Wesel. Zu Jahresbeginn stieg die Mehrwertsteuer auch in Restaurants am Niederrhein. Die Erfahrungen überraschen – gehen sie doch gegen den Trend.

Für die Gastronomiebranche und die Hotellerie sind die ersten Monate des Jahres traditionell eher ruhiger: Die Gäste lassen nach dem Jahreswechsel oftmals noch auf sich warten, Familienfeiern werden wenn möglich lieber auf die wärmeren Tage geschoben, am Niederrhein zieht erst mit dem Start der Spargelsaison an vielen Orten wieder der Restaurantbesuch an und mit dem Wonnemonat Mai dann auch die Außengastronomie. In diesem Jahr spielt aber auch die Anhebung der Mehrwertsteuer eine Rolle, das hat laut einer Umfrage der Dehoga vielerorts zu einem Rückgang der Gästezahlen geführt.

Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein, betont: „Die Stimmung ist nicht überbordend, um es mal diplomatisch auszudrücken. Wir haben in der Branche ein Minus von sechs Prozent, eine durchgängige Umsatzkrise.“ Das sei erstmal die Größe, mit der man umgehen müsse. Eine Warnung? „Ja, sicher.“ Das Konsumverhalten habe sich verändert, zudem fehle es oftmals in den Restaurants einfach am nötigen Personal. Aber es gebe natürlich auch Betriebe, bei denen es gut laufe. „Ich freue mich über jeden Betrieb, der keine Einbußen hat.“ Das entscheidende Kriterium sei die Kaufkraft in der jeweiligen Region.

Momentan eine „Schockstarre“ bei den Gästen

Auch Ulrich Langhoff, Inhaber des Restaurants Lippeschlößchen in Wesel, kann den Trend bestätigen. „Die Leute gehen längst nicht mehr so oft essen, gucken sich alles genau an. Mal eben essen gehen – das ist rückläufig.“ Auf der anderen Seite werde extrem auf Qualität und Leistung geachtet, die Wertigkeit der Lebensmittel. „Wir haben momentan eine gewisse Schockstarre. Aber das wird sich anpassen, regulieren, einspielen.“

An ein Zusammenspiel mehrerer Aspekte glaubt Christopher Klump vom Landhotel Voshövel. „Ich denke nicht, dass es allein an der Mehrwertsteueranpassung liegt. Unter der Woche ist der Besuch generell geringer geworden, auch im Hotel.“ Die Gäste würden auch nicht mehr drei, vier Tage bleiben, sondern nur noch ein oder zwei. „Es ist nicht mehr das Schlaraffenland der Jahre davor, die Leute sind zurückhaltender, vorsichtiger.“ Doch das liege eher an der allgemeinen Situation, an den Kostensteigerungen. Und im Restaurant habe man aber schon vor einem Jahr die Preise moderat angehoben. Nach der Corona-Zeit seien die Gäste verstärkt ausgegangen, nun bewege man sich eben wieder auf einem normalen Niveau. „Ich bin hier deshalb eher vorsichtig, von einer Krise zu sprechen“, so Klump, „es pendelt sich eher alles wieder ein.“ Und die Mehrwertsteuer sei eben nur ein Teilaspekt.

Leicht angehobene Preise

Auch im Restaurant Nappenfeld in Schermbeck ist die Stimmung eher positiv. „Wir haben nicht weniger Gäste, da hat sich nichts verändert“, sagt Vroni Nappenfeld. Natürlich habe man auch hier die Preise leicht anheben müssen, doch das habe keinerlei Einfluss auf die Gästezahlen gehabt. Hilfreich ist da sicherlich auch das große Einzugsgebiet bis ins Ruhrgebiet. Gut angenommen werden auch weiterhin Aktionen wie die Spare-Ribs-Tage – und auch auf die wärmeren Tage setzen die Nappenfelds verstärkt.

Clemens Hartmann vom Marienthaler Gasthof hat ebenfalls keinen Rückgang der Gästezahlen feststellen können. Wohl aber eine allgemeine Zurückhaltung. „Die ist allerdings auch beispielsweise im Einzelhandel feststellbar, da geht keiner mehr mit vollen Einkaufstaschen durch die Stadt.“ Von einem Umsatzrückgang könne er aber nicht sprechen. „Wir können nicht klagen, haben auch gar keine Zeit zum Klagen.“ Nun warte man darauf, dass sich das Sommerfeeling bei den Gästen einstellt.

So oder so – „wir erwarten ein spannendes Jahr 2024“, wie Thomas Kolaric glaubt. „Man kann die Entwicklung noch nicht voraussagen, sie ist noch nicht greifbar. Aber es könnte ein schwieriges Jahr werden. Denn die Restaurant-Betreiber konnten ja auch nicht aus wirtschaftlich tollen Jahren schöpfen.“ So manch ein Gast könnte sich aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen den nächsten Restaurantbesuch genau überlegen....