Wesel. Speditionen wie Imgrund aus Wesel halten den Zeitpunkt der geplanten Lkw-Mauterhöhung für verfrüht. Ihnen fehlen Alternativen im Transportwesen.
Die Entscheidung wird im fernen Berlin getroffen, doch das Weseler Transportunternehmen Imgrund wird die Auswirkungen nach eigener Aussage massiv spüren – und damit auch die Kunden. Zum 1. Dezember will die Bundesregierung einen CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut einführen, um damit Klimaschutz auf der Straße voranzutreiben.
Für Unternehmen wie Imgrund mit insgesamt 170 Fahrzeugen würde die Maut damit von 160.000 Euro monatlich auf über 300.000 im Monat steigen. „Diese Kosten müssen wir an die Kunden weitergeben“, sagt Jörn Thier. Die Imgrund-Geschäftsführung sprach mit dem Weseler Bundestagsabgeordneten Bernd Reuther, der auch verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion ist, und Branchenvertretern über die Folgen für die Firmen und erklärte, warum ein Umstieg auf E-Lkw und Schiene das Problem aktuell nicht lösen kann.
In der kommenden Woche wird der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag beraten. Die Speditionsbranche hält den Zeitplan der Einführung für übereilt und kritisiert mangelnde Alternativen für die Unternehmen. Jens Pawlowski vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) in Berlin begleitete Reuther zur Weseler Firma. Er fürchtet durch die höhere Maut eine drohende Preissteigerung bei Endprodukten. „Am Ende zahlt es der Bürger.“ Allein eine Kiste Wasser zum Beispiel würde etwa um 50 Cent teuer.
Spediteure müssen höhere Mautkosten an Kunden weitergeben
Die Weseler Firma Imgrund hat sich auf Silotransporte spezialisiert. Die beiden Geschäftsführer Jörn Thiel und Bernd Schepers gehen ebenfalls von steigenden Preisen aus. Das Unternehmen transportiert Produkte wie Salz, chemische Produkte, Futtermittel und ist laut Geschäftsführung der größte Mehltransporteur in Deutschland, der Bäckereien und Großunternehmen beliefert. Thier: „Das wird sich auf die Mehlpreise auswirken.“
Mehr Klimaschutz sei auch im Transportgewerbe notwendig und die Mauterhöhung dabei ein wichtiger Hebel, räumt Bernd Schepers ein. „Wir wollen unseren Beitrag leisten.“ Doch der Zeitpunkt sei falsch. Denn die Unternehmer sehen derzeit keine Alternative: E-Lkw seien auf dem Markt kaum zu kriegen. Nur ein Hersteller biete E-Fahrzeuge überhaupt an, Silofahrzeuge schon gar nicht. Ganz zu schweigen von der fehlenden Ladeinfrastruktur, an herkömmlichen Ladesäulen ließen sich die Brummis nicht auftanken. Die Einführung der Maut müsse an die Verfügbarkeit von Alternativen zum Diesel-Lkw gekoppelt sein, so die Forderung. Das werde noch mindestens ein Jahr dauern.
Imgrund-Geschäftsführer: Schiene ist oft keine Alternative zum Lkw
Und die Schiene als Alternative? Hier sieht die Imgrund-Geschäftsführung zumindest aktuell noch keine wirkliche Lösung. „Bäcker haben keinen Schienenanschluss“, so Jörn Thier. Das Transportunternehmen sei oft im Nahbereich von 150 Kilometern unterwegs. Im Stadthafen hat Imgrund einen Umschlagbetrieb errichtet, dadurch würden immerhin 2400 Lkw-Ladungen pro Jahr gespart. So solange die Betuwe-Linie nicht fertig ist, sei aber auch die Schiene eine Zukunftsvision. Die nach Meinung von Jens Pawlowski auch nur beschränkt Entlastung bringe: Über 90 Prozent der Transporte seien auf kürzeren Strecken von unter 300 Kilometern im Einsatz, da sei die Schiene keine Alternative.
Die Mauterhöhung von 19 auf 34,8 Cent pro Kilometer für einen modernen Standard-Lkw müsse auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, lautet eine Forderung der Transportbranche. Auf jeden Fall mindestens auf den 1. Januar 2024, damit die Unternehmen ihre Verträge nicht im laufenden Jahr anpassen müssen. Auch müsse die doppelte CO2-Abgabe durch den Zuschlag auf Lkw-Diesel und die Maut vermieden werden. Dabei setzten Unternehmen wie Imgrund auf die Unterstützung der FDP und Bernd Reuther. Der spricht mit Blick auf den grünen Koalitionspartner von „spannenden Verhandlungen“ – erinnert aber daran, dass sich beim Heizungsgesetz auch noch einiges bewegt habe.