Wesel/Hamminkeln/Schermbeck/Hünxe. Die CDU ist in Wesel, Hamminkeln, Hünxe und Schermbeck stärkste Kraft geworden und hat in allen vier Kommunen stark zugelegt. Das sind die ersten Reaktionen.

Die Wahllokale in Wesel, Hamminkeln, Schermbeck und Hünxe schlossen pünktlich um 18 Uhr. Dann begann das Auszählen vor Ort. Die schnellsten Zähler gab es in Hamminkeln-Loikum. Hier waren im ersten Wahllokal um 18.23 Uhr alle Stimmzettel ausgezählt. Schnell wurde klar, dass die CDU in allen vier Kommunen stärkste Kraft ist und deutlich zugelegt hat. Deutlich zugelegt hat auch die AfD, die drittstärkste Kraft wurde, lediglich in Hamminkeln und Schermbeck kam sie knapp an vierter Stelle. Die Grünen dagegen sind die großen Verlierer der Wahl. Sie verloren bis zu elf Prozentpunkte. Auch die SPD musste Federn lassen, wenn auch in deutlich geringerem Umfang.

Wahlsieger erfreut, SPD-Kandidat enttäuscht

Wahlsieger am Niederrhein ist der CDU-Kandidat Stefan Berger, der sich freut: „Es ist erfreulich zu sehen, dass die CDU NRW für unsere Partei ein Garant für Stabilität und eine der wichtigsten Kraftquellen ist. Die CDU Niederrhein hat viel Vertrauen aufgebaut. Sie ist die stärkste gestaltende politische Kraft in der Region und packt die Themen an, die die Menschen bewegen. Das Wahlergebnis zeigt insgesamt auch, dass die Bürgerinnen und Bürger keine Ampel in Europa wollen. Hervorheben will ich den herausragenden Einsatz unserer Wahlkämpfer und Unterstützer vor Ort, die die CDU und mich als Kandidaten mit voller Kraft unterstützt haben. Die europäische Demokratie lebt von diesem Engagement.“

Ganz andere Stimmung herrscht da bei Norbert Schulz-Wemhoff, dem SPD-Kandidaten aus Wesel: „Wir haben alles getan, was man tun kann“, sagt er mit Blick auf den Wahlkampf. Mit20,64 Prozent hat sich seine Partei in Wesel auch „ganz gut gehalten“, ist hier weiterhin zweitstärkste Kraft. Das lässt sich für das bundesweite Ergebnis allerdings nicht sagen. Für Schulz-Wemhoff bedeuet das: Mit seinem Listenplatz 74 wird er nun nicht ins Europaparlament einziehen. Für ihn ist das „enttäuschend“ und „frustrierend“, „aber man sollte nicht aufgeben“, so der SPD-Mann. Bei der nächsten Europawahl will er wieder antreten.

Weseler Grüne verlieren fast die Hälfte der Stimmen: „Ein absolutes Desaster“

Die großen Wahlverlierer sind allerdings nicht die Sozialdemokraten, sondern die Grünen – sowohl bundesweit als auch auf kommunaler Ebene. „Das brauchen wir nicht schönreden, es ist ein absolutes Desaster“, hält Horst Münnich, Ortsverbandssprecher der Weseler Grünen fest. Auf die Grünen entfielen in Wesel gerade einmal 11,91 Prozent der Stimmen, das ist nur etwas mehr als die Hälfte des Ergebnisses der letzten Europawahl. Damals holten die Grünen in Wesel 21,52 Prozent. Das Wahlergebnis insgesamt, also auf Bundesebene, sei sowohl klimapolitisch, als auch industriepolitisch „eine Katastrophe“ so Münnich weiter. Durch den Zuwachs von CDU und auch der AfD seien nun längst beschlossene Maßnahmen, wie das Verbrenner-Aus, in Gefahr. Laut Münnichs Einschätzung lag der Fehler der Grünen vor allem darin, zu spät in den Sozialen Medien aktiv zu werden, insbesondere bei TikTok.

Zufrieden zeigt sich indes die FDP. Mit 6,28 Prozent hat sie ihr Niveau in Wesel gehalten im Vergleich zur Europawahl 2019 (6,47 Prozent). „Wir sehen das als Rückenwind für die Kommunalwahl“, ordnet die FDP-Stadtverbandsvorsitzende Miriam Kownatzki das Ergebnis ein. Bedenklich findet sie indes sowohl bundesweit als auch auf kommunaler Ebene das Erstarken der AfD – in Wesel ist diese mit 13,3 Prozenten drittstärkste Kraft. Kownatzki führt das vor allem auf die jungen Neuwähler zurück. Es müsse „ein Zeichen an alle Parteien sein, zu schauen, warum junge Menschen rechts wählen.“

Ähnlich besorgt zeigt sich der Weseler CDU-Stadtverbands-Chef Jürgen Göbeler. Zwar sei es „für die CDU ein zufriedenstellendes Ergebnis, was die eigenen Zahlen angeht“ – mit 30,94 Prozent sind die Christdemokraten in Wesel klarer Wahlsieger und haben seit 2019 fast drei Prozentpunkte zugelegt. Dennoch „gibt es die ein oder andere Sorge“, so Göbeler mit Blick auf das „fast beängstigend gute Ergebnis der AfD“. Für die CDU in Wesel sei das ein klares Signal: „Wir müssen gute Partei-Arbeit und gute Rats-Arbeit abliefern und sie auch sichtbar machen“, so Göbeler, um der AfD keine Chance zu lassen, in Wesel Protestwähler zu gewinnen. Dass die Rechtsaußen-Partei bei der nächsten Kommunalwahl in den Stadtrat einzieht, hält er zumindest „für nicht ausgeschlossen“.

Schermbeck: Überraschung über starke AfD

In Schermbeck ist der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Gardemann angesichts der Zuwächse seiner Partei sehr zufrieden. „Das Ergebnis zeigt, dass wir insgesamt in Europa, im Bund, im Land und hier in der Gemeinde einen guten Job gemacht haben“, lobt Gardemann seine Partei. Dass allerdings die AfD als viertstärkste Kraft in Schermbeck durch die Wahlziellinie geht, „ist der Wermutstropfen dieser Wahl.“

Ähnlich sieht das Ulrich Stiemer, Vorsitzender des Schermbecker CDU-Gemeindeverbands. „Für uns genau das, was wir erwartet haben“, sagt er über die 39,69 Prozent, die seine Partei hier geholt hat. Über das Ergebnis auf den dann folgenden Plätzen ist er indes überrascht: Angesichts der Herabsenkung des Wahlalters habe man mit vielen Stimmen für die Grünen gerechnet, die in Schermbeck jedoch nur 11 Prozent bekamen – 10,5 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Europawahl.

Mit diesen 11 Prozent liege man „im guten Durchschnitt im Kreis Wesel, ordnet Elke Langenbrink, Sprecherin des Grünen-Ortsverbands Schermbeck ein. Dieser sieht sich aber „nicht in der Veranstwortung stehend für dieses desaströse Ergebnis.“ Zugleich ist Langenbrink auch gar nicht überrascht von den deutlichen Verlusten ihrer Partei bundesweit: „Wenn die Partei nicht auf die Basis hört, dann fährt man eben solche Ergebnisse ein.“ Auch die Schermbecker Grünen sähen viele Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene kritisch. In Schermbeck wolle man nun kommunal weiter für die Schermbecker und Schermbeckerinnen kämpfen und hoffe, dass auch die Bundespartei ihre Konsequenzen zieht.

Mit ihrem Ergebnis sind die Grünen in Schermbeck außerdem fast gleichauf mit der AfD, auf die 10,49 Prozent der Stimmen entfallen. Verwunderlich, so Ulrich Stiemer (CDU), schließlich spielt die AfD auf Kommunalebene in Schermbeck bislang keine Rolle. Ihm zeige das, „dass die etablierten Parteien darauf achten sollten, mehr auf die Basis zu hören“, insbesondere beim Thema Migration. Erfreulich sei dennoch eines: Die Wahlbeteiligung von 72,5 Prozent.

CDU in Hamminkeln „auf Volkspartei-Niveau“

Der Hamminkelner CDU-Stadtverbandsvorsitzende Norbert Neß ist hörbar zufrieden mit dem Ergebnis seiner Partei: „Die CDU hat in Hamminkeln über dem Trend zugelegt. Wir sind deutlich stärkste Kraft und mit über 40 Prozent auf Volkspartei-Niveau. Eine Europawahl ist keine Kommunalwahl, aber ein wichtiger Stimmungstest: Das Ergebnis gibt Rückenwind für die Kommunalwahl und die Bundestagswahl im nächsten Jahr. Das Desaster der Ampel-Parteien ist Folge des Regierungsversagens in Berlin. Wenn die Parteien die Probleme und Themen der Menschen wirksam lösen, dann graben sie auch den (Rechts-)Populisten wirksam das Wasser ab. Der Schlüssel dazu ist überzeugendes politisches Handeln.“

Weit entfernt von Zufriedenheit ist der Hamminkelner Grünen-Fraktionsvorsitzende Johannes Flaswinkel. „Das Ergebnis war nicht ganz überraschend, aber in dieser Deutlichkeit ernüchternd. Vor allem das AfD-Ergebnis - gerade in „seinem“ Mehrhoog - hält er für eine fatale Entwicklung. „Gleichzeitig sehen wir aktuell, was der Klimawandel bedeutet. Aber in Europa zieht das Thema gar nicht. Das macht mich betroffen.“

„Es war kein einfacher Wahlkampf für die SPD“, kommentiert der Hamminkelner SPD-Fraktionsvorsitzende Malte Schulters das Wahlergebnis. Da zeigt er vor allem auf Berlin. „In der schlechten Darstellung und Kommunikation der Ampel-Regierung lässt sich vieles verorten.“ Er sei aber noch erschütterter über das Ergebnis der AfD angesichts der Ereignisse im Europawahlkampf: „Dass trotzdem noch so viele Rechtsextremen ihre Stimme geben, kann ich nicht verstehen.“ Großes Lob hat er aber für den SPD-Kandidaten Norbert Schulz-Wemhoff: „Der hat einen tollen Wahlkampf hier gemacht. Ich hoffe, dass wir noch anderer Stelle von ihm hören werden.“

Hünxer Parteien alarmiert von starkem AfD-Ergebnis

„Trotz des Trends auf Bundesebene konnten wir das Ergebnis halten und sind damit ganz zufrieden. Auch wenn wir mit dem Gesamtergebnis natürlich nicht zufrieden sein können“, sagt der Hünxer SPD-Vorsitzende Jan Scholte-Reh. Verantwortlich für das Ergebnis auf Bundesebene sei eine Unzufriedenheit der Bürger mit der Ampelregierung. „Es reicht nicht aus, zu sagen, dass man gegen Rechts ist. Man muss auch mit eigenen Inhalten punkten.“ Sorgen macht ihm auch das Ergebnis der AfD in Hünxe. „Das werden wir auf jeden Fall im Auge behalten. Daran müssen wir arbeiten.“

„Ich bin entsetzt. Das Ergebnis ist furchtbar“, sagt Elisabeth Ziggel, Sprecherin der Grünen in Hünxe. Damit meint sie nicht nur das Wahlergebnis ihrer Partei, sondern auch das starke Abschneiden der AfD. „Nachdem die AfD hier plakatiert hat, habe ich so etwas bereits befürchtet. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie so viele Stimmen bekommen. Jetzt müssen wir schauen, wie wir damit umgehen.“ Sie befürchtet, dass auf der europäischen Ebene die AfD mit ihren Zugewinnen nun Entscheidungsprozesse blockieren kann. „Das können wir uns eigentlich nicht leisten.“ Das Ergebnis der Grünen sieht sie vor allem in der Klimapolitik ihrer Partei begründet. „Die Grünen sind die, die anzeigen, die klar benennen, was passiert, wenn wir nicht auf die Bremse treten“, sagt sie mit Blick auf den Klimawandel. Das würde von den Wählern aber nicht belohnt, weil kaum einer persönlich auf etwas verzichten möchte.

Positiv sieht der CDU-Vorsitzende Bernd Chronz das Wahlergebnis. „Für uns ist das natürlich ein tolles Ergebnis, besonders im Vergleich mit den anderen Parteien.“ Er freut sich über die vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung für eine Europawahl. Aber auch er sieht die Stärke der AfD kritisch. „Das müssen wir sehen, wie wir damit umgehen.“