Wesel. 800 Tonnen schwer, 74 Meter lang, zehn Meter hoch – am Donnerstag wurde die neue B 8-Brücke in Wesel eingesetzt. Wann sie befahren werden kann.

Und sie bewegt sich doch. Na ja, ein bisschen verspätet zwar und nur Zentimeter für Zentimeter. Aber sie bewegt sich. Um 9.33 Uhr kommt am Donnerstagmorgen das lang ersehnte „Go“ für den Einbau der neuen Brücke über die Bundesstraße 8 in Wesel. Per Knopfdruck und vom Joystick ferngesteuert bewegen die hydraulischen Modulfahrzeuge, liebevoll Tausendfüßler genannt, die über ihnen trohnende Stahlbrücke Stückchen für Stückchen Richtung Betonfundament. Im Zeitlupentempo, aber 650 Tonnen wollen erst mal bewegt werden. Ein paar Meter weiter beobachtet Projektingenieur Maurice Wolf aus sicherer Entfernung das Spektakel und lächelt zufrieden: „Alles läuft nach Zeitplan.“ Und gibt dann doch zu: „Ein bisschen aufgeregt bin ich schon.“

Schließlich ist das hier in Wesel schon ein großes Projekt der Deutschen Bahn – auch im Rahmen der künftigen Betuwe-Linie. Denn um Platz für ein neues, drittes Gleis auf der Strecke zwischen Emmerich und Oberhausen zu schaffen, muss die Bahn die Brücke der B 8, an der Willy-Brandt-Straße, über die darunterliegenden Gleise komplett neu bauen. Mit den Fahrbahnplatten wird das Bauwerke dann 800 Tonen wiegen, bei einer Höhe von rund zehn Metern und einer Länge von 73,5 Metern.

Auf diese Betonfundamente an beiden Seiten wurde die Brücke aufgesetzt.
Auf diese Betonfundamente an beiden Seiten wurde die Brücke aufgesetzt. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Bauzeit der Weseler B 8-Brücke betrug nur acht Monate

Im Januar haben hier die Arbeiten begonnen, zwischen Mitte und Ende Oktober schon sollen die Autos die Brücke dann befahren können. „Für ein Brückenbauwerk dieser Größe sind acht Monate schon rasant“, betont Maurice Wolf. Der Abriss der alten Brücke erfolgte im Frühjahr, parallel dazu lieferte die Firma Max Bögl aus dem bayerischen Sengenthal die neuen Stahlbögen mit Fachwerkausbildung in Wesel an.

In den vergangenen Monaten wurden die Teile dann vor Ort verschweißt, geschützt von einer riesigen Hülle, die selbst Verpackungskünstler Christo Freude gemacht hätte. „Das Verfahren hier ist nicht einzigartig, aber bislang eher selten angewendet worden“, berichtet Maurice Wolf. Ins Werk von Max Bögl in Hamminkeln wurden zudem die insgesamt 29 Modul-Fahrbahnplatten geliefert – per Zug. Die werden am Wochenende zu Baustelle gefahren und am Montag eingezogen und verspannt. Theoretisch ist die Brücke danach sofort befahrbar.

Ein imposantes Bauwerk: Die neue Brücke in ihrer kompletten Länge von insgesamt 74 Metern.
Ein imposantes Bauwerk: Die neue Brücke in ihrer kompletten Länge von insgesamt 74 Metern. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Schaulustige verfolgen Verschieben der Brücke in Wesel

Es ist kurz nach zehn. Oben auf dem Straßenstück gegenüber dem Restaurant Lippeschlößchen haben sich gut ein Dutzend Schaulustige versammelt, um das Verschieben der Brücke mit dem Handy festzuhalten. Langsam, aber sicher bewegt sich das Schwergewicht mit den Tausendfüßlern darunter auf ihr Ziel zu, die Achsen richten die Brücke dabei immer wieder neu aus, längs und schräg. Millimeterarbeit ist hier für die Mitarbeiter der Transportfirma Felbermayr aus Krefeld das Gesetz, aber auch das alltägliche Geschäft.

Fast tiefenentspannt bedient der Steuermann den Joystick – ist ja hier nicht der erste Brückenschlag. „Für sie ist es, wie den täglichen Einkauf nach Hause zu bringen“, schmunzelt Maurice Wolf. Normalerweise hätte den Brückenbau mit einer anderen Bauweise rund zweieinhalb Jahre gedauert, eine Behelfsbrücke erfordert, dazu deutlich mehr Material und auch Kosten verschlungen.

Projektingenieur Maurice Wolf und Bahn-Sprecherin Laura Reich beobachten die Arbeiten.
Projektingenieur Maurice Wolf und Bahn-Sprecherin Laura Reich beobachten die Arbeiten. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

B 8 in Wesel: Brücke setzt um 14.30 Uhr auf

11.30 Uhr, die Brücke ist schon fast im Brückenbereich angekommen. Bewegt sich Schritt für Schritt auf die Betonfundamente zu, die mit insgesamt 44 Rohrpfählen tief und fest im Boden verankert sind. Bei Maurice Wolf ist die anfängliche Aufregung längst der entspannten Zufriedenheit gewichen. „Es ist schon so etwas wie ein Baby – und wenn ich mal drüberfahre auch ein schönes Gefühl, diese Brücke mitgebaut zu haben. Das erfüllt einen.“ Um 14.30 Uhr ist es dann so weit, unter dem aufmerksamen Blick der Mitarbeiter wird der Stahlkoloss passgenau auf das Betonfundament gesetzt und ist nun in Position. In den nächsten Stunden folgen nur noch letzte Restarbeiten – wie das Abstapeln.

Aber wenn die neue Brücke dann Ende Oktober befahrbar ist, folgen im Umfeld schon die nächsten größeren Projekte für die Deutsche Bahn: Die beiden Brücke über die Lippe unweit des Lippeschlößchens werden abgerissen – und drei neue Brücken gebaut. So werden die Autofahrer, aber vor allem die Bahn-Pendlerinnen und Pendler, auch in den nächsten Jahren mit Einschränkungen in diesem Bereich leben müssen. Aber erst einmal können sie sich auf das neue Schwergewicht Wesels freuen…..

Hier finden Sie eine Fotostrecke mit mehr Bildern von den Bauarbeiten an der B 8 in Wesel.