An Rhein und Ruhr. . Aktivierungsstrategie helfe Langzeiterwerbslosen nicht, meint Matthias Knuth von der Uni Duisburg-Essen. Die Agentur nennt „Jobcenter innovativ“.
Immer mehr Stimmen fordern einen „sozialen Arbeitsmarkt“, also öffentlich geförderte Beschäftigung für Langzeitarbeitslose. Matthias Knuth vom Institut für Arbeit und Technik der Universität Duisburg-Essen geht sogar noch einen Schritt weiter. Der Professor fordert, dass Jobcenter komplett umdenken. Ihre Aktivierungsstrategie sei gescheitert, der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit schreite seit Jahren nicht voran.
Erfolgreich könnten Jobcenter nur sein, wenn es gelinge, die Selbstbehauptungskräfte ihrer Klienten zu stärken, sagte Knuth dem Evangelischen Pressedienst. In den Behörden müsse es einen Umgang auf Augenhöhe geben, Eingliederungsvereinbarungen nur auf freiwilliger Basis und eine Mediationsinstanz bei Konflikten. Für größere Vermittlungserfolge fehlten Jobcentern die nötige Personalausstattung sowie der Gesetzesrahmen und eine andere Organisationskultur. So oder so sei aber bundesweit von mehreren Hunderttausend Langzeitarbeitslosen auszugehen, die „für eine vorzeitige Rente zu gesund, für eine Altersrente zu jung und für den Arbeitsmarkt zu krank sind“. Knuth plädiert hier für einen sozialen Arbeitsmarkt, für den auch private Firmen Jobangebote machen sollen.
Individuelle Unterstützung
Die Regionalagentur für Arbeit widerspricht der Kritik. „Die Jobcenter in Nordrhein-Westfalen und da auch im Ruhrgebiet setzen viele auf lokale Bedürfnisse maßgeschneiderte innovative Aktivitäten für langzeitarbeitslose Menschen um“, erklärte ein Sprecher auf NRZ-Nachfrage. Die enge und individuelle Unterstützung der Menschen stehe dabei stets im Zentrum: „Dafür arbeiten die Jobcenter eng mit anderen sozialen Behörden und Einrichtungen zusammen, weil wir wissen, dass wir gemeinsam erfolgreicher etwas für die Menschen tun können.“
Als langzeitarbeitslos gilt, wer vom Arbeitslosengeld I ins Arbeitslosengeld II wechselt. In der Regel ist das nach einem Jahr der Fall, bei älteren Erwerbslosen später. Für diese Personen ist dann ein Jobcenter, nicht mehr die Arbeitsagentur vor Ort zuständig. In NRW betrifft das aktuell 297.000 Menschen, über 60% von ihnen sind auch schon länger als zwei Jahre ohne Job. Langzeitarbeitslose profitierten auch hier von der guten Konjunktur, „aber nicht ausreichend“, heißt es bei der Regionalagentur. 2016 waren 313.000 Menschen langzeitarbeitslos, 2015 noch mal 11.500 mehr.
Jeder Vierte ist über 55 Jahre
Langzeitarbeitslosigkeit ist in Nordrhein-Westfalen verbreiteter als anderswo in Deutschland. Der Anteil an allen Arbeitslosen liegt nach Agenturangaben hier bei 41,8% (Bundesschnitt: 35,9%). Hauptproblem bei der Vermittlung ist die geringe Qualifikation. Jüngsten Daten zufolge hatten 63% der Langzeitarbeitslosen in NRW keine Berufsausbildung. Jeder vierte von ihnen ist auch schon 55 Jahre alt, mehr als die Hälfte (52,9%) über 45.