Kreis Wesel.. Viele fluchen. Manche rasten aus. Und die ganz Dreisten langen kostenlos zu. Die Benzinpreis-Explosion treibt Blüten, bringt Auswüchse hervor. Aber in ihrer Ratlosigkeit gibt es auch die schicksalergebenen, schulterzuckenden Autofahrer, die sogar rabattresistent sind.

Die Mitarbeiter hinterm Tankstellen-Tresen können nichts dafür. Aber sie trifft es direkt. Mitunter ausfallend, wie Anja Mielke von der Star-Tankstelle an der Reeser Landstraße sagt. Sie macht deutlich, welches Spiel gespielt wird. Sie habe Order, stets zu melden, welche Preise der Konkurrent Aral schräg gegenüber gerade verlangt. „Wir müssen immer einen Cent darunter bleiben“, sagt sie. Tut sich drüben was, gibt sie das telefonisch an die Firmenzentrale weiter. Minuten später purzelt der eigene Preis.

Warum das Benzin abends billiger ist als morgens, weiß sie nicht. Im Berufsverkehr, wenn die Leute nach Hause fahren, versuche der Anbieter womöglich, bestimmte Mengenkontingente abzusetzen, vermutet sie.

E 10 profitiert kaum

Wer nicht auf diese Weise spart, könnte nun endlich auf das immerhin drei Cent günstigere E 10 umsteigen. Aber der Ladenhüter erfährt offenbar selbst unter diesem Druck kaum eine durchschlagende Verkaufshilfe. „Die Leute haben nach wie vor Angst, E 10 zu tanken“, stellt Marcus Uhlig von der Shell-Tankstelle am Loikumer Rott in Hamminkeln ebenso fest wie Kollegen anderer Anbieter. Bei Esso in Brünen verzeichnet Hermann Lackermann hingegen ein Plus beim Ethanol-Kraftstoff: Immerhin zehn bis 20 Prozent des verkauften Sprits.

Die Sturheit des Autofahrers („Ich habe schon immer Super getankt“) gehe noch weiter, so Uhlig. Es gebe Kunden, die einen möglichen Rabatt ablehnten, der ADAC- und Postbank-Mitgliedern eingeräumt wird und zu dem derzeit eine Bonus-Aktion mit McDonalds hinzu kommt. Solche Varianten könnten bei ansonsten trauter Preiserhöhungsharmonie wenigstens für etwas Bewegung unter den Benzinanbietern sorgen.

Und gleich wieder rauf

„Ja, klar“, sagt Hermann Lackermann auf die Frage, ob die Preise noch weiter steigen werden. Daran werde auch die Bundesregierung nichts ändern. „Wenn wir nach ‘nem Schritt runter abends zumachen, kann ich schon sagen: Morgen früh hauen sie gleich wieder fünf Cent drauf.“

Er ist ganz froh, dass er in Sachen Spriträuber noch „verhältnismäßig Glück“ gehabt habe. In Büderich war vor ein paar Tagen ein „Kunde“ mit zwei unterschiedlichen gestohlenen Kennzeichen vorgefahren, hatte vollgetankt und war davongebraust.

Mit aktuellen Zahlen zum Tankbetrug kann die Polizei nicht dienen, aber bereits im vergangenen Jahr stellte sie eine Steigerung fest. Hatte sie 2010 in Wesel 97 entsprechende Fälle registriert, so waren es im vergangenen Jahr 126. In Hamminkeln gab es parallel eine Zunahme um sechs auf 37 Fälle. Hünxe kam 2011 auf 163 Spritbetrüger (Vorjahr 142). Dort sind die Autobahn-Tankstellen mitgerechnet. Täter achten darauf, dass die betroffenen Tankstellen an großen und breiten Straßen liegen, damit sie ungehindert flüchten können, so die Polizei. Ein Grund, warum es in Schermbeck fünf und vorher drei Fälle gab. Dort gibt es nur eine Tankstelle, und die liegt im Ortskern.