Wesel. .
Wo sich der genaue Mittelpunkt von Wesel befindet, darüber kann Gisela Preutenborbeck nur Vermutungen anstellen. Die Spaziergängerin ist gerade mit ihrer Hündin Amelie unterwegs
Und es wundert sie schon etwas, ausgerechnet hier, unweit des Auesee-Ufers, mit der Frage nach dem Mittelpunkt der Stadt konfrontiert zu werden.
„Vielleicht ist der Willibrordi-Dom das geografische Zentrum“, mutmaßt Preutenborbeck. „Städte haben sich, historisch betrachtet, ja sehr oft von einer Kirche ausgehend entwickelt.“
Nein, der Willibrordi-Dom ist nicht der Mittelpunkt von Wesel. Er ist genau hier: Ein unscheinbarer Acker auf einer Halbinsel im Auesee. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist frisch gepflügt, auf der feuchten Erde sitzen Vögel und picken nach Regenwürmern. Direkt nebenan wächst Mais. Hin und wieder kommen Jogger des Weges, in der Nähe steht ein Dixi-Klo und auch bis zum Windsurfer-Bereich des Sees ist es nicht weit.
„Dass gerade hier die Mitte von Wesel ist, hätte ich nicht gedacht“, sagt Preutenborbeck.
Ebenfalls überrascht von dieser Information ist Rentner Wilhelm(72). Bis zu dreimal in der Woche kommt er hier vorbei, zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Hund. „Dass dieses Feld hier der Mittelpunkt von Wesel ist, das vermutet doch keiner.“
Ist es aber wirklich. Das erfährt, wer beim Kreis Wesel nachfragt. Beim dortigen Fachdienst 68, zuständig für das Liegenschaftskataster und Kartographie, arbeitet Vermessungs-Ingenieur Klaus Eßmann. Er weiß, wie man das geografische Zentrum einer Stadt ermittelt. „Es gibt verschiedene Methoden, um einen Mittelpunkt zu bestimmen“, sagt Eßmann. Ein gebräuchliches Verfahren dafür sei die Betrachtung so genannter Schwerpunkt-Koordinaten im Gauß-Krüger-Format. Für die Stadt Wesel laute diese „X = 2540650, Y = 5726323“. Hilfreich ist dies eher weniger.
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Doch glücklicherweise hat Klaus Eßmann einen Auszug aus der Deutschen Grundkarte im Maßstab 1:5000 parat. Und darauf kann er zeigen, dass eben diese Koordinate besagten Acker am Auesee beschreibt.
Dort geht gerade Wolfgang Compart (62) mit seiner Dalmatiner-Hündin Naomi spazieren. Natürlich ist der Vierbeiner angeleint. „Hier, am Auesee, darf ich Naomi ja nicht frei laufen lassen, aber das ist schon in Ordnung“, sagt der Pensionär. Fast täglich komme er hier vorbei. Dass er dabei den geografischen Mittelpunkt der Stadt passiert, hätte er nicht gedacht. „Wenn ich aber überlege, wie weitläufig Wesel ist, und ich mir den Stadtplan vor mein inneres Auge rufe, dann klingt es richtig einleuchtend, dass wir hier genau in der Mitte sind.“