Wesel. Die Stadt Wesel kämpft bei ihren Bauprojekten immer wieder mit unzuverlässigen Handwerks-Unternehmen. Das hat Folgen für Kitas oder Schulen.

Die Freude ist groß gewesen, als im Familienzentrum an der Blücherstraße in Wesel endlich die Arbeiten für die neue Mensa begonnen haben. Jahrelang hatten die Kindertagesstätte und das Evangelische Kinderheim als Träger darauf gedrängt, dass die Kinder endlich mehr Platz fürs Mittagessen haben. Denn bisher können nicht alle Jungen und Mädchen in den Räumlichkeiten essen, ein Teil von ihnen geht deshalb in der Mittagspause nach Hause und wird anschließend weiter betreut – ein Modell, das längst nicht mehr der Lebensrealität der meisten Familien entspricht.

Seit dem vergangenen Frühjahr wird nun am Anbau gewerkelt, eigentlich hätte die Mensa schon um Ostern herum in Betrieb genommen werden können. Doch seit Monaten fehlt ein entscheidendes, wie unscheinbares Teil: der neue Stromzähler. Knackpunkt ist dabei die Position des alten Gerätes, es hängt genau an der Stelle an der Wand, wo der Durchbruch vom Neu- zum Altbau erfolgen soll – doch der alte Zähler muss die Stromversorgung solange aufrechterhalten, bis sein Nachfolger an anderer Stelle an der Wand hängt. Erst dann kann die Verbindungen zwischen den beiden Gebäudeteilen geschlagen werden.

„Wir haben das Gerät vor sechs Monaten bestellt“, sagt Dieter Hitschfel, der als Bauleiter bei der Stadt für das Projekt an der Blücherstraße zuständig ist. Die Kindertagesstätte ist nur ein Beispiel in Wesel, immer wieder verzögern sich städtische Bauvorhaben, weil es Lieferschwierigkeiten oder Probleme mit unzuverlässigen Handwerksunternehmen gibt. Für die Baustellen kann das im schlimmsten Fall weitreichende Folgen haben.

Carmen Peters leitet das Familienzentrum an der Blücherstraße in Wesel und freut sich darauf, wenn der Anbau endlich fertig ist.
Carmen Peters leitet das Familienzentrum an der Blücherstraße in Wesel und freut sich darauf, wenn der Anbau endlich fertig ist. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Da gibt es dann Gerüstbauer, die ihre Gerüste nicht abholen. Dachdecker, die das Dach nicht fertig decken. Manche Arbeiten werden nicht in der geforderten Qualität erledigt, andere gar nicht. „Wir hatten mal eine Firma, die ist einfach nicht mehr gekommen“, erzählt Dieter Hitschfel. Auf Baustellen herrscht dann schnell Stillstand, denn wenn das eine Gewerk seine Arbeiten nicht abschließt, kann das nächste nicht loslegen – und 20 bis 30 Gewerke sind im Schnitt an einem Projekt beteiligt. Besonders groß sind die Schwierigkeiten beim Schulbauprogramm der Stadt: Denn viele Arbeiten können nur zu bestimmten Zeitpunkten erledigt werden, ein Abriss zum Beispiel nur in den Ferien. Im Extremfall kann eine Verzögerung von ein, zwei Wochen ein ganzes Jahr kosten – weil die Bautrupps dann erst wieder in den nächsten Sommerferien anrücken können, um rechtzeitig fertig zu werden.

Die meisten Probleme gibt es mit Firmen von außerhalb

„Die meisten Probleme haben wir mit Firmen, die nicht aus Wesel oder der näheren Umgebung kommen“, betont Baudezernent Markus Postulka. Am liebsten würde er deswegen nur mit Handwerken zusammenarbeiten, die bei der Stadtverwaltung schon wegen ihrer guten Arbeit bekannt sind. Doch die meisten öffentlichen Aufträge müssen wegen gesetzlicher Vorgaben europaweit ausgeschrieben werden, das wirtschaftlichste Angebot muss die Verwaltung in der Regel annehmen. Immer wieder kommen die Unternehmen deswegen aus anderen Teilen der Bundesrepublik, theoretisch können sie auch in Spanien, Malta oder Kroatien ansässig sein.

Materialien lagern in der Weseler Kita an der Blücherstraße. Im Sommer könnten die Arbeiten endlich abgeschlossen sein.
Materialien lagern in der Weseler Kita an der Blücherstraße. Im Sommer könnten die Arbeiten endlich abgeschlossen sein. © FUNKE Foto Services | Markus Weißenfels

Eine wirkliche Handhabe gegen unzuverlässige Unternehmen hat die Stadt nicht. Schärfstes Schwert ist eine Kündigung und eine Forderung von Schadensersatz – nur wird dadurch keine Schule früher fertiggestellt. Dieter Hitschfel und sein Team versuchen es daher meistens erstmal mit telefonischen und schriftlichen Aufforderungen, die Arbeiten zu erledigen. Manchmal gibt es dann auch gute Nachrichten – so wie nun an der Blücherstraße. Der Stromzähler soll bald geliefert werden, zum Start des neuen Kita-Jahres im August dürfte die Mensa dann endlich in Betrieb gehen, ein gutes halbes Jahr später als vorgesehen. „Wir freuen uns sehr“, sagt Einrichtungsleiterin Carmen Peters.