Wesel. Die Weseler Lokalpolitik stellt sich mehrheitlich hinter die Absicht der Verwaltung, Grund- und Gewerbesteuern anzuheben. Das sind die Argumente.

Die geplante Anhebung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern ist auch für die Weseler Lokalpolitik eine bittere Pille. Niemand beschließe gern Steuererhöhungen, ist der Tenor der Fraktionen, die nun im Haupt- und Finanzausschuss über eben jene beraten haben. Dafür gestimmt hat am Ende aber doch die Mehrheit (mit zwei Gegenstimmen). Denn sie ist, auch darüber sind die meisten der Fraktionen sich einig, die einzige Möglichkeit den städtischen Haushalt zu retten und die gefürchtete Haushaltssicherung zu umgehen.

Mit einem Defizit in Höhe von 16,8 Millionen Euro rechnet Kämmerer Klaus Schütz für das Haushaltsjahr 2024. Hintergrund ist in dem Fall aber nicht, dass die Stadt selbst schlecht wirtschaftet, sondern dass der Stadt zwar von Bund und Land Aufgaben übertragen, jedoch nicht ausreichend von diesen finanziert werden. Diese Kosten steigern also die Ausgaben der Kommune, während die Möglichkeiten, Einnahmen zu erhöhen, begrenzt sind. Als große Stellschrauben bleiben nur die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuer.

„Wir sind an einem Punkt, wo wir ohne Steuererhöhungen nicht weiterkommen“, erklärte Schütz im Ausschuss. Mit der angedachten Erhöhung der drei Hebesätze könnten 7,6 Millionen Euro zusätzlich in den Stadtsäckel fließen. Demgegenüber stünden (im Falle der Grundsteuer B) Mehrbelastungen von Hauseigentümern in einer Größenordnung von etwa sechs bis acht Euro im Monat. Daher warb der Kämmerer bei den Fraktionen eindringlich um deren Zustimmung, „notfalls mit der Faust in der Tasche.“

Steuererhöhung: Verwaltung und Politik sehen keine andere Möglichkeit

So kam es dann auch mehrheitlich. „Wir würden es auch sehr gerne vermeiden“, führte etwa Jürgen Linz (CDU) aus, aber: „Wir bleiben nur handlungsfähig, wenn wir nicht in die Haushaltssicherung rutschen.“ Zudem verwies er in Sachen Grundsteuer B darauf, dass – obwohl die Stadt eine deutliche Erhöhung beabsichtigt – die Hebesätze in Wesel auch danach immer noch ein recht moderates Niveau hätten. Zum Vergleich: In Wesel wird darüber diskutiert, den Hebesatz der Grundsteuer B von 493 auf 690 Prozent anzuheben. In der Nachbarstadt Hamminkeln lag er bereits 2023 bei 650 und soll dort im kommenden Jahr auf 1300 angehoben werden.

Ganz ähnlich sah das Ludger Hovest (SPD), der ebenfalls auf die höheren Hebesätze in vielen Kommunen im Kreis verwies und gleichzeitig betonte, dass Wesel das Geld schließlich in Zukunftsprojekte investiere. Eng verwoben mit der Diskussion um die Steuererhöhungen war außerdem das bereits zuvor verhandelte Thema Zertifikatskauf. Nur unter der Bedingung, sich per Beschluss darauf zu verständigen, zukünftig keine Zertifikate zum CO2-Ausgleich zu kaufen, wollte die SPD der Steuererhöhung zustimmen.

Linke und WfW stimmen dagegen

Klar gegen die Anhebung der Hebesätze positionierten sich sowohl die Linke als auch die WfW. Barbara Wagner (Linke) begründete ihre Ablehnung damit, dass es bei den Grundsteuern A und B um jeweils knapp 40 Prozent gehe, während der Hebesatz für die Gewerbesteuer um rund 4,5 Prozent angehoben werden soll. „Da ist für mich eine gewisse Unwucht drin“, so Wagner, die Einschnitte würden durch dieses Vorgehen ungleich verteilt. Zudem wäre es bereits die dritte Erhöhung der Grundsteuer in Folge.

Thomas Moll (WfW) sprach sich vor allem gegen die Höhe der geplanten Anhebungen aus. 40 Prozent (Grundsteuer B) seien „deutlich zu viel für die Sozialstruktur in dieser Stadt“. Damit würde man Bürgerinnen und Bürger „in Hände treiben, wo wir sie nicht haben wollen.“ Die vom Kämmerer geschätzten Mehrbelastungen für die einzelnen Haushalte zweifelte er darüber hinaus an.

Steuererhöhung: So geht es weiter

Erst in der Ratssitzung am 12. Dezember wird die finale Entscheidung über die Steuererhöhungen getroffen, obwohl der eigentliche Haushalt für 2024 erst im März verabschiedet werden soll. Diese vorgezogene Entscheidung ist nötig, weil die Steuerbescheide bereits im Januar verschickt werden.

Beabsichtigt ist, den Hebesatz für die Grundsteuer A von 265 auf 370 Prozent anzuheben, den für die Grundsteuer B von 493 auf 690 Prozent sowie für die Gewerbesteuer von 448 auf 468 Prozent.