Wesel. Jasmine Wolff aus Wesel wurde als Kalender-Model ausgewählt. Eine schwere Erkrankung änderte ihr Leben. Heute akzeptiert sie sich, wie sie ist.

Jasmine Wolff ist eine attraktive Frau mit Ausstrahlung, keine Frage. Aber keine, die in das 90-60-90-Schema der Modeindustrie passt. Dennoch hat die 40-Jährige aus Wesel jüngst das Modeln entdeckt und stand für einen Kalender vor der Kamera. Dafür wurde sie mit 22 weiteren Frauen unter 1500 Bewerberinnen ausgewählt. Genormte Schönheitsideale bleiben dabei außen vor: Wer sich für die Agentur „Fräulein Kurvig“ ablichten lässt, der hat eine Botschaft: „Schön sind Menschen, die mit sich im Reinen sind“, sagt die gelernte Erzieherin. Das hat sie selbst erst im Laufe ihres Lebens lernen müssen.

Die gebürtige Duisburgerin und Mutter von zwei Kindern ist mit einem Gewicht von 87 Kilo bei einer Größe von 1,80 Meter noch nicht einmal besonders rund, so wie man es von einem „Fräulein Kurvig“ erwarten würde. Aber auch darauf kommt es nicht an. Das Anliegen ist es zu vermitteln, dass Frauen sich annehmen sollten, wie sie sind. „Es sollte akzeptiert sein, dass auch eine Frau mit Größe 54 sagt, ich liebe jedes einzelne Kilo an mir“, sagt Jasmine Wolff. Sie will zum Nachdenken anregen: „Und wenn nur eine Frau sich fragt: ‚Wieso darf ich mich nicht sexy fühlen?‘ habe ich mein Ziel schon erreicht.“

Sie selbst hat jahrelang mit ihrem Körper gehadert. In der Pubertät schon hat sie sich für ihre Figur geschämt: Lang, dünn, mit großen Füßen und ohne jede Kurve sei sie gewesen: „Eine Bohnenstange.“ Nach der Geburt ihrer Tochter, die heute 20 ist, änderte sich das: Plötzlich hatte sie Oberweite und Rundungen, die ihr trotz aller Diäten treu blieben. „Ich fand das ganz schlimm. Früher habe ich mich immer hinter meiner Kleidung versteckt und versucht, alles zu kaschieren.“

„Fräulein-Kurvig“-Model: „Schock-Moment“ auf dem Festival

Die Fähigkeit, sich selbst zu akzeptieren und unerreichbare Ideale hinter sich zu lassen, entdeckte Jasmine Wolff infolge einer Erkrankung: Es stellte sich heraus, dass sie an einem Gendefekt leidet, der massive Herzprobleme verursacht. Jasmine Wolff musste sich einen Defibrillator einsetzen lassen. „Der hat mir schon dreimal das Leben gerettet.“ Das erste Mal, als das Gerät eingreifen musste, sei für sie ein „Schock-Moment“ gewesen, berichtet sie: Bei einem Festival fühlte sie sich plötzlich unwohl und hatte das Gefühl, „als ob mir jemand in den Rücken springt.“ Sie erinnert sich an einen Knall, der Defibrillator verhinderte, dass ihr Herz stehen blieb.

Für längere Zeit traute sie sich kaum etwas zu, mied Kontakte. „Ich habe mich völlig gehen lassen.“ Nach einiger Zeit und mit therapeutischer Begleitung gelang ihr ein anderer Blick auf sich und auch auf ihren Körper. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Leben sofort zu Ende sein kann.“ Das half ihr, dankbar zu sein für jeden Tag, zufriedener mit ihrem Äußeren – und dem Inneren. Heute kann sie von sich sagen: „Ich bin definitiv eine kurvige Frau, aber ich darf auch meine Schönheit unterstreichen.“

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Leben sofort zu Ende sein kann.
Jasmine Wolff - hat gelernt, dass es nicht auf unerreichbare Schönheitsideale ankommt

Und das traut sich die 40-Jährige heute auch zu zeigen. Auf die Idee, sich als Model zu bewerben, ist sie dennoch nicht von selbst gekommen. Eine Freundin entdeckte in den Sozialen Medien den Aufruf der Agentur „Fräulein Kurvig“ für den Kalender 2025 und schickte heimlich Fotos von Jasmine Wolff ein. Die positive Antwort landete im Mailpostfach der überraschten Erzieherin, die in Hünxe eine Großtagespflege betreibt. „Ich habe erst mal gegoogelt“, berichtet Jasmine Wolff. Das Anliegen der Agentur, Menschen so zu zeigen, wie sie sind – egal mit welchen Körpermaßen, ob mit oder ohne Handicap – gefiel ihr. Also wurde Jasmine Wolff eines von 23 Modellen für den Kalender 2025.

Kalender soll Diversität zeigen

Der „Fräulein-Kurvig“-Kalender erscheint seit 2020 und steht für Diversität. So beschreibt es die Model-Agentur auf ihrer Homepage fraeulein-kurvig.com. Frauen und Männer jeder Hautfarbe, Körperform und Sexualität können sich als Model bewerben. Körpervielfalt in den Medien zu platzieren, sei das Ziel, heißt es. Dem Instagram-Kanal fraeulein_kurvig folgen inzwischen über 33.000 Follower.

Das Shooting in Düsseldorf mit vielen, ganz unterschiedlichen Frauen sei sehr locker und herzlich gewesen, sagt sie. Sich vor der Kamera zu präsentieren, sei ihr daher nicht schwergefallen. Sie traute sich sogar etwas gewagtere Fotos zu. Fünf der Models dürfen sich über ein ganzseitiges Bild freuen, Jasmine gehört dazu. Auf den Kalender, der im Herbst erscheint, freut sich die 40-Jährige schon sehr – und auf ein weiteres Shooting: Als Kalender-Model nimmt sie automatisch am Casting für den Titel „Fräulein Kurvig 2024“ teil. „Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht....“