die älteren Kühe noch etwa am Paschenhof geblieben. Aber normal ist gerade nichts. Es regnet einfach nicht. Seit Wochen ist es trocken. Da spielen für Milchbauer Johannes Leuchtenberg zwei Esser mehr oder weniger im Stall eine Rolle. Die Wiese hinterm Stall ist knochentrocken - das Gras ungenießbar für die Kühe. Wenn’s jetzt auch noch richtig heiß ist, haben vor allem ältere Tiere Stress und geben weniger Milch.

Es fehlt Wasser: Wasser für das Gras auf der Weide, fürs Grünfutter, das

Bernhard Conzen, rheinischer Bauernpräsident.
Bernhard Conzen, rheinischer Bauernpräsident. © Knut Vahlensieck

nach dem zweiten Schnitt das Wachsen komplett eingestellt hat – und für den Futter-Mais, der deutlich mickriger ist als sonst. Wie soll man so über den Winter kommen? „Wird man sehen“, sagt der 49-Jährige aus Neukirchen-Vluyn am Niederrhein, zuversichtlich. Sobald das Wetter eine Wende macht und es wieder regnet, wird er Gras säen. Der Samen ist schon bestellt.

Die Dürre hat die Landwirte in Nordrhein-Westfalen so fest im Griff wie seit Jahrzehnten nicht. „Jeder, der momentan mit offenen Augen durch die Landschaft fährt, sieht wie trocken es ist“, sagt der Rheinische Bauernpräsident Bernhard Conzen im Gespräch mit der NRZ. Die Milchbauern treffe es besonders schlimm. „Dass ich im Juli Winterfutter gefüttert habe, ist in 40 Jahren nicht passiert“, sagt Hubert Grooten in Aachen. Das NRW-Umweltministerium hat in der Not auch Ökobrachen zur Futtergewinnung freigegeben und prüft finanzielle Hilfen für die Landwirte.

Futterpreise steigen kräftig

Stroh gibt es zwar, auch in sehr guter Qualität. Es ist zudem wichtig, dass die Kühe etwas im Magen haben. Kraftfutter aber muss zugekauft werden – die Preise dafür steigen von Tag zu Tag. Wegen des Futternotstands hat der Aachener Landwirt Grooten 15% seiner Milchkühe verkauft. Die Viehhändler haben in diesen Tagen ungewöhnlich viel zu tun. „Normalerweise konzentriert sich in dieser Zeit alles auf die Ernte, und das Vieh bleibt erst mal im Stall“, sagt Christof Ellinghaus von der Viehvermarktung Rheinland. Die Kühllager in den Schlachthöfen seien voll.

Wirkliche Besserung ist nicht in Sicht. Für Samstag hat der Deutsche Wetterdienst zwar Gewitter vorhergesagt. Schon tags drauf soll es aber mit dem warmen und trockenen Wetter weitergehen. Betroffen sind von der Dürre laut der Landwirtschaftskammer vor allem der Niederrhein, das Münsterland und Ostwestfalen. „Existenzbedrohend darf das in der Regel nicht sein, aber die Landwirte müssen mit deutlich weniger Geld auskommen“, sagt der Kammer-Sprecher Bernhard Rüb.

In den vergangenen zehn Jahren hat fast jeder dritte Milchviehbetrieb aufgehört. „Die Stimmung ist da eh nicht so toll.“ Vielleicht denke manch einer in einer solchen Situation nach, dass „man nicht erst aufgibt, wenn man arm geworden ist“ – also die Rücklagen komplett aufgezehrt hat.

Für Bauer Leuchtenberg am Niederrhein ist das kein Thema. „Man muss als Landwirt Berufsoptimist sein. Irgendwie findet man immer einen Weg“, sagt er.