Wesel/Hünxe/Schermbeck/Hamminkeln. Neues Heizungsgesetz: Fernwärme, Geothermie oder sogar Wärme aus Grubenwasser? Die hiesigen Kommunen müssen für ihre Bürger Angebote planen.
Die kommunale Wärmeplanung ist derzeit für die Städte und Gemeinden ein Mammutprojekt. Nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz, auch Heizungsgesetz genannt, sind sie zur Aufstellung des Konzepts verpflichtet. Bürger sollen so die Möglichkeit bekommen, effektiv und klimaschonend Wärme zu beziehen, etwa über Fernwärme, anstatt selbst eine Heizung anzuschaffen, die den neuen Regeln entspricht. Dazu haben kleinere Kommunen bis 2028 Zeit. So planen die hiesigen Städte und Gemeinden.
Wesel steht dabei noch sehr am Anfang. Die Förderung für die Erstellung des Wärmeplans ist beantragt und wird bis Anfang 2024 bewilligt sein, hofft Stadtplaner Martin Prior. Dann kann die Stadt ein Büro mit der Arbeit beauftragen. Welche Wärmequellen kann die Stadt nutzen? Fernwärme gibt es in Wesel bisher nicht, nur ein Gasnetz – aber das kann nicht umgebaut werden. Also fängt die Hansestadt hier bei Null an. Allerdings gibt es Erfahrungen und Daten aus dem Energiequartier Schepersfeld, die man nutzen könne, erklärt Klimaschutzmanager Ulrich Kemmerling.
Geothermie werde dabei eine Rolle spielen, ist sich Kemmerling sicher. Auch in Biogasanlagen sieht er großes Potenzial für die Stadt. Ebenso werde in Betracht gezogen, Abwärme zu nutzen, etwa aus dem Klärwerk oder Gewerbebetrieben. Das alles müsse aber untersucht werden. Am Anfang steht in Wesel die Bedarfsanalyse, anschließend werden die potenziellen Wärmequellen analysiert. Die Menschen treibt das Thema schon um: Einige Bürger haben bei der Stadt angerufen und gefragt, welche Heizung sie bekommen können, berichtet Prior. Mit der Antwort müssen sich die Weseler wohl noch bis 2028 gedulden, denn der Wärmeplan ist eine „Riesenaufgabe“, so Kemmerling. Dazu kommt: Auch für die meisten Ingenieurbüros ist die Aufgabe Neuland.
So plant Hamminkeln die Wärme der Zukunft
Schon sehr früh sah die Stadt Hamminkeln dieses Thema auf sich zukommen – und stellte Anfang des Jahres die entsprechenden Förderanträge. Demnach hofft die Verwaltung auch auf Fördermittel in Höhe von 85 Prozent. Im Rahmen des Informationsabends Ende August zeigte sich auch das große Interesse in der Bürgerschaft. Volker Broekmans, Leiter strategische Projekte für Klima und Energie bei der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK), hatte in der Bürgerhalle Wertherbruch das energetische Konzept zur Klimaneutralität Hamminkelns präsentiert.
In den einzelnen Stadtteilen werden in den nächsten Jahren gemäß eines Clusters alle Haushalte und deren Energieversorgung erfasst – unterteilt in 13 verschiedene energetische Quartiere mit zwei bis drei Fokusgebieten mit Priorisierung. Die DSK-Mitarbeiter werden Daten auch durch eine Vor-Ort-Begehung und eine Fragebogenaktion ermitteln. „Eins aber ist auch klar“, so Bürgermeister Bernd Romanski, „in den abgelegenen Außenbereichen müssen einige gucken, wie sie klar kommen – sprich sich selbst um Photovoltaik oder Wärmepumpe kümmern.“ Eine Alternative könnten auch Biogasanlagen sein.
Hünxe prüft Grubenwasser für Wärmeversorgung
Im August hatte die Politik im Fachausschuss in Schermbeck sich für die Erstellung eines kommunalen Wärmeversorgungsplanes ausgesprochen. „Wir haben uns schon auf den Weg gemacht – der Förderantrag läuft“, berichtet Gerd Abelt von der Gemeindeverwaltung. Sollte der bewilligt werden, könne man Chancen und Risiken untersuchen. „Erdwärme steht in Konflikt mit Wasserschutzzonen“, erläutert Abelt eine besondere Problematik, die es auch beim neuen Baugebiet Spechort an der Erler Straße zu berücksichtigen galt. Dort wird es bald eine Kaltnahwärmeversorgung über eine Erdbohrung geben. Für die künftigen Bewohner gilt dann ein Anschluss-und-Benutzungszwang. Aber auch andere Möglichkeiten – wie beispielsweise das Nutzen der Abwärme von Ziegelwerken – würden in die Betrachtungen einfließen.
Auch in Hünxe hofft Kämmerer Michael Häsel bald einen positiven Bescheid zu erhalten, der dann 90 Prozent der 80.000 Euro des Förderantrags abdecken würde. Dann könne die Zusammenarbeit mit der ZUG losgehen, so Häsel weiter. Die ZUG („Zukunft-Umwelt-Gesellschaft“) ist eine Bundesgesellschaft und spezialisierte Projektträgerin für alle Themen rund um den Schutz von Umwelt, Natur und Klima. Der Kämmerer nennt eine Besonderheit seiner Gemeinde: Es sei zumindest eine Überlegung wert, das Grubenwasser aus dem Schacht Hünxe zur Wärmeversorgung zu nutzen. Dieses würde ab 2030 mit einer Temperatur von mehr als 35 Grad aus dem Schacht gepumpt und könnte noch etwa 30 Grad warm in Bruckhausen ankommen. Darüber müsse man noch Gespräche führen mit der RAG, die für die Ewigkeitskosten des Bergbaus zuständig ist. Häsel nennt das Grubenwasser, das sonst runtergekühlt und in den Rhein geleitet würde, eine „unendliche Wärmequelle.“
Teile von Bruckhausen werden jetzt übrigens schon vom Fernwärmenetz der Stadtwerke Dinslaken versorgt. Wieweit dies ausbaufähig sei, müssen eine Analyse zeigen. Klar sei aber jetzt schon, so Häsel, dass es nicht „Fernwärme bis zum letzten Bauernhof geben wird.“
Das sind die Regeln des neuen Heizungsgesetzes
Ab 2024 gelten die neuen Regeln zunächst in Neubaugebieten: Hausbesitzer müssen ihre Heizungen zu 65 Prozent mit regenerativen Energien betreiben. Bei Bestandsgebäuden gilt, dass die alten Heizungen weiter genutzt und bei Defekten auch repariert werden dürfen. Kann die Heizung nicht repariert werden, haben Eigentümer drei Jahre Zeit, eine neue Heizung einzubauen, die der 65-Prozent-Regel entspricht, in dieser Zeit kann eine gebrauchte Heizung mit fossilen Energien genutzt werden. Es gibt auch zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel, zum Beispiel für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Die Kommunen sind verpflichtet, eine Wärmeplanung aufzustellen.