Wesel/Hamminkeln. Eine 41-jährige Weselerin musste sich wegen eines kuriosen Betrugs vor dem Amtsgericht verantworten. Wieso der Richter Milde walten ließ.

Wegen Betruges musste sich jetzt eine 41-jährige Weselerin vor dem hiesigen Amtsgericht verantworten. Dabei war nicht so sehr der ergaunerte Geldbetrag (insgesamt 180 Euro) bemerkenswert, sondern die Art und Weise, mit der die Angeklagte dabei vorgegangen ist:

Bei zwei evangelischen Kindergärten in Wesel hat die Frau im Mai 2022 angerufen und sich als örtliche Pfarrerin ausgegeben. Den Angestellten am Telefon erzählte sie, dass gleich eine bedürftige Frau kommen würde, der man bitte 80 bzw. 100 Euro aushändigen solle. Dann ging sie selbst dorthin uns kassierte das Geld ein. Erst als sie es im August 2022 noch einmal mit der gleichen Masche in Hamminkeln versuchte, wurde der Gesprächspartner skeptisch und rief die Polizei.

Gegen sie standen also zwei Fälle von Betrug und ein versuchter Betrug in der Anklageschrift. Diese hat sie auch unumwunden zugegeben: „Ich hab‘s getan, um meinen Drogenkonsum zu finanzieren“, erklärte die von Bürgergeld lebende 41-Jährige sofort. Zum Tatzeitpunkt vor zwei Jahren sei sie von Amphetamin (Speed) und THC (Cannabis) abhängig gewesen. Geändert hatte sich das erst, als sie im Juli 2023 ins Gefängnis musste. Kalter Entzug, von jetzt auf gleich. „Das war gut so, musste sein“, kommentierte die Angeklagte das nun.

Einschlägige Vorstrafen, auch wegen Drogenkonsum

Die Verlesung ihres zweistelligen Vorstrafenregisters unterstrich diese Einschätzung: Seit 2006 hatte die Frau immer wieder vor Gericht gestanden, in den meisten Fällen war sie wegen Betrugs oder versuchten Betrugs verurteilt worden, zweimal auch wegen Diebstahls und einmal wegen Urkundenfälschung. Einschlägig vorbestraft also, immer in Zusammenhang mit ihrer Drogenabhängigkeit. Außerdem gibt es noch zwei weitere Verurteilungen – einmal wegen gewerbsmäßigen Betrugs in Bocholt und einmal wegen des Diebstahls eines Parfums in Wesel, die erst kürzlich gefällt wurden und deren Bewährungszeit noch läuft.

In der Anklagebank machte die 41-Jährige bei ihrem jüngsten Auftritt vor Gericht allerdings einen sehr aufgeräumten Eindruck, seit neun Monaten sei sie mittlerweile clean und stehe inzwischen in Kontakt mit der Drogenberatung. Auch die Bewährungshelferin, die der Weselerin seit Juli 2023 zur Seite steht, stellte ihr eine positive Sozialprognose: „Wenn sie weiterhin clean bleibt, sollte es ganz gut laufen.“

Richter zeigt sich verständnisvoll

Der Richter begegnete der Angeklagten mit viel Verständnis. Sie sei „ein leuchtendes Beispiel, was passiert, wenn der Suchtdruck groß genug wird.“ Den gewerbsmäßigen Betrug nahm er entgegen der Forderung der Staatsanwaltschaft nicht an, vielmehr habe sie „aus einer Not heraus“ gehandelt. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, lautete sein Urteil. Das allerdings steht quasi nur auf dem Papier – denn es muss ohnehin aufgelöst und mit den anderen beiden jüngeren Urteilen zu einer Gesamtstrafe zusammengefasst werden. Und diese muss geringer sein, als die Summe der Einzelstrafen.

Weil hier also ohnehin nicht allzuviel zu erwarten ist, hätte es theoretisch auch die Möglichkeit gegeben, das Verfahren einzustellen (§154 StPO). Das hätte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragen müssen, was diese aber nicht wollte. Zwar sei die Angeklagte vollständig geständig gewesen, was ihr positiv anzurechnen sei, jedoch überwiegten die Negativpunkte: die einschlägigen Vorstrafen, das Straffälligwerden während der Bewährungszeit und vor allem, dass sie sich einer falschen Identität bediente, um Geld von kirchlichen Einrichtungen zu ergaunern.

„Ich kann nur sagen, dass mir das total unangenehm ist“, hielt die Angeklagte als letzte Worte fest. Mit Drogen wolle sie nichts mehr zu tun haben.