Wesel. . Für die Tandemmaster von My SkyConcept war es die erste durchgehende Saison in Wesel. 350 Sprünge starteten vom Flugplatz Römerwardt aus. Fortsetzung folgt im kommenden Frühjahr
Der Herbstwind bläst kühl über den Flugplatz, die schöne Jahreszeit scheint endgültig vorbei zu sein. Saša Manojlović zieht die Jacke enger. Ziemlich frisch am Niederrhein. Um so sonniger ist seine Miene. Es war eine Spitzensaison. Nach Stippvisiten beim PPP-Fest in den vergangenen Jahren waren die Tandemspringer von „My SkyConcept“ in diesem Sommer zum ersten Mal durchgehend in Wesel vertreten. 2015 gibt es noch mehr Sprungtermine. Römerwardt wird für die Himmelsstürmer zum zweiten festen Standbein neben Ailertchen im Westerwald. Saša sind der Niederrhein und seine Menschen ans Herz gewachsen. Er freut sich auf den Saisonstart im Mai. „Wesel ist ein Traum“, sagt er. „Wir sind alle total begeistert.“
Saša Manojlović ist 48, Tandemmaster und ein Baum von einem Kerl. 1,90 Meter, 100 Kilo, Igelfrisur, Schwielen an den Händen, „vom Packen der Schirme.“ Wer mit Saša springt, hat keine Angst vorm Fliegen. Sasa ist der klassische Alles-wird-gut-Typ. Um seinen Hals baumelt ein Fallschirm-Pin - „mein Glücksbringer.“ Obwohl das Glück bei seinem Sport keine allzu große Rolle spielt. Tandemspringer schweben, an den „Master“ geschnallt, sicher zu Boden. Saša sagt es anders. „Auch wenn wir beide oben ohnmächtig werden, also wenn du mich etwa niederschlägst - wir kommen in jedem Fall heil unten an.“ Dafür sorgen der erfahrene Master und ein automatisches Sicherheitssystem an den Fallschirmen.
Saša ist Profi. Er springt seit 33 Jahren und hat 8000 Sprünge absolviert, davon 3000 Tandemsprünge. In zwei Wochen bricht er nach Dubai auf, um sich dort aus dem Flugzeug zu stürzen. Der große Mann grinst von einem Ohr zum anderen. „Ich liebe mein Leben. Und ich liebe meinen Job.“
Zwölf Wochenenden war er mit My SkyConcept auf dem Flugplatz Römerwardt. Rund 350 Sprünge haben er und seine Kollegen in dieser Zeit begleitet. 40 waren es am letzten Sprung-Wochenende, an dem die Sonne noch mal ordentlich mitgespielt hat. Kein Grund über den deutschen Sommer zu schimpfen, wie der Kroate das bisweilen tut. Saša kommt aus Zadar, und da ist das Wetter deutlich besser. Mitunter gab es in der Saison bewölkte Wartezeiten, aber die Springer nahmen das in Kauf. Für das Wetter kann kein Mensch etwas. Das wissen Fallschirmspringer ebenso wie Kletterer und Bergsteiger.
Aus Nimwegen und Rotterdam
Sieht aus, als gefiele den Menschen der Absprung von Wesel aus besonders gut. Sie kamen bis aus Viersen, Köln, Nimwegen oder sogar Rotterdam. Das halbe Ruhrgebiet war in diesem Sommer am Niederrhein. Sämtliche Sprungtermine waren ausgebucht. Saša weiß, warum: „Wesel ist fantastisch von der Aussicht her, der Rhein, die gesamte Umgebung - wunderschön.“ Besser kann das Geschäft mit dem freien Fall kaum laufen. In der nächsten Saison wird aufgestockt: Anstatt wie bisher mit zwei Flugzeugen starten die Tandemmaster mit drei Maschinen an der Römerwardt. Die dritte, eine Pilatus Porter, ermöglicht zehn Tandemspringern den Höhenflug.
Angefangen hat alles in Kroatien. Hier ging Saša Manojlović das erste Mal freiwillig in die Luft. Sein Vater war Fallschirmspringer, und schon als Kind träumte er vom Fliegen. 1981, mit 15, wagte er den ersten Sprung. Während der Jugoslawien-Kriege ging der junge Mann in die USA und erwarb dort seine erste Tandem-Lizenz. Seit 1994 ist Saša in Deutschland. 2003 machte er sich selbstständig.
Die älteste Springerin ist 83
My SkyConcept hat er 2010 mit seiner Partnerin Yvonne Hotschicke, eine ehemalige Schülerin, gegründet. Mit im Boot sitzen Yvonnes Eltern, Gisela und Olaf Bißlich, die an den Sprung-Wochenenden auf dem Flugplatz Römerwardt halfen und, fest auf der Heimaterde sitzend, eine Urkunde nach der anderen schrieben. Ein reines Familienunternehmen also. Das wirkt vertrauensbildend.
Gut so, geht es doch gemeinsam hoch hinaus. 4000 Meter misst die Absprunghöhe von Wesel aus, was bedeutet: 40 Sekunden freier Fall, eine Fluggeschwindigkeit von über 150 Stundenkilometern, bevor man seicht am Fallschirm auf den Boden gleitet. Vor dem Start gibt es genaue Instruktionen, was das Atmen und die Haltung der Beine beim Landen betrifft.
Machbar ist so ein Flug für jeden. Saša ist bereits mit behinderten Menschen gesprungen, und gerade erst zählte ein blinder Mann zu seinen Fluggästen. Sein jüngster „Passagier“ war sein achtjähriger Sohn Marino. Die älteste Tandemspringerin, 83 Jahre, reiste mit ihrem halben Seniorenstift in Wesel an. „Die meisten Springer sind weiblich“, berichtet Saša. „Frauen sind mutiger.“ Aber er hat auch schon ängstliche Seelen erlebt. Etwa die feine Dame aus Frankfurt, die fünf Mal hoch geflogen ist, bevor sie sich getraut hat, die Maschine zu verlassen. Saša kann reden wie ein Wasserfall und hat noch jeden ruhig gequatscht. „Am Ende springen alle. Und alle sind begeistert.“ Einige sogar derart, dass sie im März mit ihm nach Kroatien fliegen, um dort selbst eine Ausbildung zum Tandemmaster zu machen. Sechs der Teilnehmer kommen aus dem Kreis Wesel.
Ab Mai sind die My SkyConcept-Himmelsstürmer wieder auf dem Flugplatz Römerwardt. Ab 28. Juli dürfen sie im Rahmen des Stadtfestes sechs Tage durchgehend springen. Termine gibt es ab sofort.