Schermbeck. .
Er ist der geborene Stürmer, er geht immer forsch nach vorne, und das mit einem Tempo, das so manchen aus der Puste bringen würde. Kein Wunder, dass er beinahe Fußball-Profi geworden wäre – Rot-Weiss Essen hatte damals angefragt.
Doch Mike Rexforth entschied sich für den sicheren Weg, die Verwaltungsarbeit. Und bereut es nicht eine Sekunde. Seit knapp einem Monat ist er Kämmerer der Gemeinde Schermbeck und allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Selbst für das höchste Amt der Gemeinde könnte sich der eine oder andere den 43-Jährigen gut vorstellen (die NRZ berichtete).
Wenn er Treffer landen möchte, muss er zunächst die Abwehr überwinden, die da heißt Landesregierung. Die stellt der Gemeinde Schermbeck im kommenden Haushaltsjahr weniger Geld zur Verfügung. Das schmeckt dem Kämmerer gar nicht. Die so genannten Schlüsselzuweisungen sollen 2014 von geplanten 3,6 Millionen Euro auf zwei Millionen Euro sinken.
Einige Faktoren sind nach dem neuen Gemeindefinanzierungsgesetz (GfG) neu berechnet worden. So manche Kommune profitiert davon, Schermbeck allerdings nicht. Problemfelder sind dabei in erster Linie der so genannte Schüleransatz und der Flächenansatz. Schermbeck hat eine weiterführende Schule – viele Gemeinden in dieser Größenordnung haben das nicht. Die Schermbecker sind stolz auf die Gesamtschule, aber sie erfordert auch hohe Investitions- und Betriebskosten. Dieser Faktor ist in den Schlüsselzuweisungen nun reduziert worden.
1,6-Millionen-Loch
Und auch beim fast halbierten Flächenansatz hat Schermbeck das Nachsehen. Die Gemeinde verfügt über 110 Quadratkilometer Fläche. „Manche Stadt ist kleiner“, sagt Rexforth. Will heißen: Viel Fläche, hohe Instandhaltungskosten für die Gemeinde. Rexforth stößt das bitter auf, denn wie bitteschön soll er die zirka 1,6 Millionen auffangen? Das 1,6-Millionen-Loch „kann man nicht kompensieren“, sagt Rexforth, „wir haben keinen großen Spielraum mehr.“ Er warnt: Wenn das Geld fehlt, muss Schermbeck über kurz oder lang Kassenkredite aufnehmen müssen, was bislang noch nicht der Fall war. Und dann schleppt die Gemeinde Folgekosten mit sich herum. Keine schönen Aussichten. Eine Möglichkeit wäre, vor Gericht zu ziehen – gemeinsam mit anderen Kommunen.
Die Gewerbesteuer spült Geld in die Kassen - im vergangenen Jahr drei Millionen Euro, in diesem Jahr 4,6 Millionen. Auf der einen Seite ist das schön, auf der anderen Seite sind die steigenden Steuereinnahmen auch ein Grund dafür, dass das Land weniger Schlüsselzuweisungen locker macht.
Aber Mike Rexforth kann auf eine neue Einnahmequelle setzen: die Campingsteuer. Die Bescheide an die Betroffenen sind raus. Die Beschwerden, so der Kämmerer, hielten sich in Grenzen, es gebe die eine oder andere Verständnisfrage, weshalb die Gemeinde alles Wichtige rund um die neue Steuer auf die Internetseite gesetzt hat.
Eigene Steuer bringt 65 000 Euro
Rexforth hat mit rund 70 000 Euro kalkuliert. Fast ein Volltreffer: 65 000 Euro sind es für 2012 geworden. 690 Camper sind steuerpflichtig, 30 haben außerdem eine richtige Zweitwohnung in Schermbeck. Pauschal zahlen die Betroffenen zehn Prozent der Kaltmiete plus einen Anteil der Nebenkosten. Grob sind die Camper je nach Miete mit 60 bis 180 Euro im Jahr dabei, schätzt der Kämmerer. Er ist übrigens selber Camper. In Holland zahlt er schon lange Steuern dafür.
Zudem ist er überzeugter Kilianer, Mitglied des Marketingvereins „Wir sind Schermbeck“, im Angelsportverein, Vorstandsmitglied im SV Schermbeck und Mitglied im Förderkreis der Feuerwehr. Dieses Engagement und die Vereinsarbeit ist ihm wichtig. So „erfährt man mehr über die Probleme, die Sorgen und Wünsche der Bürger“, sagt er. Ein aktives und ausgeprägtes Vereinsleben diene der vernünftigen Entwicklung der Kinder, um sie „von der Straße zu holen“.
Schermbecker durch und durch
Mike Rexforth ist 1969 geboren, ist Schermbecker durch und durch, verheiratet und wird demnächst zum vierten Mal Vater. 1991 wurde er Gemeindeinspektoranwärter bei der Gemeinde Schermbeck. In einem dualen Studium erwarb er sein Diplom zum Verwaltungswirt. 1994 wurde er Sachbearbeiter im Steueramt, ein Jahr später wechselte er ins Ordnungs- und Sozialamt. 2000 ist er einer der jüngsten Sozialamtsleiter weit und breit.
Hart und prägend war diese Zeit für ihn. Er hatte mit einer Schwemme von Flüchtlingen zu tun, die in Folge des Balkankrieges nach Deutschland und auch nach Schermbeck kamen. „Pro Tag ist ein Bus mit 50 Menschen gekommen“, erinnert sich Rexforth. Er musste für ihre Unterbringung sorgen und dafür, dass sie keinen Leistungsmissbrauch betrieben. Rexforth brachte sie in gemeinnützige Arbeit. Schermbeck war eine der ersten Gemeinden, die diesen Weg beschritten. Wer das nicht wollte, musste auf Leistungen verzichten. Rexforth: „So haben wir damals 400 000 Mark an Soziallhilfe eingespart.“ Das brachte ihm aber auch die Wut so manches Asylbewerbers ein, so dass Rexforth und seine Familie sowie einige Mitarbeiter auf Personenschutz zurückgreifen mussten.
2003 wechselte er in die Finanzverwaltung, die er seit 2005 leitet. Es folgte die Ausbildung zum Bilanzbuchhalter für das Neue Kommunale Finanzmanagement und seit September das Amt des Kämmerers. Die Haushaltskonsolidierung ist sein vorrangiges Ziel, doch Schermbecks gute Strukturen müssten erhalten werden, Schulen und Kindergärten dürften nicht leiden