Wuppertal. Die Werkstatthalle der Wuppertaler Stadtwerke für die Schwebebahn muss dringend saniert werden. Das Preisschild ist üppig. Was geplant ist.
Ein wenig in die Jahre gekommen, das ist sie schon. Ihr Alter kann sie, ob kleinerer oder größerer Makel, auch nicht mehr verheimlichen. Kein Wunder, stammt die kombinierte Werkstatt- und Wagenhalle der Wuppertaler Schwebebahn doch noch aus der Zeit der Jahrhundertwende – der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wohlgemerkt. Während die schwebenden Wagen immer wieder durch modernere Modelle ersetzt wurden – zuletzt 2016 war dies der Fall – datieren Teile der Halle tatsächlich noch aus dem Jahr 1898.
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Nun aber ist ihre Zeit abgelaufen. Zehn Jahre noch, maximal, so lautet die klare Aussage eines aktuellen Gutachtens, dürfe die Werkstatthalle betrieben werden. Dann muss der Neubau in Wuppertal im Ortsteil Vohwinkel stehen. Ein üppiges Preisschild hat eine Machbarkeitsstudie jedoch an die Pläne für einen Neubau gehängt, bis zu 115 Millionen Euro könnte dieser kosten. „Das wird mit Abstand das größte Projekt für die Schwebebahn im kommenden Jahrzehnt sein“, erklärt Rainer Friedrich, Sprecher der Stadtwerke Wuppertal (WSW).
Alte Werkstatthalle steht Abläufen „im Weg“
Die Bausubstanz zeige nun einmal nach etwa 125 Jahren Alterserscheinungen, deutet Thomas Kampa, seit Mitte 2019 Leiter der Werkstatthalle, an. Aber auch in praktischer Hinsicht, was Arbeits- und Montageabläufe angeht, sei das aktuelle Bauwerk längst nicht mehr auf dem Stand der Dinge. So müssen etwa Bahnen zerlegt werden, damit sie durch eine Luke von der eine Etage höher gelegenen Wagenhalle nach unten in die Werkstatt herabgelassen werden können.
„Diese Luke ist noch für die ersten Wagen konzipiert“, ruft Kampa in Erinnerung. Die neuesten Modelle („WSW GTW Generation 15“) sind hingegen größer als die früheren Züge. In der neuen Halle soll das Loch in der Zwischendecke dann so groß sein, dass eine ganze Bahn durchpasst. Das überwiegend aus Stahl konstruierte Gebäude muss vollständig zurückgebaut und bis 2030 im laufenden Betrieb neu errichtet werden.
Die Geschichte der Wuppertaler Schwebebahn
Am 8. Februar 1887 wählten die Stadtverordneten des damals noch eigenständigen Elberfeld eine „Kommission zur Prüfung des Projektes einer Hochbahn“ – so begannen die Planungen für das Projekt. Der Vertrag über den Bau und Betrieb schlossen die Oberbürgermeister von Barmen und Elberfeld schließlich am 31. Dezember 1894, Baustart war dann im Sommer 1898, auch Vohwinkel beteiligte sich. Nachdem Kaiser Wilhelm II. mit seiner Gemahlin Auguste Viktoria am 24. Oktober 1900 zu einer Probefahrt aufgebrochen war, folgte die Eröffnung schließlich am 1. März 1901. Modernisierungsarbeiten fanden beständig statt, ein umfassendes Erneuerungsprojekt (Stützen, Schienen, Stationen) startete 1995 und zog sich bis 2014.
Auch die neue Halle wird über zwei Etagen verfügen. „Wir können nicht wirklich in die Breite gehen, dafür ist der Standort räumlich gesehen zu sehr durch die umliegende Bebauung eingeschränkt.“ Angrenzende Gebäude für eine Erweiterung aufzukaufen, das sei keine Option.
Werkstatthalle ist das „Herz“ der Schwebebahn
Die Werkstatthalle ist in vielerlei Hinsicht das „Herz“ der Schwebebahn. Dort werden die Wagen inspiziert und gewartet, kehren nach stundenlangem Einsatz hierhin zurück. „Am Ende eines Tages findet eine Sichtkontrolle statt, das dauert so 30 Minuten“, erklärt Kampa. Alle zwei Tage wird schon genauer von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Werkstatt hingeschaut. So gestaffelt finden alles sechs oder zwölf Monate aufwendigere Untersuchungen statt.
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Nach 500.000 Kilometern oder spätestens nach acht Jahren ist dann eine Komplettuntersuchung notwendig. „Unsere Bahnen schaffen diese Laufleistung nach fünf Jahren“, berichtet Kampa. Dafür werden die Bahnen komplett auseinandergenommen, alle Teile auf Herz und Nieren geprüft. Der ganze Vorgang dauert mehrere Wochen, gar über zwei Monate, bis eine Bahn wieder auf die Strecke gelassen wird (auf die Schiene gesetzt wird sie ja eben nicht, sondern an diese „gehangen“). Längst werden nicht mehr nur mechanische Bauteile in Augenschein genommen, gilt es ebenso, die Betriebssoftware aktuell zu halten.
Stadtwerke: Kaum Vandalismus bei der Schwebebahn
Ob die Wuppertalerinnen und Wuppertaler „ihre“ Schwebebahn besonders wertschätzen? Ins Logo der Stadt ist sie integriert. Und mit Vandalismus werden die Stadtwerke eher selten konfrontiert. „Hin und wieder gibt es beschädigte Sitze, größere Probleme haben wir aber nicht“, entgegnet der Werkstattleiter.
An zwei aufsehenerregendere Vorfälle in jüngerer Zeit (vom berühmten Fall der Elefantendame Tuffi, die 1950 aus einer Bahn in die Wupper stürzte, wollen wir nicht anfangen) kann sich Kampa aber erinnern. „Vor einiger Zeit wurde zweimal mit einem Luftgewehr auf Bahnen geschossen.“ Verletzt wurde bei den Vorfällen im April 2020 niemand.
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Mit Graffiti-Künstlerinnen und -Künstlern gibt es ebenfalls seltener Berührungspunkte. „Vor einigen Jahren hatte sich aber eine relativ bekannte Graffiti-Gruppe aus Berlin vorgenommen, eine Bahn zu besprühen. Das ging dann ganz schnell, innerhalb von zwei Minuten an einer Haltestelle war der Wagen voll.“ Die Gruppe „1up“ reklamierte die Aktion für sich und betitelte ein Video der Aktion „Rache für Tuffi“.
Noch kein genauer Zeitplan für die Bauarbeiten
Einen genauen Zeitplan dafür, wann die Bauarbeiten für die neue Halle beginnen, gebe es noch nicht. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt Rainer Friedrich. Schließlich müssten die Pläne erst von den politischen Gremien der „Bergischen Metropole“ gutgeheißen und die Finanzierung sichergestellt werden.
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Während der Arbeiten, so viel ist aber jetzt schon klar, werden sich Betriebsunterbrechungen nicht vermeiden lassen, führt Friedrich an. „Die Überlegungen sehen aber so aus, die größeren Arbeiten, wenn die Bahnen tatsächlich nicht fahren können, in die Ferienzeiten zu legen.“ Zu diesen Zeiten seien weniger Berufspendlerinnen und -pendler unterwegs und erst recht keine Schulklassen auf Ausflugsfahrt.
Als Ersatz werden dann Busse den Streckenverlauf der Schwebebahn, der größtenteils über der Wupper den Fluss entlang führt, bedienen. „Wenn es so weit ist, werden wir die Sperrungen mit Vorlauf ankündigen“, versichert Rainer Friedrich. Danach werden die Bahnen wieder schweben – wenn es nach Thorsten Kampa und Rainer Friedrich geht, wenigstens 125 weitere Jahre lang.