Wesel. .

Was am 10. Juli 1962 die Welt veränderte, wurde bereits am 27. Juli vor 50 Jahren auch in Wesel genutzt. Die Rede ist von „Telstar 1“, dem ersten zivilen Kommunikationssatelliten, der von Cape Canaveral in Florida aus mit einer Rakete ins All geschossen wurde.

Er ermöglichte es nicht nur, dass die erste Live-Sendung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten im Fernsehen übertragen wurde, sondern auch, dass die Weseler zum ersten Mal telefonisch Kontakt mit ihrer Partnerstadt Hagerstown im US-Bundesstaat Maryland hatten. Damals bestand die Städtepartnerschaft bereits seit zehn Jahren.

Wunderwerk Telstar

Es war der Abend des 26. Juli 1962, als sich der Lichthof des Rathauses nach und nach füllte. Um 22 Uhr saßen dort natürlich die Vertreter der Stadtverwaltung, aber auch viele Weseler Bürger und Medienvertreter. Schließlich war die Premiere, über den Großen Teich telefonieren zu können, eine kleine Sensation. Die am Telefonat Beteiligten saßen zwar im Zimmer von Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Reuber, aber das Ganze wurde live in den Lichthof übertragen und das wollten viele nicht verpassen.

Um 0.15 Uhr sollte es soweit sein, doch erst um 0.42 Uhr kam die Verbindung zustande und es wurden die ersten Worte gewechselt. Winslow Burhans, Bürgermeister von Hagerstown, sprach die Weseler Bürger auf Deutsch an. Wesels Bürgermeister Kurt Kräcker antwortete: „Hallo, Mayor Burhans. Herzlichen Dank für Ihre Grußworte. Ich bin glücklich, dass die Stadt Wesel als erste Stadt der Bundesrepublik über Ihr Wunderwerk Telstar mit seiner Schwesterstadt sprechen kann.“ Kräcker erinnerte dabei auch an seinen letzten Besuch ein Jahr zuvor, als der in Wesel geborene Peter Minuit und Gründer von New York als „Deutscher des Jahres“ geehrt wurde. Und er wünschte der amerikanischen Partnerstadt, dass sie weiterhin wachsen, blühen und gedeihen möge.

Was folgte, war stürmischer Beifall aus dem Lichthof, denn so etwas hatte dort bislang selbstverständlich noch niemand erlebt. Nun waren Dr. Reuber und William Brish an der Reihe. Die beiden Vorsitzenden des Schwesternstadtkomitees grüßten in die jeweils andere Richtung und nach neun Minuten war alles vorbei - inklusive Übersetzung durch zwei Dolmetscher. Länger als zehn Minuten konnten damals keine Gespräche über den Atlantik geführt werden, was an der stark elliptischen Bahn von Telstar lag.

Die Nachtschicht hatte sich trotzdem gelohnt. Sie war von großem Interesse begleitet worden. Rolf Buttler berichtete damals über das Weltereignis für den WDR. Neben Wesel durfte im Übrigen auch Berlin mit seiner Partnerstadt via Telstar telefonieren, mit New York nämlich.

Kennedy im deutschen Fernsehen

Vier Tage zuvor war bereits die Pressekonferenz von Präsident John F. Kennedy nach Europa übertragen worden. Um 20 Uhr flimmerten die Bilder über den Bildschirm - eine weitere kleine Sensation, über die die heutige Generation nur noch müde lächeln kann.

Telstar, der für Wesel legendäre Satellit, hielt noch nicht einmal sechs Monate. Es heißt, dass er von der Partikelwolke eines Atombombenversuchs beschädigt wurde. Doch schon bald folgte Telstar 2, so dass die gute Verbindung zur US-amerikanischen Partnerstadt Hagerstown auch via Telefon gepflegt werden konnte. Sieben Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs war die Partnerschaft eine der ersten zwischen den ehemaligen Gegnern Deutschland und USA. Das 60-Jährige soll während des Historischen Hansefestes vom 26. bis 28. Oktober gefeiert werden. Gäste aus Hagerstown sind eingeladen. Und mehr noch: Die Partnerschaft Wesel - Ketrzyn (ehemals Rastenburg, heute Polen) wird zarte zehn Jahre alt. Auch von dort wird eine Delegation erwartet, genauso wie aus den Partnerstädten Salzwedel (Sachsen-Anhalt) und Felixstowe (England), mit denen es keinen runden Geburtstag gibt.