Hamminkeln/Rees. In Mehrhoog gibt es eine Debatte über die Landesunterkunft in Haldern. Was Geflüchtete über jene sagen, die sich nicht an die Gesetze halten.
- In Mehrhoog gibt es schon länger eine heftige Diskussion um die Geflüchteten aus der ZUE in Haldern. Die NRZ sprach mit den Flüchtlingen selbst.
- Ein Syrer kann die Sorgen und die Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner nachvollziehen.
- Ein Flüchtling aus Tunesien fordert eine sofortige Abschiebung für jene, die die Gesetze und das Leben der anderen nicht respektieren.
Seit Monaten laufen in Mehrhoog hitzige Diskussionen über die Flüchtlingssituation in dem Hamminkelner Ortsteil. Manche Anwohnerinnen und Anwohner berichten von angeblichen Straftaten, die Bewohnerinnen und Bewohner der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) im Halderner Depot – eine der beiden Landesunterkünfte in der Nachbarstadt Rees – verübt haben sollen. Doch laut Polizei sind diese Straftaten nur in geringer Zahl aktenkundig. „Wir dürfen die Bewohner nicht unter Generalverdacht stellen“, hatte Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski zuletzt gesagt. Die NRZ hat sich vor Ort umgesehen und mit einigen geflüchteten Menschen aus der Einrichtung über die Stimmung in Hamminkeln gesprochen. Bekommen sie die Diskussionen überhaupt mit?
Flüchtlinge der ZUE in Rees: Die Befürchtungen der Anwohner sind nachvollziehbar
Es ist ein sonniger Herbstvormittag. Vor dem Eingang der Unterkunft steht Mohammad (Name geändert), er kommt gerade vom Bahnhof in Mehrhoog und ist 45 Minuten bis zur zentralen Unterbringungseinrichtung gelaufen. Der Syrer flüchtete vor drei Monaten nach Deutschland und wohnt seitdem im ehemaligen Bundeswehrdepot in Haldern. Ab und zu besucht Mohammad seinen Cousin in Essen. „Ich kann nicht 24 Stunden zwischen den vier Wänden in der Unterkunft bleiben. Deshalb fahre ich über Mehrhoog nach Essen“, sagt er und ergänzt: „Dafür muss ich erst mal zum Bahnhof in Mehrhoog laufen, denn dieser Weg ist viel kürzer als der Weg nach Rees.“
Der Syrer kann die Sorgen und die Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner nachvollziehen. „Hier leben viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen. Aber wenn jemand etwas Falsches macht, heißt es nicht unbedingt, dass wir alle schlecht sind“, betont der 27-Jährige. Er ist der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger in Mehrhoog auch verstehen müssen, „dass wir hier kein normales Leben haben und kaum Menschen außer den Mitbewohnern der Einrichtung sehen.“
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Dieser Aussage stimmt Kolawole zu. Vor sechs Monaten ist der Nigerianer in die ZUE gekommen. „Wir haben hier keine Einkaufsmöglichkeiten, deshalb müssen wir nach Mehrhoog gehen, um etwas kaufen zu können.“ Der 37-Jährige ist wegen der instabilen Lage aus seiner Heimat geflohen. Bereits seit ein paar Jahren leben seine Frau und sein Sohn in Wuppertal. „Ich will sie wiedersehen“, hofft er.
Kolawole hat in Nigeria BWL studiert. In Deutschland sei er bestrebt, sich in die Gesellschaft zu integrieren und ein positives Bild seiner Kultur zu vermitteln. Gerade befindet er sich wie andere Flüchtlinge in der Haldener ZUE mitten im Asylverfahren, deshalb kann er derzeit nicht arbeiten. „Trotzdem hoffe ich, dass ich schnellstmöglich einen Job finde“, so der Nigerianer.
Wer sich an die Gesetze nicht hält, muss abgeschoben werden
Die Flüchtlinge in der Unterkunft sind vor allem Menschen, die ihre Länder aufgrund von Krieg oder Unterdrückung verlassen haben. Allein in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (Rees II) leben derzeit nach Angaben der Bezirksregierung Düsseldorf 448 aus unterschiedlichen Ländern, unter anderem aus Syrien, dem Iran, Afghanistan, Nigeria sowie aus Nordafrika. Der Tunesier Haidar berichtet über Probleme von Menschen aus der Unterkunft und bestätigt, dass Drogen und Alkohol von einigen Geflüchteten konsumiert werden. „Solche alkoholisierten Menschen machen nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern Sorgen, sondern uns auch“, sagt der 25-Jährige.
Allerdings kann Haidar nicht verstehen, dass alle Geflüchteten der ZUE pauschal kritisiert werden. „Jeder hier präsentiert sich selbst. Wir wollen hier leben – und nicht das Leben der anderen zerstören“, sagt er. Er fordert eine sofortige Abschiebung für jene, die die Gesetze und das Leben der anderen nicht respektieren. „Wer das nicht tut, muss sofort abgeschoben werden, egal aus welchem Land er kommt“, sagt er.
Die ZUE ist kein Gefängnis
Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski findet, dass die geografische Lage der ZUE in Haldern ein wesentlicher Baustein der problematischen Situation sei. Doch die Menschen in Mehrhoog müssten auch verstehen, dass die Unterkunft keine „gefängnisähnliche Struktur“ habe – heißt: Die Bewohnerinnen und Bewohnern dürfen sich nun mal frei bewegen. „Gerade aus diesen Gründen ist mit der Bezirksregierung Düsseldorf besprochen, dass wir einen Standort finden müssen, der einen guten und sicheren Zugang zu örtlicher Infrastruktur hat“, sagt Romanski mit Blick auf die mögliche Einrichtung einer Landesunterkunft in Dingden.
Denn die Isolation der Menschen sei aus seiner Sicht ein wesentliches Integrationshemmnis. „Die Menschen müssen Wege finden zusammen zu kommen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und den Menschen gegenüber zu verstehen“, hofft Romanski.