Hamminkeln. Die Firma Module Houses baut Tiny Houses – also winzige Häuser ab 15 Quadratmeter Wohnfläche. So sieht die Erfolgsstrategie der Firmengründer aus.

Am Montagmorgen um 10 Uhr war es wieder so weit. Köpfe zusammenstecken. Ideen sammeln. In die Zukunft blicken. Dabei ist das, was hier am Kesseldorfer Rott in Hamminkeln entwickelt und ausgetüftelt wird, schon längst die Zukunft. Komfortables Wohnen auf kleinstem Raum, wenn nur wenig Grundstücksfläche zur Verfügung steht. So barrierefrei wohnen, wie es derzeit möglich ist. Und mit so nachhaltigen Stoffen, dass man auch bei den nächsten Generationen ein ruhiges Gewissen haben kann. Dazu noch in modernstem Design. Bezahlbarer Wohnraum wird knapper, die Ressourcen kleiner.

Ananth Selvarajah und Mürsel Celiktürk haben die Zeichen der Zeit auf dem Wohnungsmarkt erkannt – und bieten so genannte Tiny Houses an – also winzige Häuser ab 15 Quadratmetern Wohnfläche. Vor gut einem Jahr gründeten die beiden Freunde ihre Firma Module Houses. „Die Preise für Eigenheime explodieren“, sagt Ananth Selvarajah. „Und es gibt viele Menschen, die wenig Geld verdienen. Da bieten wir Alternativen.“ Zudem handelte der 41-jährige Reeser auch aus einer ganz persönlichen Motivation heraus – nämlich ein eigenes Haus zu finden, nachdem ein anderer für sein angemietetes den Zuschlag bekommen hatte, obwohl schon ein Notarvertrag unterzeichnet war.

Firma Module Houses aus Hamminkeln: Erfahrungen sammeln im Ausland

So startete der Betriebswirt zusammen mit Mürsel Celiktürk, der in Wesel lange in einem Logistikunternehmen arbeitete, eine kleine Weltreise, schaute sich Häuser in Australien, Skandinavien und auch Osteuropa an. „Wir hatten eine Basis-Idee im Kopf“, so Ananth Selvarajah, man habe sich aber über Baustandards, Isolierung und Klimaverhältnisse in anderen Ländern informieren wollen. „Wir haben einiges erfahren, wollten es aber anders angehen – und haben auch ein wenig aus Eigeninteresse ein Geschäftsmodell draus gemacht.“

Mit einem Generalunternehmen hat das Team ein Produkt entwickelt – eine modulare Bauweise mit einem Dach aus vollverzinktem Stahlblech, mit einer Luft-Luft-Wärmepumpe, mit frei wählbaren Fassadensystemen, Fußbodenheizung und innovativen Belüftungssystemen. Die energieeffizienten Tiny Houses mit einer Wohnfläche von bis zu 70 Quadratmetern und in der Höhe vierfach stapelbar können zudem auf den Tieflader gesetzt und dann auch räumlich versetzt werden – heute noch irgendwo am Niederrhein und morgen schon an der Nordsee stehen.

Ein Blick ins Innere des Tiny Houses 35. Über die Stufen rechts geht es ins Zwischengeschoss.
Ein Blick ins Innere des Tiny Houses 35. Über die Stufen rechts geht es ins Zwischengeschoss. © Module Houses

Trotz begrenztem Raum findet der Bewohner alles, was er zum Leben braucht: eine moderne Küche, ein gemütliches Schlafzimmer, einen Wohnraum mit großer Fensterfläche, einen Esstisch, ein Badezimmer und intelligenten Stauflächen – auf Wunsch auch mit einer Terrasse, barrierefrei, mit einer Photovoltaikanlage und Smart Home. Beim Tiny House 35 – dem beliebtesten von insgesamt sieben Modellen – gibt es auch eine Mezzanine, also ein Zwischengeschoss mit clever genutzten Stufen. Der Käufer kann wählen zwischen den Ausbaustufen Minimalist (Rohbau), Smart (mit Innenausbau), Clever (Schlüsselfertig mit Sanitärausstattung und Boden- und Wandbelägen in Bad und WC) und Deluxe (Komplettausstattung mit Möbeln). Die Preise starten bei 40.000 und reichen bis rund 130.000 Euro.

Firma will Produktion nach Hamminkeln verlagern

„Unsere Häuser haben eine hohe Qualität, sind besser als Massivhäuser“, betont Ananth Selvarajah. Die Konkurrenz auf dem Markt ist zwar nicht klein, bundesweit gibt es zahlreiche Anbieter, „doch der Markt gibt es her“, wie der 41-Jährige glaubt. Und nur ganz wenige Firmen bieten eine modulare Bauweise an. Knapp 50 Tiny Houses sind in Planung oder bereits gebaut, wie in Leipzig.

Das Model Midi 70 gehört zu den größten Tiny Houses.
Das Model Midi 70 gehört zu den größten Tiny Houses. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

In Hamminkeln gehören fünf Mitarbeiter zum Team von Modul Houses, hinzu kommen rund 30 Personen bundesweit, wozu Vertriebler, Architekten und Statiker zählen. Produziert wird in Polen – doch Ananth Selvarajah und Mürsel Celiktürk träumen schon von der kompletten Produktion und Verwaltung nur einen Steinwurf weit entfernt vom jetzigen Firmensitz im früheren Bonita-Gebäude: Ein Grundstück hat das Duo längst ins Auge gefasst, dort würden auf 10.000 Quadratmetern alle Mitarbeiter samt der Produktion Platz finden. „Alles hier zu fertigen, wäre schon ein Riesenvorteil“, weiß Müsel Celiktürk, „da könnten wir viel schneller produzieren.“

Eine gehörige Portion Mut haben die beiden Firmengründer schon bewiesen. „Aber wir haben auch viel Leidenschaft und Herzblut in das Projekt gesteckt“, verrät Selvarajah, sieht den momentanen Erfolg aber auch als Leistung des gesamten Teams. „Wir wussten schon, wohin die Reise gehen soll.“ Auf der anderen Seite sei man aber auch positiv überrascht gewesen von der Flut von Anfragen – und dem riesigen Interesse beim Tag der offenen Tür Anfang des Monats. Interessenten für die Tiny Houses vom Niederrhein gibt es derzeit beispielsweise auch in Österreich und Dänemark. „Wir können mit unseren Häusern überall hin, auch ins heiße Griechenland“, betont Ananth Selvarajah. Und schon am nächsten Montag gibt’s reichlich Verbesserungsvorschläge. Vielleicht könnte man ja in naher Zukunft über eine ausfahrbare Terrasse nachdenken. Nur so ne Idee. Fürs schöner Wohnen auf kleinem Raum.