Wesel. . Erinnern Sie sich noch an die Wiesen in Ihrer Kindheit? Da war es vom Frühjahr bis in den Herbst hinein viel bunter als heute. Damit das wieder so kommt, hat der Landschaftsverband das Projekt „Kindheitswiesen“ initiiert. In Wesel gibt es gleich sechs davon.

Die Köpfe des Wiesen-Pippaus sind schwer vom Regen, doch mit seinen tiefgelben Blüten bringt er ein bisschen Farbe in den trüben Tag. Schon von Weitem kann man die Pflanze sehen, wer näher dran ist, entdeckt noch viele weitere Arten. Neben der Margerite ist es zurzeit auch die zart-violette Tauben-Skabiose und der rötliche Sauerampfer.

Biologin Sabine Engler von der Biologischen Station im Kreis Wesel hat dafür gesorgt, dass sich auf den von Landwirt Heinrich Heselmann angepachteten Flächen am Fusternberg das Projekt „Kindheitswiesen“ etablieren kann. Jetzt freut nicht nur sie sich darüber, sondern auch Heselmann selbst -- und vor allem Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten.

50 statt fünf Kräuter und Gräser

Projekt und Kontakt

Der Landschaftsverband Rheinland möchte mit dem Projekt „Kindheitswiesen“ artenarme Wiesen und Weiden wieder zum Blühen bringen. Die regionale Pflanzenvielfalt, die durch intensive Bewirtschaftung dezimiert wurde, soll so erhalten werden.

Landwirte, die Interesse an dem Projekt haben, können mit Sabine Engler Kontakt aufnehmen. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Biologischen Station im Kreis Wesel erreichen Sie so: 0281/9625214; E-Mail engler@bskw.de

Einst bestimmten schließlich um die 50 Kräuter und Gräser eine gesunde Weide, in den letzten 60, 70 Jahren wurden es immer weniger, heute sind es maximal fünf, die noch vorkommen. Das ist auch eine Folge der intensiven Landwirtschaft. Landwirt Heinrich Heselmann, der die Fläche schon seit Jahren extensiv bewirtschaftet, stimmte der Aktion zu und bereitete die Wiese für die Einsaat vor. Die erfolgte im Herbst 2012 aus Samen, die ehrenamtliche Mitarbeiter der Biologischen Station per Hand sammelten. Zum Beispiel auf einer artenreichen Wiese von Dirk Buchmann in Drevenack oder an den Deichen der Deichverbände Poll und Bislich-Landesgrenze. Das war ordentlich Arbeit. Schließlich müssen pro Quadratmeter fünf Gramm Samen ausgebracht werden.

Interessierte Bauern gesucht

Jetzt blüht es nicht nur nahe der Schillwiese am Fusternberg prächtig, sondern auch im Orsoyer Rheinbogen in Rheinberg. An beiden Stellen sollen sich die Blühpflanzen mehr und mehr ausbreiten, was allerdings nicht von heute auf morgen geht, sondern ein langer Prozess ist. Wenn’s gut läuft, schätzt Sabine Engler, dass der blühende Teppich sich Jahr für Jahr um einen Meter ausbreitet.

Bis zum 15. Juni dürfen die Wildkräuter nun ungestört wachsen, dann wird die Fläche zum ersten Mal in diesem Jahr gemäht, denn dann dürften die Bodenbrüter wieder fort sein. Meist treiben die Pflanzen dann noch ein zweites Mal aus, bevor im Spätherbst ein zweiter und letzter Schnitt erfolgt.

Die Mutterkühe und die Kälber von Heinrich Heselmann futtern diese Kräuter und Blumen gern. Denn alles ist fressbar, nichts Schädliches dabei. Im Gegenteil: Als Stallapotheke tragen die Kräuter im Heu sogar zur Gesundheit der Tiere bei. All dies gefällt auch dem Kreis Wesel, der das Projekt unterstützt und sogar Zuschüsse dazu gibt. Vielleicht wollen nun noch mehr Landwirte mitmachen. Das nützt nicht nur der Natur, sondern verschönert auch die Landschaft, die von immer mehr Touristen geschätzt wird.