Wesel. Die Stadt Wesel fördert die Anschaffung sogenannter Balkonkraftwerke. Ein Weseler zeigt, ob er damit Geld spart und ab wann sich das rechnet.

Immer wenn die Sonne scheint, spart Kai Janssen Geld. Denn der 52-Jährige gehört seit Juni zu den ersten Weselern, die eine sogenannte Stecker-PV-Anlage (auch bekannt als Balkonkraftwerk) betreiben. Die Anschaffung solcher Anlagen wird derzeit durch die Stadt gefördert, sie kosten deutlich weniger als eine klassische Solaranlage und sind einfacher zu installieren, dafür erzeugen sie auch weniger Strom. Doch lohnen sie sich dann überhaupt noch?

Die Anschaffungskosten eines Balkonkraftwerks sind überschaubar

Es ist ein etwas komplexes Rechenexempel: Janssens Anlage hat 800 Euro gekostet. Dazu gehören zwei 300-Watt-Solarpaneele, ein Wechselrichter, der den Gleichstrom der Module in den benötigten Wechselstrom umwandelt, sowie ein spezieller Stecker, durch den der Strom in das Hausnetz gelangt. Nun lebt der 52-Jährige in einem Reihenmittelhaus ohne Balkon, die Solarplatten liegen bei ihm deshalb auf dem Dach. Das macht die Montage etwas teurer, das Zubehör dafür konnte Janssen aber mit der Förderung der Stadt in Höhe von 200 Euro bezahlen. Eingebaut hat der gelernte Kfz-Mechaniker alles selbst – das sei für handwerklich talentierte Menschen auch zu schaffen, meint er. Es bleibt somit bei 800 Euro Anschaffungskosten.

Ein paar Stecker und Dosen sind alles, was man von Kai Janssens Stecker-PV-Anlage im Haus sehen kann. Die Ecke will er noch verputzen, dann fällt es noch weniger auf.
Ein paar Stecker und Dosen sind alles, was man von Kai Janssens Stecker-PV-Anlage im Haus sehen kann. Die Ecke will er noch verputzen, dann fällt es noch weniger auf. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Dem gegenüber stehen bislang 386 Kilowattstunden, die diese Mini-Solaranlage zwischen Mitte Juni und Mitte Oktober – also innerhalb von vier Monaten – produziert hat. In seinem normalen Stromtarif zahlt der 52-Jährige 30 Cent pro Kilowattstunde, theoretisch hätte er somit in den besagten vier Monaten 115,80 Euro gespart. „Wenn man das hochrechnet, wäre das Ding in drei Jahren bezahlt“, führt Janssen aus. Doch so einfach ist es nicht: Denn wie viel von diesem Strom er selbst verbraucht hat und wie viel – von ihm ungenutzt – ins Stromnetz eingespeist wurden, weiß er nicht. Einen entsprechenden Zähler hat er längst bei Westnetz bestellt, dieser konnte bislang aber nicht geliefert werden. Die Einspeisung wird ohnehin nicht vergütet.

Balkonkraftwerk: Ersparnis nur bei direktem Verbrauch

Dass er aber keinesfalls alles selbst verbraucht hat, ist Kai Janssen klar. Denn immer wenn keiner Zuhause ist, wird der produzierte Strom auch nicht genutzt – außer vielleicht vom Kühlschrank, dem einzigen Gerät in Dauerbetrieb. Daher hat er mittlerweile seine Gewohnheiten verändert – lässt beispielsweise die Waschmaschine jetzt immer zur Mittagszeit laufen. Bei Janssen und seiner Frau geht das dank Schichtarbeit, wären sie aber während der üblichen Sonnenstunden auf der Arbeit, sähe das schon anders aus. Einen Batteriespeicher hat Kai Janssen nicht: „Das wäre nicht wirtschaftlich“, hält er fest.

Und selbst das Hochrechnen – vier Monate auf ein Jahr – ist problematisch. Denn der fragliche Zeitraum (Juni bis Oktober) deckt genau die sonnigen Sommermonate ab. Zwischen Oktober und März, also den nächsten vier Monaten, wird die Anlage kaum so viel produzieren, ist der 52-Jährige sicher. Realistisch wäre eine Erwartung um 500 Kilowattstunden im Jahr – das wäre etwa ein Fünftel des durchschnittlichen Jahresverbrauchs eines Zwei-Personen-Haushalts.

Ein bisschen Strom aber erzeugt sie selbst an diesem bewölkten Oktobertag, an dem die NRZ zu Gast bei Kai Janssen und seiner PV-Anlage ist: 60 Watt zeigt ein eigens montierter Zähler trotz dichter Wolkendecke an. Kurze Zeit später – als diese aufreißt – steigt er sogar auf 450 Watt. Insgesamt schaffen würde die Anlage maximal 600 Watt. Im Sommer war das der Fall, an guten Tagen sogar über mehrere Stunden.

Dennoch wird es wohl einige Jahre dauern, bis sich die Anlage selbst bezahlt hat. Bei einem Strompreis von 30 Cent pro Kilowattstunde, bräuchte es dafür 2666 solarproduzierte und vor allem selbst genutzte Kilowattstunden – erst danach würde man tatsächlich Geld sparen. Allerdings: Je mehr der Strompreis steigt, umso schneller geht es auch. Und die Solaranlage soll 20 bis 25 Jahre halten. Für Kai Janssen ist der Aspekt des Geldsparens aber ohnehin zweitrangig, ihm geht es darum, Teil der Energiewende zu sein. Dass dadurch – langfristig gesehen – die Stromrechnung sinkt: „Das ist natürlich ein süßer Beigeschmack.“

So werden die Balkonkraftwerke in Wesel gefördert

Die Stadt Wesel fördert die Kosten einer Stecker-PV-Anlage bis 600 Watt mit bis zu 50 Prozent der Kosten, maximal jedoch 200 Euro. Beantragt werden kann der Zuschuss online oder schriftlich mit Formular. Maximal 100 Anlagen im Jahr werden gefördert. In 2022 sind bisher 44 Anträge eingegangen, 35 wurden bislang bewilligt.

Unabhängig ob mit Förderung oder ohne – eine Stecker-PV-Anlage muss ins Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur sowie beim Netzbetreiber (hier Westnetz) angemeldet werden.